Darkyn: Ruf der Schatten (German Edition)
Tropfen, die über den Rand liefen, über den Boden, auf sie zu.
Er hatte sie gefunden.
Dampf stieg von ihrem Körper auf, als sie in die Hocke ging, die eisige Berührung des Wassers ignorierte und die Hände auf den gefliesten Boden presste. Die Tropfen auf dem Boden fingen an zu springen und zu zischen, während die Kacheln rot wurden. Als sie sich schließlich wieder erhob, nach ihren Sachen griff und ging, war der Raum ganz von Dampf erfüllt.
SiezogsichvordemBadanundgingindieKüche.ValentinhatteeinpaarDosenmitSoftdrinksindenKühlschrankgestellt,undsienahmeineherausundtrankdengesamtenInhalt,danntranksieeinezweiteundeinedritte,bevorihrDurstnachließ.IhrMagen zog sich zusammen, und sie rannte zum Waschbecken.
Sie erbrach sich, bis ihr Magen wieder leer war.
Liling richtete sich auf und schnappte nach Luft. Etwas war anders; etwas stimmte in ihrem Innern nicht. Sie versuchte, noch eine Dose zu trinken, doch davon wurde ihr erneut schlecht. Als sie sich ihr heißes Gesicht wusch, benetzte das Wasser, das sie hasste, ihre Lippen, und sie trank und behielt einiges davon bei sich.
Geschwächt von dem bizarren Vorfall ging sie ins vordere Zimmer und setzte sich vor den Kamin. Sie war schrecklich hungrig, aber bei dem Gedanken an Essen drehte sich ihr der Magen um. Sie rollte sich in der fremden Kleidung zusammen und starrte in die Flammen.
Feuer tröstete sie wie nichts sonst. Sie verstand seinen Hunger, seine Gier, alles zu fressen, was es berührte. Es war mächtig und gefährlich, aber es konnte beschränkt werden, kontrolliert, es konnte nützlich sein. Genau wie sie.
Sie stand langsam auf und ging zurück ins Schlafzimmer. Als sie sich neben Valentin auf das Bett legte, rollte er sich sofort zu ihr und legte seinen Arm um sie.
Ihre Augenlider senkten sich, und sie schlief ein.
Liling wanderte durch das Traumland und sah, wie die graue Leere um sie herum auf sie zukam und sich zurückzog. Es erinnerte sie an ihre Zaubertafel, die ihr Zwilling für sie gestohlen hatte, als sie neun gewesen waren.
Sie hatte nur ein Buch gewollt. Die Priester verbaten ihnen, etwas anderes als die Bibel in ihrem Zimmer zu haben, aber einer der Ärzte bewahrte einige Kinderbücher und Spielsachen in einem Schrank in einem der Schmerzräume auf. Sie waren alt und abgenutzt – der Arzt hatte sie auf einem Abverkauf alter Bücher aus einer Bücherei für zehn Cent pro Kiste gekauft – und für die meisten war sie schon zu alt. Sie war lange genug in dem Schmerzraum gewesen, um einige gute Bücher von Sydney Taylor, Judy Blume und Laura Ingalls Wilder zu finden, und wenn sie während der Tests keinen Laut von sich gab, dann erlaubte der Arzt ihr, sie mit zurück in den Schlafsaal zu nehmen.
»Ich will Laura und der lange Winter lesen « , sagte sie zu ihrem Zwilling. »Aber Pem hat es zuerst genommen .«
Ihr Zwilling fand Bücher dumm und sagte ihr das und brachte sie zum Weinen.
Liling fand die Zaubertafel, den wertvollsten Besitz ihres Zwillings, am nächsten Tag unter ihrem Kopfkissen.
Die Zaubertafel war bedeckt mit lustigen Cartoonzeichnungen und der Aufschrift SPASS SPASS SPASS ! FÜR MÄDCHEN UND JUNGEN . Sie bestand aus einer dünnen Pappe. An der oberen Seite war eine rechteckige dünne Plastikschicht auf einem Rechteck aus einer klebrigen grauen Masse befestigt. Daran hing ein Plastikstift an einem schwarzen Band. Ihr Zwilling, der es liebte zu malen, hatte die Tafel vor langer Zeit aus dem Spielzeugschrank gestohlen und erfolgreich vor ihren Bewachern versteckt.
Liling fuhr mit dem Stift über die Plastikschicht, und graue Linien erschienen dort, wo die Schicht auf der zähen Masse darunter kleben blieb. Dann, als sie die Plastikschicht anhob, die genau das gleiche Geräusch machte, wie wenn man Papier zerriss – verschwanden die Linien wieder, und sie konnte etwas Neues malen.
Sie zeichnete vorsichtig zwei Bilder auf die Schicht, aber ihr Zwilling kam zu ihr und sagte ihr, dass es mehr SPASS SPASS SPASS ! machte, sie wieder zu löschen. Das Geräusch von reißendem Papier störte Liling, aber ihr Zwilling liebte es.
Leider war die Zaubertafel alt und oft benutzt. Als Liling ihr drittes Bild malte – zwei Strichmännchen vor einem echten Picasso von einem Haus neben einem Brokkoli-Baum – , fingen die Linien an, sich von selbst auf der zerkratzten alten Plastikschicht abzulösen. Jedes Mal, wenn sie versuchte, sie nachzuziehen, verschwand etwas von dem Baum oder dem Haus.
Ihr Zwilling sah die Tränen in
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