Darkover 16 - Die Winde von Darkover
Pelz umgaben ein einziges niedriges Ruhebett, auf dem ein Mann bewegungslos lag.
Die stille Gestalt schien in der Dunkelheit leicht zu glühen. Er war ein schlanker, zarter Mann. Helles Haar strömte um eine hohe Stirn und tief eingesunkene Augen. Obwohl er noch jung war, hatte er ein ernstes, strenges Gesicht. Er trug eine Jacke und eine einfache Hose aus gewebter Seide, keinen Pelz und keinen Schmuck, nur einen einzigen sternförmigen Stein, der ihm wie ein Amulett um den Hals hing. Seine Hände wirkten weiß, weich und nutzlos - die Hände eines Schreibers oder Priesters, Hände, die nie ein Schwert gehalten hatten. Die Füße waren bloß und weich; kein Atem hob die Brust. Brynat blickte auf den schwächlichen Mann nieder und empfand die alte frustrierte Wut. Storn von Storn lag hilflos da - und trotzdem außerhalb von Brynats Reichweite.
Brynats Gedanken stoben zurück zu der Stunde, als die Burg gefallen war. Die Diener und Soldaten hatte man ergriffen und überwältigt. Vertrauenswürdige Männer waren ausgeschickt worden, die Damen zu binden, ohne sie zu verletzen. Den jüngeren Storn, nicht mehr als ein Junge und aus vielen Wunden blutend, hatte Brynat mit widerwilliger Bewunderung verschont - ein Junge, um diese Burg allein zu verteidigen? Er wurde ins Verlies gesperrt, aber Brynats eigener Feldscher hatte seine Wunden versorgt. Storn von Storn war Brynats eigentliche Beute.
Seine Männer wußten es nicht: Sie hatten nur die Schätze eines reichen Hauses gesehen, die Vorteile, eine Festung zu besitzen, wo sie sicher sein würden. Aber Brynat jagte ein edleres Wild: die Talismane und Kräfte der alten Storns. Mit Storn von Storn in seinen Händen, einem Storn reinen Blutes, konnte er sie benutzen - und Storn, so hatte er gehört, war ein schwacher, kränklicher, unkriegerischer Mann - blind geboren. Deshalb hatte er in Zurückgezogenheit gelebt und die Verwaltung seines Besitzes den jüngeren Geschwistern überlassen. Die beiden Mädchen und den Jungen hatte Brynat; jetzt galt es dem schwachen Lord!
Er war durch unheimliche Lichter und magische Feuervorhänge in die Privaträume des Lords von Storn vorgedrungen - und fand ihn entflohen, nicht aus seiner Trance zu wecken.
Und so hatte Storn tagelang gelegen. Jetzt beugte sich Brynat krank vor Wut über das Ruhebett. Keine Muskelbewegung, kein Atemzug verriet, daß der Mann lebte.
»Storn!« brüllte er. Seine Stimme hätte sogar Tote wecken müssen.
Kein Haar regte sich. Brynat hätte ebensogut in den Wind um die Brustwehr schreien können. Er knirschte mit den Zähnen und zog den Dolch aus seinem Gürtel. Wenn er den Mann nicht benutzen konnte, besaß er doch wenigstens die Macht, ihn vom verzauberten Schlaf in den Tod zu schicken. Er hob das Messer und stieß es nach unten.
Das Messer drehte sich in der Luft, es wand sich, glühte blau und ging vom Heft bis zur Spitze in weißlodernden Flammen auf. Brynat heulte auf vor Qual, tanzte umher und schüttelte die verbrannte Hand, an der das glühende Messer mit teuflischer Kraft festklebte. Die beiden Söldner stolperten zitternd, die Haare zu Berge stehend, durch den elektrischen Vorhang.
»Ihr… Ihr habt uns gerufen, vai dom? «
Wild schleuderte Brynat das Messer auf sie. Es löste sich und flog. Einer der beiden wollte es auffangen, schrie und schüttelte es ab. Immer noch zischend und brutzelnd, blieb es auf dem Fußboden liegen. Mit leiser Stimme einen wilden Strom von Flüchen ausstoßend, verließ Brynat die Kammer. Die Söldner folgten ihm, die Augen aufgerissen vor Entsetzen, die Gesichter wie Tiermasken.
In marmornem Frieden, weit außerhalb ihrer Gewalt in unerforschlichen Reichen, schlief Storn weiter.
Tief unter ihm hatte Melitta Storn ihr verletztes Gesicht gebadet. Vor ihrem Toilettentisch sitzend, verbarg sie die schlimmsten Male mit Kosmetika. Sie kämmte und flocht ihr Haar, nahm ein sauberes Kleid aus dem Schrank und legte es an. Einen plötzlichen Anfall von Übelkeit niederringend, trank sie reichlich von dem Wein auf dem Tablett. Sie zögerte einen Augenblick, nahm dann den gebratenen Vogel vom Fußboden auf, wischte ihn ab, zerriß ihn geschickt mit den Händen und aß das meiste davon auf. Sie wünschte Brynats Gastfreundschaft nicht, aber halb ohnmächtig vor Hunger war sie sich selbst und ihren Leuten nicht von Nutzen. Nachdem sie Wein und Fleisch zu sich genommen hatte, kehrte nun wenigstens ein Teil ihrer körperlichen
Weitere Kostenlose Bücher