Darkover 12 - Der verbotene Turm
zerfetzten, geschwärzten Haut gelöst hatten. »Auch kann er immer noch eine oder zwei Zehen verlieren; in ihnen waren die Nerven tot, und ich konnte nicht viel machen. Aber er wird sich erholen, und er wird seine Füße und seine Hände gebrauchen können. Und er war der ernsteste Fall.« Die Schwere des Entschlusses hatte seinen Mund schmal und streng gemacht, und er schämte sich, als er sich bewusst wurde, dass er tief in seinem Inneren beinahe auf einen Fehlschlag gehofft hatte. Diese Art der Verantwortung war einfach zu viel. Aber die Fähigkeit hatte er, und da lagen andere Männer, die sich in der gleichen Gefahr befanden. Und jetzt, wo er wusste, dass er sie retten konnte... Mit bewusster Barschheit sagte er zu Dezi und Andrew: »Worauf warten wir noch? Nehmen wir uns die anderen vor!«
Wieder spannten sich die Fäden des Rapports, Andrew hatte jetzt erfasst, worauf es ankam: Sobald Damon Zeichen von Schwäche verriet, musste er seine eigene Kraft auf ihn überfließen lassen. Sie arbeiteten als Team. Damon versenkte sein Bewusstsein in die Füße und Beine des zweiten Mannes, und mit einem kleinen Teil seines Ichs, das daran unbeteiligt blieb, nahm Andrew die sie einschließende Mauer wahr, die sie vor Zufallsgedanken von außen abschirmte. Mit Damon stieg er langsam von Zelle zu Zelle hinab, durch die Schichten aus Fleisch und Haut und Nerven und Knochen, behutsam stimulierend, ablösend, wieder erweckend. Das war wirksamer als das Messer eines Chirurgen, dachte Andrew, aber welcher Preis wurde dafür bezahlt! Noch zweimal mussten sie in rohes, schwarzes, erfrorenes Fleisch eintauchen, bis Damon endlich die Verbindung löste, sie voneinander trennte. Andrew empfand es so, als seien sie aus einer schützenden Ummauerung, aus einem eingefriedeten Ort nach draußen gerutscht. Vier Männer lagen schlafend da, Beine und Füße roh, wund und verletzt – aber heilend. Es bestand keine Gefahr der Blutvergiftung oder Infektion mehr. Es waren saubere Wunden, die sich so schnell wie möglich schließen würden.
Sie baten Ferrika, in der Nähe der schlafenden Männer zu bleiben, und gingen in die untere Halle zurück. Damon taumelte, und Andrew fasste und stützte ihn mit seinen Armen. Jetzt wiederholte er in der körperlichen Welt, was er während des langen Rapports so oft in Gedanken getan hatte. Nicht zum ersten Mal hatte er das Gefühl, der so viel ältere Damon sei irgendwie jünger als er und müsse beschützt werden.
Damon saß auf der Bank. Er lehnte sich gegen Andrew, ganz eingehüllt in die Erschöpfung, die die Matrix-Arbeit mit sich brachte. Auf dem Tisch lagen noch Brot und Obst vom Abendessen. Damon nahm davon und kaute mit Heißhunger. Sein ausgelaugter Körper verlangte gebieterisch nach neuer Energie. Auch Dezi hatte eifrig zu essen begonnen.
Damon sagte: »Du solltest auch etwas zu dir nehmen, Andrew. Die Matrix-Arbeit verschlingt so viel Kraft. Du könntest zusammenbrechen.« Schon fast vergessen hatte er das Gefühl völligen Entleert-seins, als sei das Leben selbst aus ihm geflossen. In Arilinn hatte er technische Erklärungen über die Energieströme im Körper gegeben, über die Kanäle, die sowohl physische als auch psychische Kraft weiterleiteten. Aber er war zu müde, um sich daran zu erinnern.
Andrew erklärte: »Ich habe keinen Hunger«, und Damon erwiderte mit dem Schatten eines Lächelns: »Doch. Du weißt es nur noch nicht.« Er streckte die Hand aus und hielt Dezi zurück, der sich ein Glas Wein eingießen wollte. »Nein, das ist gefährlich. Trink Wasser oder hole dir Milch oder Suppe aus der Küche, aber nimm nach einer Anstrengung wie dieser keinen Alkohol zu dir. Ein halbes Glas wird dich betrunken machen wie einen Mönch beim Mittwinterfest!«
Dezi zuckte die Schultern und verzog sich in die Küche. Er kehrte mit einem Krug Milch zurück, aus dem er allen eingoss. Damon sagte: »Dezi, du bist in Arilinn gewesen und brauchst deshalb keine Erklärungen. Aber Andrew will ich sagen, dass man etwa einen Tag lang doppelt so viel wie sonst essen muss, und wenn bei euch Schwindel, Übelkeit oder etwas dergleichen auftritt, kommt und sagt es mir. Dezi, ist Kirian im Haus?«
Dezi antwortete: »Ferrika stellt keinen her, und da Domenic und ich beide die Schwellenkrankheit hinter uns haben und Valdir in Nevarsin ist, glaube ich nicht, dass ihn irgendwer hier braucht.«
Andrew fragte: »Was ist Kirian?«
»Eine psychoaktive Droge, die in den Türmen und in Telepathen-Familien
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