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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Kinder konnten nie unterscheiden, welche Worte von Renney stammten und welche von hier. Es ist so kalt! Was wird aus Nana und den anderen werden, wenn sie Truppen der Föderation im Pfarrhaus unterbringen wollen? Sie wird sie wahrscheinlich mit einem Fluch belegen oder ihnen etwas von ihren Zaubertränken ins Essen mischen. Nana mag sehr alt sein, aber ich denke, sie kann sich durchaus noch um sich und meine Schwester kümmern. Wann kommen wir an? Ich friere und ich bin so müde. Bestimmt geht es mir besser, wenn mir warm ist und ich erst einmal richtig ausgeruht bin.
Herm beugte sich vor und tätschelte Katherines Hand durch die Wolldecke. Sie öffnete die Augen und sah ihn einen langen Moment an, dann ließ sie die Hand unter der Decke hervorgleiten und umfasste sein Handgelenk. Sie spürte die Wärme seiner Haut. »Jetzt dauert es nicht mehr lange«, sagte er ruhig, als hätte er ihre unzusammenhängenden Gedanken gehört. Und vielleicht hatte er sie ja gehört, denn oft schien er zu wissen, was sie dachte, ohne dass sie ein Wort sagte. Nein, das war unmöglich! Er war nur sehr intuitiv. Was immer es war, es machte ihn zu einem guten Liebhaber. Bei ihrem einzigen Besuch auf ihrem Heimatplaneten hatte Nana gemeint, Herm habe das zweite Gesicht, und auch wenn sie das als den Aberglauben der alten Frau abtat, konnte sie nicht leugnen, dass ihr Gatte ein sehr ungewöhnlicher Mann war. Als Terese noch klein war, stand er oft auf, bevor das Kind zu weinen begann, lief zu ihrem Bettchen und hob sie genau in dem Moment an seine breite Schulter, in dem sich der rosa Mund zu einem Wehklagen rundete. Und er schien immer zu wissen, ob die Kleine nass oder hungrig war oder ob sie einfach nur gewiegt werden wollte.
Seit dem Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegneten, an dem er sie antraf, wie sie im Büro von Senator Kendal ein Porträt malte, war Katherine bewusst, dass Hermes Aldaran anders war als alle Männer, die sie kannte und die sie wahrscheinlich jemals kennen lernen würde. Seine Augen schienen alles zu sehen, bis hin zu Details, die sie selbst übersehen hatte. Sie fand ihn charmant und intelligent, aber auch geheimnisvoll, auf eine Weise, die sie nicht benennen konnte. Das hatte ihn fast unwiderstehlich gemacht.
Und nun, nach mehr als zehn Jahren, hatte sie immer noch das Gefühl, nicht sehr viel von ihrem Mann zu wissen. Sie wusste, er hatte mehrere Geschwister, seine Schwester Gisela und seinen Bruder Robert und noch weitere, die nedestro waren, was immer das bedeutete. Aber das war so ziemlich alles.
Anfänglich hatte er kaum von Darkover gesprochen und wenn, dann von gewaltigen Schneefällen, hohen Bergen und endloser Wildnis. Seine Kindheit war ihr ein ziemliches Rätsel, obwohl er sich sehr für ihre interessierte, und er behielt immer eine gewisse Distanziertheit bei. Das faszinierte und frustrierte sie zugleich, und sie hatte gelernt, nicht mehr von ihm zu fordern, als er bereitwillig gab. Jetzt, da sie erschöpft und dadurch unbarmherzig auf sein Verhalten zurücksah, fühlte sie sich betrogen und unglaublich verloren. Doch dann tadelte sich Katherine für ihr Unglücklichsein und versuchte, das hässliche Gefühl loszulassen.
Gleich nach ihrer Hochzeit hatte Herm begonnen, ihr Casta beizubringen, und sie hatten entdeckt, dass es dem Dialekt von Renney ähnelte, beide verwandt mit dem alten Bretonisch. Die Beugungen waren zwar tückisch und verschieden, aber ein großer Teil des Vokabulars war so ähnlich, dass sie es rasch lernte. Sie wiederum hatte ihn im Rennischen unterrichtet, und beides hatte sich zu einem harmonischen Spracheintopfvermischt, den die Kinder lieber benutzten als das farblosere Terranisch.
Aber Katherine hatte nicht erwartet, je nach Darkover zu kommen, und sie stand immer noch unter Schock wegen der plötzlichen Abreise. Eine Erste-Klasse-Kabine auf einem Raumkreuzer war nicht gerade geräumig, und mit der Kutsche hatten sie sich nicht verbessert. Katherine hatte ein klaustrophobisches Gefühl, als würde sie nicht genügend Luft bekommen. Bei jeder Unebenheit in der Straße wurden ihre schmerzenden Glieder durcheinander geschüttelt, und obwohl die Kohlenpfanne im Boden ein wenig Wärme bot, fror sie bis ins Mark. Sie konnte ihren Ärger nur mühsam bezähmen, aber sie wollte vor den Kindern nicht mit Herm streiten, und schon gar nicht, wenn dieser praktisch Fremde zuhörte. Dennoch sehnte sie sich danach, die Stimme zu heben, ihre Wut und ihre Angst hinauszuschreien.

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