Darkover 18 - Hasturs Erbe
war. Regis hatte das bei ihm gespürt. Aber Lew war nach Aldaran gegangen, und Regis hatte keine Ahnung, wann er zurückkommen würde.
Am Tag, bevor die Kadetten nach Hause entlassen wurden, um im nächsten Jahr zur Sitzungsperiode des Rates wiederzukommen, stand auf Regis Dienstplan die Übungsstunde mit Dyan Ardais. Er ging mit dem normalen Gefühl von Aufregung und Freude hin. Sein Ruf unter den Kadetten als guter Fechter, der zu gut für normale Unterweisung war, machte ihm Spaß, und die Stunden mit Dyan forderten ihn aufs äußerste heraus, doch zur gleichen Zeit wußte er, daß ihn dies nur noch mehr von seinen Kameraden entfremdete. Außerdem verließ er die Lektion jedesmal geschlagen, verwundet, geschunden und absolut erschöpft.
Die Kadetten bereiteten sich in dem kleinen Umkleideraum neben der Waffenkammer auf die Übungsstunde vor und zogen sich das gefütterte Wams über, das sie vor den härtesten Schlägen schützen sollte. Die schweren Übungsschwerter aus Holz und Leder konnten niemanden töten, jedoch erhebliche Verletzungen und Schmerzen, ja auch Knochenbrüche herbeiführen. Regis warf Umhang und Tunika ab, zerrte die gefütterte Weste über den Kopf und wand sich hinein, um die Bänder fest zuzubinden. Seine Rippen waren dieser Tage fast immer grün und blau.
Als er die letzte Schnalle schloß, kam Dyan herein, warf seinen Rock auf eine Bank und schlüpfte rasch in seine eigene Übungsuniform. Hinter der dichten Fechtmaske sah er wie ein riesiges Insekt aus. Ungeduldig winkte er Regis in den Übungsraum. In der Eile vergaß Regis seine langen Handschuhe, und der Ältere sagte grob: »Nach all diesen Monaten? Sieh dir das an… « Er streckte die geballte Faust aus und zeigte auf einen Knoten über den Sehnen auf dem Handrücken. »Das habe ich mir zugezogen, als ich ungefähr in deinem Alter war. Ich sollte es dich eines Tages einmal ohne Handschuhe versuchen lassen. Wenn du es noch einmal vergißt, wird das geschehen. Ich kann dir versprechen, noch einmal wirst du es nicht mehr vergessen.«
Regis fühlte sich wie ein Kind, dem man einen Klaps versetzt hat, ging hastig zurück und holte sich ein paar schwere, gefütterte Handschuhe. Dann eilte er zurück. Auf der anderen Seite gab einer der Adjutanten des Waffenmeisters dem kleinen Gareth Lindir eine Lektion und korrigierte geduldig die Positionen von Armen und Beinen, Schultern und Hand nach jedem einzelnen Schlag. Regis konnte ihre Gesichter hinter den Fechtmasken nicht sehen, doch beide wirkten gelangweilt. Verletzungen waren dann schon besser, dachte Regis, als er auf Dyan zueilte.
Heute dauerte der Kampf nur kurz. Dyan bewegte sich langsamer als gewöhnlich, ja, fast unbeholfen. Regis erinnerte sich mit einem Anflug von Verlegenheit an den Traum vor einiger Zeit, als er mit Dyan gefochten hatte. Er konnte sich an die Einzelheiten nicht erinnern, doch es erfüllte ihn aus unbekannten Gründen mit Furcht. Schließlich besiegte er Dyan und wartete, daß der ältere Mann wieder seinen Platz einnahm. Doch statt dessen schleuderte Dyan das Holzschwert von sich.
»Du wirst mich für heute entschuldigen müssen«, sagte er. »Ich bin irgendwie… « Er hielt inne. »Irgendwie… habe ich keine Lust weiterzumachen.« Regis hatte das Gefühl, er wolle eine Krankheit vorschieben. »Wenn du weitermachen willst, finde ich jemanden für dich.«
»Wie Ihr wünscht, Kapitän.«
»Genug also.« Er zog sich die Maske herab und ging in den Umkleideraum. Regis folgte ihm langsam. Dyan atmete schwer. Sein Gesicht war schweißnaß. Er nahm ein Handtuch und vergrub das Gesicht darin. Regis, der sich die Weste aufschnallte, wandte sich ab. Wie vielen jungen Leuten war es ihm peinlich, bei einem älteren Schwäche zu bemerken. Unter dem dicken Wams war sein eigenes Hemd schweißnaß. Er zog es aus und ging zu seinem Schränkchen, um ein frisches zu holen, das er gewöhnlich dort aufbewahrte. Dyan legte das Handtuch fort und trat hinter ihn. Er blickte Regis' nackten Oberkörper an, der dunkel von geheilten und frischen Verletzungen war, und sagte schließlich: »Das hättest du mir sagen sollen. Ich hatte keine Ahnung, daß ich so schwer zuschlage.« Doch er lächelte dabei. Er streckte beide Hände aus und strich fest und intensiv über Regis Rippen. Regis wich vor der Berührung zurück und lachte nervös. Dyan zuckte die Achseln und lachte ebenfalls. »Kein Knochen gebrochen«, sagte er und ließ die Finger über den
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