Darkover 16 - Die Winde von Darkover
Begabung? Durch die Verbindung mit Storn? Nun sprach der weißhaarige Schmied. Sein langer Sprechgesang klang wild und melodisch, und dabei machte er viele Verbeugungen. Wieder und wieder fing Barron den Namen Sharra auf. Desideria ergriff das Wort. Der Name Sharra wurde noch öfters erwähnt, begleitet von Ausrufen und Nicken der um sie versammelten kleinen Leute. Schließlich brachen sie alle in Geschrei aus und schwangen Messer, Hämmer und Schwerter durch die Luft. Barron erinnerte sich an die Trockenstädter und zuckte zusammen, aber Melitta stand fest und furchtlos, und ihm ging auf, daß es eine Akklamation, keine Drohung war.
Dünner Regen tröpfelte nieder, und die kleinen Leute drängten sich um sie und führten sie tiefer hinein in den Berg.
Die luftige und geräumige Höhle war teilweise von Fackeln erhellt, die in Nischen an den Wänden brannten, und teilweise von wundervoll leuchtenden Kristallen, die man angebracht hatte, um den Feuerschein zu verstärken. Exquisit gearbeitete Metallgegenstände waren überall, aber Barron hatte keine Muße, sie genau zu betrachten. Beim Gang durch die ausgehauenen, beleuchteten Tunnel holte er zu Melitta auf und fragte mit leiser Stimme: »Um was ging all das Geschrei?«
»Der Alte des Schmiedevolkes hat sich bereiterklärt, uns zu helfen«, antwortete Melitta. »Dafür habe ich ihm versprochen, daß die Altäre Sharras überall in den Bergen wiederhergestellt werden und das Schmiedevolk unbelästigt in seine alten Dörfer zurückkehren kann. Bist du müde vom Reiten? Ich schon, aber irgendwie… « Sie spreizte die Finger. »Es hat so lange gedauert, und jetzt nähern wir uns dem Ende - zwei Stunden vor dem Morgengrauen werden wir nach Storn aufbrechen, so daß wir, wenn Brynat erwacht, die Burg eingekreist haben - hoffentlich kommen wir noch rechtzeitig!« Sie zitterte und machte eine Bewegung, als wolle sie sich auf ihn stützen. Dann straffte sie stolz den Rücken und vergrößerte den Abstand zwischen ihm und ihr. Wie zu sich selbst sagte sie: »Ich darf von dir nicht erwarten, daß du daran Anteil nimmst. Was können wir für dich tun, wenn dies vorüber ist, um unsere Einmischung in dein Leben wiedergutzumachen?«.
Barron wollte erwidern: »Ich nehme Anteil daran. Ich nehme Anteil an dir, Melitta.« Aber sie hatte sich bereits von ihm abgewandt und eilte Desideria nach.
An diesem Abend wurde in der großen unteren Halle ein Bankett abgehalten mit Edelsteinlicht und mit Musik, die kleine Baumfrösche und Singgrillen in Käfigen lieferten. Barron aß wenig. Staunend saß er vor dem silbernen Geschirr - Silber war in den Bergen häufiger als Glas - und den juwelenbesetzen Prismenlampen, deren Schein die rußbefleckten Wände der Höhle überspielte. Das Schmiedevolk sang mit tiefen Stimmen wilde Lieder aus vier Tönen in einem merkwürdigen Rhythmus, der wie Hämmern klang. Aber Barron konnte die Speisen nicht essen und verstand kein Wort der endlosen Epen, und so war er erleichtert, als die Gesellschaft sich früh auflöste. Soviel bekam er mit, daß man sich trennte, weil man vor Morgengrauen aufbrechen wollte. Einer der Führer brachte sie zu Zellen, die in den Stein gehauen waren.
Barron war allein. Er hatte gesehen, daß Melitta und Desideria zu einer anderen Zelle in der Nähe geführt wurden. In diesem kleinen Felsenraum, kaum größer als ein Schrank, fand er ein bequemes Bett: ein silberner Rahmen mit einem Ledergeflecht, bedeckt mit Pelzen. Er legte sich hin und glaubte, aus schierer Erschöpfung gleich einzuschlafen. Aber der Schlaf wollte nicht kommen.
Barron fühlte sich desorientiert und einsam. Vielleicht hatte er sich an Storns Gegenwart und seine Gedanken gewöhnt gehabt. Auch Melitta hatte sich von ihm zurückgezogen, und er konnte sie nicht einmal in Gedanken erreichen. In ihm hatte eine Veränderung stattgefunden, überlegte er. Immer war er allein gewesen und hatte es gar nicht anders gewollt. Die wenigen Frauen in seinem Leben hatten keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie kamen, wurden für die kurze emotionale Erleichterung, die sie zu bieten vermochten, benutzt und waren vergessen. Er besaß keine engen Freunde, nur Kollegen. Er hatte auf dieser Welt gelebt, ohne zu ahnen, wie sehr sie sich von Terra oder einem anderen Imperiumsplaneten unterschied, und es hatte ihn auch nicht interessiert.
Bald würde es vorbei sein, und er wußte nicht, wohin er gehen sollte. Plötzlich wünschte er, sich Larrys
Weitere Kostenlose Bücher