Darkyn: Ruf der Schatten (German Edition)
Hause bringen und mich um ihn kümmern. Ich esse nicht; ich schlafe nicht. Ich kann mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen .« Er holte zitternd Luft. »Ich kann nicht noch einen Sohn begraben, Alexandra. Dieses Mal fürchte ich, dass sie mich zu ihm ins Grab legen müssen .«
Alex legte die Arme um ihn und hielt ihn fest, während er weinte, tröstete ihn, bis er sich beruhigt hatte.
»Ich wünschte, ich wäre wie Sie, aber ich hasse meinen Bruder. Er ist ein arroganter, bigotter Scheißkerl .« Und die Art, wie er ihren Blicken ausgewichen war, machte sie rasend. »Ich habe nicht darum gebeten, dass mir diese Vampirsache passiert. Ich wollte das nicht. Aber ich habe mich damit arrangiert, und ich mache das Beste draus. Ich jammere nicht, und ich weine nicht, selbst wenn mir danach zumute ist. Und ich bin immer noch seine Schwester. Ich liebe meinen Bruder. Aber wissen Sie, dass er mich nicht mal mehr ansehen kann? Weil er, wenn er es tut, nicht verbergen kann, wie sehr er mich für das hasst, was ich bin .«
»Alexandra .« Er legte seine alte Hand an ihre Wange. »Was immer passiert, er wird immer Euer Bruder sein und Ihr seine Schwester. Diese Verbindung hält für immer. Nichts kann sie ändern. Nicht einmal der Tod .«
Sie lehnte sich zurück und sah in seine Augen. »Ich glaube, das Gleiche gilt für Sie und Val .«
Er nahm ihr das Taschentuch ab und putzte sich damit die Nase. »Ihr irrt Euch. Ihr seid eine gute Krisenmanagerin .«
»Danke. Jetzt geht es mir besser .« Sie presste eine Hand auf ihren Magen. »Abgesehen davon, dass ich mich jetzt übergeben muss .«
16
Liling wachte im Morgengrauen auf, und das Sonnenlicht ließ sie blinzeln. Jaus hatte sich von ihr weggerollt und sich ein Kissen über den Kopf gezogen. Er schlief so tief, dass er fast leblos wirkte. Sie stand auf und hängte die Decke, die sie irgendwann in der Nacht aus dem Bett geworfen hatten, über das Fenster.
Dann suchte sie nach Sachen zum Anziehen. Ihre eigenen lagen auf einem nassen Haufen, aber sie entdeckte den Schrank mit den Kleidern und holte die kleinsten heraus, die sie finden konnte: eine Jogginghose mit Gummizug und ein rot-schwarz kariertes Hemd.
Sie nahm beides mit ins Bad, stellte die Dusche an und trat hinein. Die Duftseife und das starke Shampoo, die der Hüttenbesitzer zurückgelassen hatte, ließen sie die Nase rümpfen, aber in der Vergangenheit war sie gezwungen gewesen, Schlimmeres zu benutzen.
Während sie sich wusch, versuchte Liling sich vorzustellen, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn Valentin sich so sehr in sie verliebte, dass er jeden umbringen wollte, der sie ihm wegzunehmen versuchte. War diese Jema blind gewesen? Wie konnte sie es nicht gemerkt haben? Wie konnte sie jemand anderen wollen?
Das Wasser wurde warm, dann heiß.
Das Bad hatte sich mit Dampf gefüllt, bevor Liling die Gefahr erkannte und die Hähne zudrehte. Sie konnte es sich nicht leisten, sich so sehr von ihren Gefühlen beherrschen zu lassen. Sie hatte ihn zu nah an sich herangelassen; sie hatte sich von dem Sex und der Erfüllung ihrer Fantasien verführen lassen und ihre Verantwortung vergessen. Valentin wollte sie, und eine Zeit lang konnte sie mit ihm zusammen sein. Hier, so lange sie allein waren, so lange keine Gefahr bestand, dass sie entdeckt wurden.
Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken daran, was nach ihrer Rettung geschehen würde. Die Anziehungskraft zwischen ihnen war stark. Er war ihr außerdem dankbar dafür, dass sie ihm den Schmerz genommen und ihm gezeigt hatte, woher er gekommen war. Auf viele Arten waren sie genau gleich.
Es gefiel ihm auch, wie gut sie als Liebespaar zueinanderpassten. Er würde sie nicht einfach gehen lassen.
Sie musste ihn irgendwann verlassen. Nicht nur, um ihn zu beschützen, sondern weil es nicht halten konnte. Valentin wollte sie, aber er konnte sie nicht lieben. Er hatte sein Herz bereits Jema geschenkt.
Liling war übel, und sie beugte sich über das Waschbecken, aber nichts passierte. Und dann wusste sie, dass es der Gedanke war, ihn zu verlassen, und das Wissen, dass er sie niemals so sehr lieben würde wie Jema, der ihr Übelkeit verursachte.
Sie konnte ihn nicht verlassen, und sie konnte nicht bei ihm bleiben. Was sollte sie tun? Wie konnte sie es ihm sagen?
Sie blickte an sich herunter und sah, dass das Wasser, das ihre Beine hinuntergelaufen war, in Tropfen bewegungslos auf ihrer Haut stehen geblieben war. Sie schaute zur Dusche und sah noch mehr
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