Darkover 18 - Hasturs Erbe
unermeßlichen Größen des Raumes, flog das Schiff auf Welten zu, deren Wunder er, der hier unten angekettet war, nur erahnen konnte. Er spürte einen Kloß in der Kehle und wünschte sich, er wäre so jung, daß er weinen könnte, doch der Erbe der Hastur konnte nicht in aller Öffentlichkeit eine so unmännliche Reaktion zeigen. Er fragte sich, warum dieser Anblick ihn so aufregte, und wußte auch die Antwort: Das Schiff war auf dem Weg zu Orten, an die er nie gelangen würde.
Die Reiter vom Paß kamen nun näher. Regis erkannte einige von ihnen. Neben dem Bannerträger ritt Kennard, Lord Alton, ein gebeugter, untersetzter Mann mit rotem Haar, das allmählich ergraute. Neben Danvan Hastur, dem Regenten der Comyn, war Kennard wahrscheinlich der mächtigste Mann in den Domänen. Regis kannte Kennard schon seit seiner Geburt. Als Kind hatte er ihn Onkel genannt. Hinter ihm sah er, nach einer Gruppe von Stammesangehörigen, Dienern, Leibwächtern und armen Verwandten, das Banner der Domäne Ardais, also mußte auch Lord Dyan bei ihnen sein.
Einer von Regis Leibwächtern sagte leise: »Ich sehe, der alte Bussard hat seine beiden Bastarde dabei. Wie kann er das wagen?«
»Der alte Kennard kann alles, und Hastur wird es dulden«, gab der andere so leise zurück, als unterhalte man sich auf einem Gefängnishof. »Übrigens ist der junge Lew kein Bastard. Kennard hat ihn legitimiert, damit er im Arilinn-Turm arbeiten kann. Der jüngere… « Der Wächter merkte, wie Regis in seine Richtung blickte und nahm sich zusammen. Seine Miene wurde glatt, als habe man mit einem Schwamm darüber gewischt.
Verdammt, dachte Regis irritiert, ich kann eure Gedanken nicht lesen, Mann, ich habe einfach normal gute Ohren. Jedenfalls hatte er eine ungehörige Bemerkung über einen Lord der Comyn gehört, und dem Wächter war dies peinlich. Es gab ein altes Sprichwort: Aus ihrem Loch heraus kann sich die Maus die Katze ruhig ansehen, doch klugerweise quietscht sie nicht dabei.
Regis kannte natürlich die alte Geschichte. Kennard hatte eine schockierende, ja eine schamlose Tat begangen: Er hatte eine halb-terranische Frau in offizieller Ehe zu sich genommen, die außerdem noch mit der Renegatendomäne der Aldarans verwandt war. Der Rat der Comyn hatte die Ehe niemals anerkannt, und auch nicht die daraus hervorgegangenen Söhne. Nicht einmal um Kennards willen.
Kennard ritt auf Regis zu. »Seid gegrüßt, Lord Regis. Reitet Ihr zum Rat?« Er benutzte die förmliche Anrede, obwohl es ihm als dem älteren Verwandten auch erlaubt war, Regis zu duzen.
Regis geriet beinahe außer sich über die Überflüssigkeit dieser Frage. Wohin sonst sollte er wohl auf dieser Straße zu dieser Jahreszeit reiten? Dann merkte er, daß man ihn mit dieser formellen Frage als einen Erwachsenen anerkannte. Mit entsprechender Höflichkeit antwortete er: »Jawohl, Oheim, mein Großvater wünscht, daß ich in diesem Jahr am Rat teilnehme.«
»Seid Ihr das ganze Jahr über im Kloster von Nevarsin gewesen, Neffe?«
Kennard wußte sehr wohl, wo er gewesen war, dachte Regis; als seinem Großvater nichts anderes eingefallen war, ihn loszuwerden, hatte er ihn nach Sankt-Valentin-im-Schnee verfrachtet. Doch es wäre ein fürchterlicher Bruch der Etikette gewesen, hätte er dies erwähnt, so sagte er lediglich: »Ja, er hat meine Erziehung den Cristoforos anvertraut. Ich bin seit drei Jahren dort.«
»Das ist aber eine verdammte Art und Weise, einen Erben der Hasturs zu behandeln«, sagte eine rauhe, melodiöse Stimme. Regis blickte auf und erkannte Lord Dyan Ardais, einen blassen, großen, hakennasigen Mann, den er auf kurzen Besuchen im Kloster gesehen hatte. Regis verbeugte sich und grüßte ihn: »Lord Dyan!«
Dyans Augen, scharf und fast farblos - es hieß, die Ardais hätten Chieri -Blut -, ruhten auf Regis. »Ich habe Hastur gesagt, er sei ein Riesendummkopf, einen Jungen zur Erziehung an einen solchen Ort zu schicken. Aber ich habe mitbekommen, daß er viel mit Staatsgeschäften belastet ist, zum Beispiel mit all den Problemen, die die Terraner in unsere Welt gebracht haben. Ich habe ihm angeboten, Euch nach Ardais zu bringen. Meine Schwester Elorie hat keine Kinder und hätte gern einen Verwandten aufgenommen und erzogen. Aber Euer Großvater, denke ich, hielt mich für keinen guten Paten für einen Jungen Eures Alters.« Er lächelte leicht sarkastisch. »Nun, Ihr scheint die drei Jahre in den Händen der
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