Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
unruhig und verärgert.
»Genug.« Er stand vom Bett auf und tastete nach seinem Morgenrock. Während er die Zigarettenschachtel herausnahm, machte er sich im Geiste eine Notiz, nicht zu rauchen, wenn die Ärztin dabei war, schon um seine Teppiche zu schonen. »Du solltest jagen gehen, solange es noch dunkel ist.«
»Ich habe in Auftrag gegeben, dass man mir etwas bringt, Meister«, sagte sein Seneschall. »Bis die Lady das Haus verlässt, muss ich bleiben.«
»Warum? Ihr habt sie im Sicherheitsraum eingesperrt, oder nicht?« Er fand eine Kerze, indem er der Hitze der Flamme folgte, und beugte sich darüber, um seine Zigarette anzuzünden.
»Das haben wir.«
»Du machst dir zu viele Sorgen, Philippe. Und bitte, droh ihr nicht immer an, sie umzubringen, wenn sie mich berührt.« Er stieß eine kleine Rauchwolke aus. »Sie versteht vielleicht kein Französisch, aber kann in deinem Gesicht lesen wie in einem Kinderbuch.«
»Ich wünschte nur, ich könnte sie auch verstehen. Meister, was bedeutet ›Beiß mir in den Arsch‹?« Philippe sprach den englischen Ausdruck betont aus.
Amüsiert übersetzte ihn Michael. Der umgangssprachliche Dialekt, in dem sie sich unterhielten, wurde seit Jahrhunderten nicht mehr in Frankreich oder irgendeinem anderen Land benutzt. Sie taten es nur, wenn sie allein waren.
»Sie hat Glück, dass ich diese Einladung nicht annehme.« Sein Truchsess seufzte. »Von mir droht ihr keine Gefahr, aber ich glaube, deine Tresora würde sie ersticken, wenn sie könnte.«
Michael dachte an Alexandras Duft und die Berührung ihrer starken, fähigen Hände. Die Zärtlichkeit ihrer Untersuchung hatte ihn erregt; sie hatte ihn vorsichtig und sogar respektvoll berührt, aber ohne Zögern. Er wünschte, er könnte ihr Gesicht sehen, ihr in die Augen blicken. Dann wüsste er, ob das, was er spürte, richtig oder falsch war.
»Wie sieht Dr. Keller aus?«, fragte er ohne nachzudenken. Sein Seneschall stieß ein Knurren aus, das seine generelle Missbilligung ausdrückte. »Nein, ich meine, beschreib sie mir.«
»Sie ist klein und kräftig«, sagte Philippe. »Muskulöse Beine, volle Brüste. Gute Hüften.«
Sein Seneschall stammte aus einer der namenlosen Familien, die seit vielen Generationen Bauern waren, und beurteilte jede Frau nach ihrer Arbeits- und Gebärfähigkeit. Genauso wie Michael Frauen früher nur mit den Augen des Künstlers gesehen hatte.
Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie, aber es befriedigte Michaels Neugier nicht. »Beschreib mir ihre Farben, Philippe. Damit ich sie mir vorstellen kann.«
Da er mit Worten nicht gerne umging, unterdrückte Philippe einen missbilligenden Laut. »Ihre Haut ist dunkel; ich glaube, sie könnte eine Métisse sein. Ihre Augen haben die Farbe von polierter Eiche. Ihre Zähne sind sehr weiß, ihre Lippen rot. Ihr Haar ist ein Nest aus Korkenziehern.«
Michael dachte einen Moment nach. »Es ist lang?«
» Oui . Wenn sie es offen trägt, reicht es bis zur Mitte ihres Rückens. Und es hat die Farb e … « Philippe brach ab und suchte nach Worten.
Michael erinnerte sich daran, wie die Enden ihrer weichen, federnden Locken über seine Haut gestrichen waren, als sie sich über ihn beugte. Er hatte die Finger in diese lebendige Masse schieben wollen, um sie an sich zu ziehen. Damit er den Mund auf ihre Haut legen und feststellen konnte, ob ihr Fleisch genauso verführerisch schmeckte wie ihr Duft. Das Verlangen hatte ihn offen gestanden schockiert; das hatte er bei dem Schweizer Chirurgen nicht empfunden, der sich übergeben musste, als er ihn sah.
»Sag schon. Ist es schwarz? Braun? Rot?«
»Erinnert Ihr Euch an die Andalusierin von Seran, die Ihr begehrtet?«, fragte sein Seneschall. »Die mit dem feurigen Temperament?«
Der Vergleich ließ Michael lachen. »Nur du könntest eine Frau mit einem Pferd vergleichen, mein Freund.« Das Bild half ihm jedoch. Die Stute war ein Biest gewesen, aber sie hatte die seidigste haselnussbraune Mähne gehabt, die er jemals gesehen hatte. Eine überraschend passende Analogie zu seiner Ärztin. »Glaubst du, ihr Haar hat dasselbe Feuer, wenn das Sonnenlicht es berührt?«
»Es hat noch mehr davon. Wie Kupfer, das im Ofen schmilzt.« Philippes Tonfall änderte sich leicht. »Wenn es getan ist, Meister, werdet Ihr sie gehen lassen?«
»Vielleicht.« Sosehr Michael seinen derzeitigen Zustand verabscheute, er konnte die Darkyn nicht in Gefahr bringen, indem er einer Menschenfrau ihre Freiheit schenkte.
»Sie macht
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