Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
gute Mutter warst. Ich denke, er hat darum gerungen, die richtigen Worte zu finden. Er ist nämlich sehr tapfer.« Mikhail fügte nicht an, wie erbärmlich er sich fühlte, weil er Domenic genau das angetan hatte, was er sich geschworen hatte, auf keinen Fall zu tun – den Jungen auf Distanz zu halten und es ihnen beiden schwer zu machen, »Aber was sollen wir jetzt tun?« »Ich weiß es nicht. Und im Moment ist Domenics Unglück unsere geringste Sorge. Damit können wir uns befassen, wenn wir … das alles hinter uns haben.« »Er ist unser Sohn, Mik!« »Ja. Und er hat unsere besten Eigenschaften ebenso mitbekommen wie unsere schlechtesten – er hat Lews Hartnäckigkeit, deine Intelligenz und meine verdammte Fantasie! Aber er wird nicht an seinem Unglück sterben, Marguerida, und diesem Brief nach zu urteilen, ist er wahrscheinlich zu mehr Selbsterkenntnis fähig, als ich es in seinem Alter war.« »Er war nie wirklich jung, oder?« »Nein. Er hat eine Greisenseele, und wir beide wissen es.« »Meinst du, dass er …?« »… die Wiederkehr von Varzil ist? Keine Ahnung, aber es wäre wohl kaum überraschend. Der zeitliche Ablauf legt die Vermutung nahe. Und es wäre eigentlich gar nicht so schrecklich, findest du nicht?« »Was willst du damit sagen?« »Varzil war zu seiner Zeit ein großer Mann, und für einen zukünftigen Herrscher von Darkover kann ich mir keine bessere Aussicht vorstellen. Aber so weit müssen wir erst einmal kommen, Liebste.« Mikhail war besorgter, als er zugab. Er starte seinen Handschuh an. Er wollte nicht an die Zukunft denken, an die Möglichkeit, sein Erstgeborener könnte ihm den Ring zu entreißen versuchen. Natürlich hätte er ihn schon hundertmal liebend gern weggeworfen, aber das war etwas anderes. Doch dann beruhigte er sich so plötzlich, dass es ihn überraschte. Seine Muskeln erschlafften, und das Pochen in der Schläfe verging. Er kannte seinen Sohn besser. Domenic war der letzte Mensch auf der Welt, der nach der Macht dieses Ringes greifen würde.
Mikhail drehte den Brief um und las einen Absatz auf der ersten Seite noch einmal. Er war kurz und erwähnte nur, dass Domenic eine Art ungewöhnliche Hörerfahrung gemacht hatte – etwas, das er zunächst für bloße Einbildung hielt. Die Schrift war eng, die Buchstaben dichter zusammengedrängt als beim Rest des Schreibens, und Mikhail vermutete, dass sein Sohn sich über das Thema nicht näher auslassen wollte.
Domenic hatte mehr angedeutet als enthüllt, was ihn wirklich bedrückte, dachte Mikhail, als er zwischen den Zeilen las und seiner Fantasie freien Lauf ließ. Es bereitete ihm schlichtweg Vergnügen, an etwas anderes zu denken als an die Probleme, die ihn seit Tagen plagten.
Was hatte Domenic gehört, und warum beunruhigte es ihn so? Mikhail wünschte, er hätte den Jungen früher dazu gebracht, mit ihm zu reden. Vielleicht wusste Lew etwas darüber – Domenic vertraute sich häufig seinem Großvater an.
Aber es war zweifellos keine Angelegenheit von unmittelbarer Wichtigkeit. Sein Sohn war vorläufig in Sicherheit, und das war alles, worauf es ankam.
»In ein paar Tagen haben wir das alles hinter uns, Marguerida.« »Das stimmt zum Glück. Ich weiß nicht, wie viel Belastung ich noch ertrage, bevor ich mich ins Bett lege und keinen Finger mehr rühre.« »Hört sich gut an. Wir könnten uns beide einfach ins Schlafgemach zurückziehen und uns lieben, bis wir uns vor Müdigkeit nicht mehr rühren können.« »Wie kannst du jetzt an Sex denken?”, fragte sie und klang gleichermaßen erfreut wie verärgert.
»Wie kann ich an etwas anderes denken, wenn ich dich ansehe?« »Du findest mich immer noch anziehend?« »Für mich, Caria , bist du die begehrenswerteste Frau auf der Welt und wahrscheinlich in der ganzen Galaxie.« Sie ging zu ihm, schlang die Arme um ihn und legte den Kopf an seine Schulter. Dann begann sie ihn zu küssen, sanft zunächst, doch schließlich leidenschaftlicher, bis er an nichts anderes mehr denken konnte.
21
Mikhail betrat zusammen mit Marguerida den Kristallsaal, ihre Hand ruhte auf seinem Unterarm, und sie drückte ihn aufmunternd. Vor diesem Augenblick hatte er sich gefürchtet, seit Regis krank geworden war. Nein, noch länger! In gewissem Sinne hatte er sich sein ganzes Erwachsenenleben lang auf dieses Schicksal zubewegt. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so bald eintreten und ihn so schlecht vorbereitet antreffen würde.
Die Zukunft zu planen war eine Sache, sie zu
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