Darkover 21 - Sharras Exil
terranischen Zone, sondern die reinen, natürlichen meines eigenen Teils der Stadt, Gewürze aus einer Garküche, Hitze von einer Schmiede, wo eine Reihe von Packtieren beschlagen wurde… Eine Gruppe von Entsagenden, das Haar so kurz geschnitten, dass sich kaum unterscheiden ließ, ob es Männer oder Frauen waren, in dicke Reisekleidung vermummt, brach zu einer Expedition in die Berge auf. In ihrer Mitte saß eine verhüllte und dicht verschleierte Dame in einer Sänfte. Thendara war eine schöne Stadt, obwohl ich lieber draußen in den Kilghardbergen gewesen wäre…
Ich konnte gehen. Ich besaß ein Gut, um das ich mich kümmern musste. Armida war jetzt mein… meine Heimat. Aber es war die Zeit der Ratssitzungen, und ich wurde hier gebraucht…
Von der andern Seite eines Platzes klang ein Anruf herüber; eine Patrouille aus jungen Gardisten. Ich blickte auf, und Dyan Ardais verließ die Patrouille und kam mit langen Schritten auf mich zu. Sein militärischer Mantel flatterte munter hinter ihm drein.
Diese Begegnung war das Letzte, was ich mir wünschte. Als Junge hatte ich Dyan mit verzehrendem Hass verabscheut, älter geworden, hatte ich mich gefragt, ob meine Abneigung sich nicht teilweise darauf gründete, dass er meines Vaters Freund gewesen war, und ich, der Bastard, einsam, ohne Freunde, eifersüchtig auf jeden, dem mein Vater Aufmerksamkeit zuwandte. Die ungesund enge Beziehung zwischen meinem Vater und mir war nicht allein durch sein Tun entstanden, das wusste ich jetzt. Wie dem auch sein mochte, Kennard war tot, und ich musste mich auf die eine oder andere Weise von seinem Einfluss, von der echten oder eingebildeten Stimme in meinem Gehirn befreien.
Dyan war mein Verwandter, er war Comyn, und er hatte sich meinem Bruder und meinem Vater als guter Freund erwiesen. Deshalb grüßte ich ihn durchaus höflich, und er erwiderte den Gruß auf gleiche Weise, Comyn gegenüber Comyn. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte er mich als gleichberechtigt behandelt.
Dann ließ er alle Förmlichkeit fallen und sagte: »Ich muss mit dir reden, Cousin.« Das Wort, eine Spur intimer als ›Verwandter‹, schien ihn ebenso hart anzukommen wie mich. Ich war gar nicht erfreut. Das Gespräch mit Lawton hatte in mir noch größere Besorgnis wegen der Sharra-Matrix hervorgerufen. Ich wollte sie an einen sicheren Ort bringen, bevor irgendwer - wobei ›irgendwer‹ für Kadarin stand, der der Einzige war von dem ich wusste, dass er sie an sich bringen konnte - durch das Wiedererwachen seiner eigenen Matrix von ihrer Anwesenheit auf Darkover erfuhr. Wenn es mit meiner Matrix geschehen war, würde es ganz bestimmt auch mit seiner geschehen. Und sobald er wusste, die Matrix war wieder da, was würde er tun? Ich brauchte nicht zu fragen; ich wusste es.
»Da ist eine Wirtschaft; willst du ein Glas mit mir trinken? Ich muss mit dir reden, Cousin«, wiederholte er.
Ich zögerte. Am Trinken liegt mir nicht viel. »Es ist noch zu früh für mich, danke. Und ich bin ziemlich in Eile. Können wir es nicht verschieben?«
»Mir auch recht«, sagte Dyan. »Aber ich werde ein Stück mit dir gehen, wenn es dir recht ist.« Zu spät wurde mir klar, dass es eine freundliche Geste hatte sein sollen. Ich zuckte die Schultern. »Dann lass uns doch in die Wirtschaft gehen. Diesen Teil der Stadt kenne ich nicht besonders gut.«
Die Wirtschaft war recht sauber und nicht zu dunkel, obwohl es mir über das Rückgrat kribbelte, als ich den unbeleuchteten Raum betrat, Dyan hinter mir. Offenbar kannte er das Lokal, denn der Kellner brachte ihm einen Drink, ohne zu fragen. Er goss auch mir ein; ich streckte die Hand aus, um ihm Einhalt zu tun.
»Nur ein bisschen, danke.« Es war eher ein Ritual als irgendetwas anderes; wir tranken zusammen, und es schoss mir durch den Kopf: Wenn das mein Vater wüsste, würde er sich freuen, mich im besten Einvernehmen mit seinem ältesten Freund trinken zu sehen. Nun, so viel Ehre konnte ich seinem Andenken schon antun. Dyan fing meinen Blick, und ich erkannte, dass er den Gedanken mit mir teilte. Wir tranken schweigend auf meines Vaters Frieden.
»Wir werden ihn im Rat vermissen«, sagte Dyan. »Er kannte die Art der Terraner und ließ sich nicht von ihnen verführen. Ich frage mich… « Er betrachtete ziemlich auffällig die Narben in meinem Gesicht, den umgeschlagenen Ärmel. Aber daran war ich gewöhnt. Ich erklärte: »Die Lebensweise der Terraner - genauer gesagt,
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