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Darkover 24 - Die Schattenmatrix

Titel: Darkover 24 - Die Schattenmatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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anhaftete, das durch Klatschgeschichten schnell falsch ausgelegt werden könnte.
Mikhail schimpfte sich einen Dummkopf. Er hätte viel früher daraufkommen müssen, dass Vincent bei der Isolation, in der die Elhalyn-Kinder lebten, eine Gefahr für jedes weibliche Wesen darstellte, die eigenen Schwestern nicht ausgenommen. Alain war kein Problem, da seine völlige Unfähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, ihn davon abhielt, anderen Schaden zuzufügen, und Emun war noch zu jung. Aber bei Vincent, dem Tyrannen, verhielt sich die Sache natürlich ganz anders. Mikhails eigene Erziehung hatte verhindert, dass er sich so etwas auch nur vorstellte, denn sosehr er seine Schwestern auch liebte, war ihm nie der Gedanke gekommen, sie im Mindesten begehrenswert zu finden. Als Heranwachsender hatte er sie für grässliche Nervensägen gehalten, und erst in den letzten Jahren hatte er erkannt, dass Liriel eine faszinierende und eigenständige Persönlichkeit war. Aber er neigte immer noch dazu, sie aus seinen Gedanken zu verbannen, weshalb es umso erstaunlicher war, dass er ausgerechnet Liriel um Hilfe gebeten hatte.
Inzest war in der langen Geschichte der Domänen nicht unbekannt, und aus diesem Grund gab es sehr strenge Beschränkungen, was die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern anging. Mikhail war darauf gedrillt worden, seine Schwestern nicht als Frauen anzusehen, und er entdeckte zu seiner Bestürzung, dass er sie immer noch wie kleine Mädchen, wie Kinder betrachtete, selbst Liriel, die inzwischen so erwachsen war wie er selbst. Ebenso hielt er Frauen aus der Generation seiner Mutter nicht für begehrenswert, da man das für gleichermaßen unschicklich hielt. Die wenigen Partnerinnen, die er sich bisher ausgesucht hatte, waren immer Mädchen in seinem Alter gewesen, aber nicht näher mit ihm verwandt als Basen und für gewöhnlich nicht einmal das.
Doch hier, so weit entfernt von den Zentren der darkovanischen Kultur, gab es keine große Auswahl an Frauen. Das Dorf, das zwischen Burg Elhalyn und Haus Halyn lag, war
klein und ernährte etwa zweihundert Leute, von denen die meisten im Sommer auf den Feldern arbeiteten, wo sie den widerstandsfähigen Weizen anbauten, der hier gedieh. Die Weigerung der einheimischen Mädchen, in Haus Halyn zu arbeiten, ergab nun einen düsteren Sinn, der nichts mit Emelda oder irgendwelchen Geistern zu tun hatte.
Es war eine Sache, falls ein Mitglied des Comyn mit einem Bauernmädchen ein uneheliches Kind zeugte, wenn sie einverstanden war, und eine völlig andere Sache, wenn sie gegen ihren Willen genommen wurde. Die jungen Frauen in der Umgebung von Armida empfingen seit Generationen die Gunst verschiedener Altons - Gabriel hatte mindestens einen Sohn, von dem Mikhail wusste, und Rafael eine Tochter -, aber zwischen beiden Seiten herrschte ein stillschweigendes Einverständnis, dass solche Handlungen mit Respekt vor den beteiligten Frauen durchgeführt wurden. Für die Kinder aus solchen Verbindungen wurde gut gesorgt, und in einigen Fällen zog man sie sogar in der herrschenden Familie der Domäne auf. Soviel Mikhail wusste, war Dom Gabriel in seiner Ehe mit Javanne nie fremdgegangen, so dass er sich einigermaßen sicher sein konnte, keine Halbgeschwister zu haben. Dom Gabriels Zurückhaltung war allerdings recht ungewöhnlich.
Ahnte Priscilla vielleicht, dass Vincent eine Bedrohung für seine Schwestern darstellte, und forderte sie Mikhail aus diesem Grund immerzu auf, ihn mitzunehmen? Und wenn es so war, warum hatte die närrische Frau Vincent dann nicht schon längst nach Thendara oder Arilinn geschickt? Dann fiel ihm plötzlich die Seance wieder ein und der Tonfall in Domna Elhalyns Stimme, als sie zum Geist ihres Bruders sprach. Was wenn … Mikhail wurde bei dem Gedanken ganz unwohl. Er riss sich von diesen unerfreulichen Spekulationen los und fühlte sich unbehaglich und beinahe schmutzig. Nein, er musste sich irren! Priscilla würde nie etwas so Unziemliches tun.
Er sah die beiden jungen Frauen an. Beide hatten während der Wochen seines Aufenthalts um seinen Schutz gebeten, aber er hatte die Ursache für ihre Angst nicht erkannt. Mikhail hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Dass er die Hilferufe fast im selben Augenblick wieder vergessen hatte, in dem er sie hörte, trug nicht gerade zu seinem Wohlbefinden bei.
Mikhail verspürte ein flaues Gefühl im Magen. Als Regent von Elhalyn war er eidlich dazu verpflichtet, diese beiden Mädchen zu beschützen, und er wusste,

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