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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Kraft zurück. Ihr Spiegel sagte ihr, daß sie abgesehen von der geschwollenen Lippe und dem blauen Auge beinahe wie früher aussah.
   Und doch konnte nichts mehr wie früher werden.
   Erschauernd dachte sie daran, wie die Mauern mit einem Getöse, als nahe das Ende der Welt, zusammengebrochen waren. Männer drängten sich durch die Lücke. Ihr jüngster Bruder Edric, der blutende Wunden im Gesicht und am Bein hatte, war weiß wie ein Gespenst, nachdem man ihn von der letzten Verteidigung gerissen hatte. Ihre Schwester Allira floh vor Brynat, wie eine Wahnsinnige kreischend. Das Kreischen stieg auf zu einem Schmerzensschrei - und dann nichts mehr. Melitta war ihnen nachgelaufen, mit bloßen Händen hatte sie gekämpft und geschrien, geschrien, bis drei Männer sie ergriffen und sie, die wie eine gefesselte Henne zappelte, zu ihrem eigenen Zimmer trugen. Sie stießen sie grob hinein und verrammelten die Tür.
   Melitta verbannte die sich aufdrängenden Gedanken. Sie hatte einige Freiheit, nun mußte sie sie benützen. Sie griff nach einem warmen Umhang und verließ das Zimmer. Die Söldner an der Tür standen auf und folgten ihr in einem achtungsvollen, vorsichtigen Abstand von zehn Schritten.
   Böser Ahnungen voll, ging sie durch die verlassenen Flure wie ein Geist in einem Spukhaus, unablässig verfolgt von den Schritten der fremden Kerle. Überall waren die Zeichen der Belagerung, der Zerstörung und Plünderung. Wandbehänge waren abgerissen, Möbel zerhackt und beschmutzt. Die große Halle trug Spuren von Feuer und Rauch. Melitta hörte Stimmen und schlich sich vorbei. Dort zechten Brynats Männer, und wenn er auch Befehl gegeben hatte, sie in Frieden zu lassen, würden Betrunkene sich daran halten?
   Und wo ist Allira?
   Brynat hatte den boshaften Witz gemacht - war es ein Witz gewesen? -, Allira als seine Gemahlin zu bezeichnen. Melitta war in den Bergen aufgewachsen; auch in dieser friedlichen Zeit hatte sie Geschichten von derartigen Raubüberfällen gehört: Burg geplündert, Männer getötet, Dame mit Gewalt zur Heirat gezwungen - falls eine Vergewaltigung eine Heirat genannt werden konnte, weil irgendein Priester anwesend war -, Bekanntmachung, der Räuber habe in die Familie eingeheiratet, und alles war friedlich - auf der Oberfläche. Es war ein schönes Thema für Sagas und Geschichten, aber Melitta erstarrte das Blut in den Adern bei dem Gedanken daran, daß ihre zarte Schwester sich in den Händen dieses Mannes befand.
   Wohin hatte Brynat sie gebracht? Zweifellos in die königliche Suite, die ihre Vorfahren für die Hastur-Lords eingerichtet hatten, sollten diese Burg Storn jemals mit ihrem Besuch beehren. Diese Mischung aus Blasphemie und Eroberung würde Brynat zusagen. Mit rasendem Herzen rannte Melitta die Treppe hinauf. Sie wußte plötzlich, was sie dort finden würde.
   Die königliche Suite war kaum vierhundert Jahre alt; der Teppichboden fühlte sich unter den Füßen neu an. Die Insignien der Hasturs waren über der Tür in Saphiren und Smaragden eingelegt, aber Hammer und Meißel hatten die Edelsteine aus der Wand gerissen und nur das beschädigte Mauerwerk zurückgelassen.
   Melitta stürmte in den Raum wie ein Wirbelwind. Innere Überzeugung - das alte, selten benutzte, nur halb erinnerte Wissen in ihr, die Spur telepathischer Begabung, die sie von einem beinahe vergessenen Vorfahren geerbt hatte - zwang sie, hier nach ihrer Schwester zu suchen. Sie eilte durch die Räume. Die Verwüstungen sah sie kaum.
   Im letzten Zimmer fand sie Allira. Das Mädchen kauerte auf einem Fenstersitz, den Kopf in den Armen, so verschüchtert und zitternd, daß sie nicht einmal den Blick hob, als Melitta hereinstürzte, sondern sich nur in ein noch kleineres Bündel aus zerrissenen Seidenstoffen zusammendrückte. Melitta legte ihr die Hand auf den Arm, und Allira fuhr mit einem schwachen Entsetzensschrei hoch.
   »Hör auf damit, Allira. Ich bin es bloß.«
   Allira Storns Gesicht war so verzerrt vom Weinen, daß es fast unkenntlich war. Sie warf sich ihrer Schwester in die Arme, umklammerte sie und brach in einen Sturm von Schluchzen und Schreien aus.
   Melitta drehte sich das Herz um vor Mitleid, doch sie faßte Allira fest mit beiden Händen, schob sie von sich und schüttelte sie heftig, bis ihr Kopf auf und nieder flog. »Lira, in Aldones Namen, hör mit dem Gejammer auf! Das wird dir nicht helfen - und auch Edric und Storn und unsern Leuten nicht! Solange ich

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