Darkover 23 - Asharas Rückkehr
unser Onkel«, murmelte der andere Junge so leise, dass Margaret es fast überhört hätte.
»Ein guter Kaufmann lässt das Geschäft immer in der Familie, wo er kann«, sagte sie friedfertig. Sie wurde nicht recht schlau aus dem dunkleren Jungen, der extrem neugierig und gleichzeitig feindlich wirkte. Geremy schien ein freundlicher Bursche zu sein, und sein Cousin - diesen Verwandtschaftsgrad mussten sie haben, wenn sie beide Neffen von diesem MacEwan waren - war das krasse Gegenteil. Sie war nur zu müde, um klar denken zu können. Sie konnte seine Erregung beinahe spüren wie den Wind, der ihre Haut reizte, aber sie konnte sich den Grund dafür nicht vorstellen. Seine verschlagenen Gesichtszüge, die spitze Nase und die durchdringenden Augen drückten gleichzeitig Vorsicht und Hoffnung aus. Vielleicht war eine Frau in der Familie von einem Terraner verführt oder entehrt worden. Das kam auf humanoiden Welten nur zu oft vor. Die Terraner waren berüchtigt für ihren mangelnden Respekt den jeweiligen Sitten eines Planeten gegenüber. Unerwünschte oder vaterlose Kinder waren überall im alten Gebiet des Imperiums gang und gäbe … wo immer Terraner sich kreuzen konnten, taten sie es. Und Lowtech-Planeten waren nicht gerade berühmt für Empfängnisverhütung.
»Geremy ist ein Stiefellecker«, brummelte der verschlagen blickende Junge.
»Und Ethan streitet gern. Wahrscheinlich wird er einmal Richter.« »Nein, nein«, protestierte Ethan. »Ich werde …« Margaret sah den Hunger und das Verlangen in seinen Augen. Sie hatte diesen Blick oft gesehen, wenn sie ihre vorgeschriebenen Unterrichtsstunden halten musste. In ihm kam ein Wunsch zum
Ausdruck, der so kostbar war, dass seine bloße Erwähnung schmerzte.
»Ethan kommt bei der Färbergilde in die Lehre, aber in Wirklichkeit will er Raumfahrer werden.« Geremy erhielt für diese Enthüllung einen heftigen Faustschlag an die Schulter.
Margaret lachte nicht. Ethans Gesicht war deutlich anzusehen, dass er genau damit gerechnet hatte. Die Jungs waren nett, dachte sie. Vielleicht hätte sie solche Brüder, wenn der Alte und Dio weitere Kinder bekommen hätten. Sie hatte zwar nie den Wunsch gehabt, zwischen den Sternen zu reisen, aber sie konnte verstehen, dass der junge Mann etwas anderes machen wollte, als der Familientradition zu folgen. Als junges Mädchen hatte sie sich gewiss nicht vorgestellt, dass sie später einmal Musik von Planeten sammeln würde, von denen sie noch nie gehört hatte, aber sie hatte sich bestimmt auch nicht gewünscht, Ehefrau oder Mutter zu werden.
Margaret wusste außerdem, dass sie in Ethans Alter eher gestorben wäre, als ihr heimliches Ziel zu verraten, nämlich Tänzerin oder eine berühmte Schauspielerin zu werden. Sie konnte jetzt über sich selbst lachen, aber sie würde niemals diesen Jungen auslachen, dem es todernst mit seinem Wunsch war.
»Es ist sehr schwer, Raumfahrer zu werden«, sagte sie ernst. »Als Erstes brauchst du eine gute Bildung, mit besonderem Schwerpunkt auf Mathematik.« Ethan betrachtete sie vorsichtig, versuchte sie einzuschätzen, so wie sie es kurz vorher mit ihm gemacht hatte. Er kam offenbar zu dem Schluss, dass sie ihn ernst nahm, und schien ein ganzes Stück zu wachsen. Ein Mond ging auf und warf dunkle Schatten unter die Augen des Jungen. Der Mond sah wie ein Amethyst vor dem dunklen Himmel aus, und sie überlegte angestrengt, wie er hieß. Ihr müdes Hirn verweigerte die Zusammenarbeit.
Geremy betrachtete sie nachdenklich. »Sind Sie Terra-nerin?« »Sei nicht albern«, sagte Ethan. »Das sieht doch jeder, dass sie keine ist.«
»Nein, ich komme von einer Welt namens Thetis«, sagte sie. »Eine hübsche Welt mit vielen Wasserfällen und Ozeanen. Wir leben auf Inseln, über die warme Winde wehen, die nach Salz und Blumen duften.« Margaret wurde plötzlich von starkem Heimweh nach der Wärme von Thetis überfallen. »Ich weiß nicht einmal, welcher Stern dort oben Thetis ist. Ich habe allerdings viele Welten besucht. Ich bin Musikerin.«
»Sie waren auf vielen Planeten? Bitte, lassen Sie mich Ihre Tasche tragen. Würden Sie - können Sie mir alles erzählen?« Ethan lächelte zu ihr auf und war wie verwandelt. Sein Gesicht glühte vor Interesse. Margaret löste ihren Griff und vergaß ihre Befürchtungen. Sie kannte diese Wanderlust; manchmal kam es ihr vor, als wäre sie ein allgemein verbreiteter Trieb unter den Kindern von Terra. Sie hatte selbst eine Spur davon, obwohl sie das Reisen als solches
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