Darkover 18 - Hasturs Erbe
Lord Dyan eine Ehre ist, auf die ich gerne verzichten würde. Er ist viel strenger als der Waffenmeister, und er schlägt auch fester zu! Sieh dir meine Rippen an, dann siehst du, daß ich von den Schultern bis zu den Knien blau und grün bin. Was hast du denn gedacht?«
Danilo wandte sich ab und gab keine direkte Antwort. Er sagte lediglich: »Wir werden zu spät kommen. Laufen wir!«
Regis verbrachte die frühen Abendstunden auf Streife zusammen mit Hjalmar, dem riesigen jungen Wachsoldaten, der ihn als erster beim Fechten getestet hatte. Sie zerstreuten zwei Schlägereien, schleppten einen widerspenstigen Betrunkenen ins Gefängnis, wiesen einem halben Dutzend Leuten vom Lande, die sich verlaufen hatten, den Weg zurück zu ihrem Gasthaus, wo sie ihre Pferde abgestellt hatten, und erinnerten auf sanfte Weise ein paar umherziehende Frauen, daß Prostituierte per Gesetz nur in bestimmten Gebieten ihrem Gewerbe nachgehen durften. Ein ruhiger Abend in Thendara. Als sie zur Wachhalle zurückkehrten, um ihre Freizeit anzutreten, trafen sie auf Gabriel Lanart und ein halbes Dutzend Offiziere, die eine kleine Schenke am Stadttor besuchen wollten. Regis wollte sich gerade zurückziehen, als Gabriel ihn aufhielt.
»Komm doch mit uns, Bruder. Du solltest dir die Stadt näher ansehen als nur aus dem Kasernenfenster.«
Regis fühlte sich gedrängt und ging mit den älteren Männern. Die Schenke war klein und verraucht und voller Wachleute, die ihre Freizeit dort verbrachten. Regis saß neben Gabriel, der sich Mühe gab, ihm das Kartenspiel zu erklären, das sie gerade spielten. Es war das erste Mal, daß er mit älteren Offizieren zusammentraf. Er blieb ruhig und hörte mehr zu als selbst zu reden, doch es war ein gutes Gefühl, zu der Gesellschaft zu gehören und akzeptiert zu werden.
Es erinnerte ihn ein wenig an die Sommer, die er auf Armida verbracht hatte. Kennard oder Lew oder dem alten Andres wäre es nie in den Sinn gekommen, den ernsten und frühreifen Jungen als Kind zu behandeln. Diese frühzeitige Anerkennung von Männern hatte ihn wahrscheinlich für immer, wie er traurig merkte, den Jungen seines Alters entfremdet. Doch er wußte auch, daß er sich unter Männern zu Hause fühlte, und dieses Wissen gab ihm ein Gefühl, als sei er von einer Last befreit. Es war, als könne er den ersten freien Atemzug tun, seit ihn sein Großvater zu den Kadetten gesteckt hatte, ohne daß er sich mehr als nur wenige Minuten hatte darauf vorbereiten können.
»Du bist still, Vetter«, sagte Gabriel, als sie zusammen zurückgingen. »Hast du zuviel getrunken? Geh besser heim und schlaf dich tüchtig aus. Morgen wirst du wieder beieinander sein.« Er wünschte ihm freundlich eine gute Nacht und ging in sein Quartier.
Die Nachtwache, die über den Hof patrouillierte, sagte: »Du bist ein paar Minuten zu spät, Kadett. Es ist deine erste Übertretung, daher werde ich dich dieses Mal nicht melden. Tu es nur nicht wieder. In der Baracke des ersten Jahrgangs sind die Lichter schon aus. Du wirst dich im Dunkeln ausziehen müssen.«
Regis suchte sich auf leicht unsicheren Beinen den Weg in die Baracke. Gabriel hatte recht, dachte er überrascht, doch es war ihm keineswegs unangenehm, daß er zuviel getrunken hatte. Er war Trinken nicht gewöhnt, und heute abend waren es mehrere Becher Wein gewesen. Als er die Kleider ablegte, fühlte er sich verwirrt und unkonzentriert. Mit einer merkwürdigen Verschwommenheit dachte er, daß es ein bedeutsamer Tag gewesen sei, doch welche Bedeutung er hatte, wußte er noch nicht. Der Rat. Die irgendwie schockierende Erkenntnis, daß er zu den Gedanken seines Großvaters vorgestoßen war, Lew durch Berührung erkannt hatte, ohne ihn gesehen oder gehört zu haben. Der merkwürdige streitähnliche Vorfall mit Danilo. All das trug zu seiner Verwirrung bei, die mehr war als einfache Trunkenheit. Er fragte sich, ob man ihm Kirian in den Wein gegeben hatte, hörte, wie er laut kicherte und verfiel dann rasch in einen unruhigen, von Alpträumen heimgesuchten Schlaf.
Er war wieder in Nevarsin, in dem alten Schlafsaal der Studenten. Schnee trieb durch die hölzernen Fensterladen und lag in dichter Decke auf den Betten der Novizen. In seinem Traum waren, wie es wirklich ein- oder zweimal geschehen war, einige Schüler zusammen in ein Bett geklettert und hatten die Decken und ihre Körperwärme gegen die bittere Kälte geteilt. Wenn sie am Morgen erwischt wurden, schalt man sie
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