Darkover 21 - Sharras Exil
»Zuerst muss ich mich zurechtfinden«, wehrte ich ab, und dann wurde ich zornig. »Was ist wichtiger? Jemanden zu finden, der fähig ist, die Garde zu befehligen, und es gern tut, oder jemanden, der das richtige Blut in den Adern hat?«
»Beides ist wichtig.« Es war ihm tödlicher Ernst. »Besonders in diesen Zeiten. Wenn die Hasturs eine Domäne nach der anderen verschlucken, ist Gabriel genau der falsche Mann für die Garde. Fordere ihn heraus und nimm ihm den Posten so bald wie möglich ab.«
Ich hätte beinahe gelacht. »Ihn herausfordern? Gabriel könnte mich zu einer Schleife für das Haar seiner Frau zusammenknoten, und zwar mit einer Hand… « Ich unterbrach mich; diese Redensart war, um das Mindeste zu sagen, unglücklich. »Ich kann mich kaum mit ihm duellieren - schlägst du einen Meuchelmord vor?«
»Ich glaube, die Garde würde deines Vaters wegen loyal zu dir stehen.«
»Vielleicht.«
»Und wenn du die Garde nicht übernimmst? Welche Absichten hast du? Willst du zurück nach Armida und Pferde züchten?« Er legte all seine Verachtung in diese Worte. Schmerz überflutete mich bei der Erinnerung, wie ich mir gewünscht hatte, meinen Sohn nach Armida zu bringen. »Der Gedanke wäre wohl nicht der schlechteste.«
»Du willst einfach zu Hause sitzen und dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmern, während Darkover dem Imperium in die Hände fällt?«, fragte er angeekelt. »Ebenso gut könntest du dich hinter den Mauern eines Turms verstecken! Warum gehst du nicht mit Jeff nach Arilinn zurück - oder hat man auch das aus dir herausgebrannt?«
Wut flammte in mir auf. Wie konnte Dyan es wagen, unter der Maske der Verwandtschaft und der Freundschaft mit meinem Vater auf diese Weise in alten, unverheilten Wunden zu stochern? »Mich hat man in Arilinn gelehrt«, sagte ich mit voller Absicht, »von solchen Dingen nur zu Leuten zu sprechen, die etwas davon verstehen. Seid Ihr Überwacher, Mechaniker oder Techniker, Lord Dyan?«
Ich hatte immer geglaubt, der Ausdruck schwarz vor Wut sei nur eine Redensart. Jetzt sah ich, wie Dyan das Blut schwarz und dick ins Gesicht stieg, bis ich fürchtete, er werde vom Schlag getroffen umfallen. Zu spät fiel mir ein, dass Dyan kurze Zeit in einem Turm gewesen war, und niemand, nicht einmal mein Vater, wusste, warum er ihn verlassen hatte. Was ich als eiskalte Abfuhr gemeint hatte, als eine Methode, ihm beizubringen, er solle Distanz halten, war von ihm als tödliche Beleidigung aufgefasst worden - als ein Angriff auf seine schwächste Stelle.
»Weder Überwacher noch Mechaniker oder Techniker, verdammt sollst du sein«, stieß er schließlich hervor. Er stand auf, und sein Stuhl kippte dabei um. »Ebenso wenig Energie-Pol für die Gewalten Sharras, du verdammter, unverschämter Bastard! Geh zurück nach Armida und züchte Pferde oder in einen Turm, wenn man dich dort haben will, oder wieder ins Imperium oder zur Hölle, falls Zandru dich einlässt - aber bleib weg von der Ratspolitik, verstanden?«
Er drehte sich um und ging, und ich sah ihm bestürzt nach. Den Mann, der bereit gewesen war, mit mir Freundschaft zu schließen, hatte ich mir zum gefährlichsten Feind gemacht.
5
Der Comyn-Turm stieg hoch über die Burg empor. Er war Teil der auf Thendara niederblickenden, sich weithin ausdehnenden Masse und doch getrennt von ihr, älter als jeder andere Teil, unermesslich alt. Den rötlichen Sandstein, aus dem er bestand, fand man sonst nur noch bei den ältesten, baufälligen Häusern der Altstadt. Regis war noch nie im Turm gewesen.
Er sagte zu dem nichtmenschlichen Diener: »Frage bitte Domna Callina Lindir-Aillard, ob sie Regis Hastur empfangen will.«
Das Wesen betrachtete ihn lange, die dunklen Augen voll Wachsamkeit und Verständnis. Es hatte eine menschenähnliche Gestalt und eine menschenähnliche Intelligenz, aber Regis wurde das Gefühl nicht los, er habe zu einem großen und nicht besonders freundlich eingestellten Hund gesprochen. Während seiner kurzen Ausbildung im Neskaya-Turm hatte er die silberpelzigen Kyrri kennen gelernt, sich aber nie an sie gewöhnen können. Das Geschöpf starrte ihn länger an, so schien es ihm, als ein Mensch es getan hätte. Dann neigte es kurz und anmutig seinen glatten Silberkopf und glitt geräuschlos davon.
Regis schoss der vage Gedanke durch den Kopf, wie der Kyrri Callina seine Botschaft wohl ausrichten werde. Die Herkunft der Kyrri verlor sich im Zeitalter
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