Darkover 24 - Die Schattenmatrix
ängstlich über die Schulter. Außerdem würden die Pferde in diesem jämmerlichen Zustand noch am ersten Tag zusammenbrechen.
Gab es hier vielleicht eine Kutsche? Er erinnerte sich nicht, im Stall eine gesehen zu haben. Alles wäre ihm recht - ein Karren, sogar ein Heuwagen! Er wollte auf der Stelle weg von Haus Halyn! Notfalls ohne die Kinder.
Bei diesen Gedanken merkte Mikhail plötzlich, dass ihm jemand einflüsterte. Er war verblüfft. Konnte diese Frau ihn etwa beeinflussen? Das Flüstern war so zart gewesen, dass er es beinahe nicht wahrgenommen hätte, aber Emelda würde gewiss nichts Gutes im Schilde führen. Zum Glück war sie eine Aldaran - wenn sie nicht gelogen hatte - und keine Alton. Der Gedanke, sie könnte etwas von der Alton-Gabe des erzwungenen Rapports besitzen, war erschreckend.
Wie sollte er sie nur aus dem Haus bringen? Mikhail hatte in seinem ganzen Leben noch nie die Hand gegen eine Frau erhoben, egal, wie groß die Versuchung gewesen war, und er wusste nicht einmal, ob er es überhaupt konnte. Seine Gardisten würden sie vermutlich beseitigen, wenn er es ihnen befahl. Aber sie war eine Frau! Wie konnte er die Demütigung ertragen, dieses dürre Häufchen Ärger zwei starken Männern zu überlassen? Es gab bestimmt eine bessere Lösung. Sie musste ihm nur einfallen, aber sein Verstand schien noch immer benebelt und müde. Morgen, nachdem er richtig ausgeschlafen hatte, blieb noch genug Zeit dafür. Emelda ging ihn nichts an, im Gegensatz zu den Kindern.
Dennoch ließ ihn das Problem nicht los. Was würde sein Vater jetzt wohl tun? Die Frage war wirklich komisch, wenn er seine ziemlich feindselige Beziehung zu Dom Gabriel bedachte. Aber mit seinem alten Herrn war nicht zu spaßen, und Mikhail wünschte sich vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben -, er wäre ein wenig wie er. Gabriel fehlte es an dem Feingefühl, von dem Mikhail seiner eigenen Einschätzung nach zu viel hatte, und er walzte jeden Widerstand ohne zu zögern nieder. Allein der Gedanke an Dom Gabriel gab Mikhail Kraft. Er konnte jedes bisschen Energie gebrauchen.
Er würde das Problem nicht lösen, indem er mitten auf dem Flur herumstand. Einen Augenblick lang überlegte er, was er hier eigentlich tat. Was hatte er gleich noch gesucht? Ach ja, Handtücher. Ihm wurde bewusst, dass er soeben etwas vergessen hatte, aber er konnte den Gedanken nicht in seinen Kopf zurückzwingen, sosehr er sich auch anstrengte. Er wollte jetzt nur noch ein ausgiebiges Bad nehmen und saubere Kleider anziehen. Die hatte er zumindest in seinem Gepäck. Nach einem Bad würde er wieder mehr er selbst sein. Er nahm seine Sachen und ging in die dampfende Kammer. Es war der sauberste Ort, den er in Haus Halyn entdeckt hatte, und er fühlte sich sofort weniger hilflos.
Mikhail glitt in die heiße Wanne und entspannte sich. Er wollte nur noch in das Wasser hinabsinken, den Kopf unter Wasser tauchen, wegtreiben … Er schoss nach oben, spuckte Wasser, seine Lungen lechzten nach Luft. Warum hatte er das getan?
Seine Verwirrung wich einer reinigenden Wut. Sein Geist wurde wieder klar. Dann drangen Zweifel in die momentane Klarheit. Mikhail fühlte sich plötzlich kraftlos und mehr als schlecht gerüstet für den Umgang mit den Kindern. Er hatte einen großen Fehler begangen, als er sich bereit erklärt hatte, für die Elhalyn-Kinder als Regent zu fungieren. Er hätte darauf bestehen sollen, dass einer seiner Brüder die Aufgabe übernahm. Er würde Hilfe brauchen, jemand musste ihm beistehen, der mehr Erfahrung hatte und besser ausgebildet war. Er würde mit Regis Kontakt aufnehmen müssen und …
Mikhail zuckte zusammen. Er war noch nicht einmal einen Tag hier und schon gescheitert. Offensichtlich war er der Aufgabe nicht gewachsen. Zweifel nagten an ihm, wie damals, als er noch ein Heranwachsender gewesen war und Danilo Hastur geboren wurde, wodurch Mikhails Stellung sich verändert hatte. Wenn ich gut genug gewesen wäre, hätte Regis keinen Sohn gebraucht. Er versuchte dieses Gefühl der eigenen Wertlosigkeit abzuschütteln, aber er redete sich hartnäckig weiter ein, dass er nicht annähernd der Mann war, für den er sich hielt. Er eignete sich lediglich dazu, den Friedensmann für Dyan Ardais oder irgendeinen anderen Herrn einer der Domänen abzugeben. Aber Regis hatte ihm eine Aufgabe gestellt, und er musste sie irgendwie erfüllen, und er musste es allein tun, egal, wie er sich dabei fühlte!
Seine Schuldigkeit galt vor allem den Kindern. Das hieß,
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