Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
Melachrino-Zigaretten, der Hotsy Totsy Club, der Sells-Floto-Circus– geräuschvoll zu neuem Leben erweckt. Es gibt so viele unverständliche Anspielungen, dass ich Andrew Corbin, Herausgeber dieser schönen Ausgabe, sogar vorgeschlagen habe, eine kommentierte Version zu machen, vergleichbar meiner Studienausgabe von Moby Dick:
MELVILLE:
Frisch und fröhlich? Gott steh uns bei, wenn’s derart fröhlich wird! Ritsch, ratsch! Das war das Klüverstag! Krawumm! Allmächtiger! Duck dich tiefer, Pip, da kommt die Royalrah!
(Royalrah: Von Deck aus das dritte, an einem Balken, die Rahe, quer zum Mast hängendes, rechteckiges Segel.)
DENNIS:
Ein finsteres Paar schlenderte durchs Foyer. Der Mann sah aus wie eine Frau, und die Frau, abgesehen von ihrem Tweedrock, war fast das Ebenbild von Ramon Novarro.
(Ramon Novarro, 1899 – 1968 , Mexikaner, Schauspieler, bevorzugt im Fach jugendlicher Liebhaber, Hauptdarsteller in Hollywoodfilmen der 20 er Jahre, spielte den Rupert in » Der Gefangene von Zenda « .)
(Mal ehrlich: Welche Ausgabe würden Sie lieber lesen?)
Vielen Menschen sei dafür gedankt, dass sie die Figur der Mame so populär gemacht haben:
» Die miserabelsten Maschinenschreiberinnen von New York « , denen das Buch gewidmet ist, meine Tanten Vivian Weaver Kardaris und Elaine Polakis Adam, haben mehr geleistet als nur das Manuskript abgetippt. Sie hielten gleich schriftlich fest, was aus berufenem Mund tönte, während der Meister in ihrer Wohnung in der Eightysecond-Street auf und ab ging und, mit einem Ballantine in der Hand, wie wahnsinnig diktierte und dauernd fragte: » Taugt das überhaupt etwas? «
Julian Muller, seinerzeit bei der Vanguard Press, hatte die Idee mit dem » Menschen, den man nicht vergisst « , der Rahmengeschichte, die alle Episoden zusammenhält. Wichtiger aber war die Tatsache, dass er sich bereit erklärte, das Buch zu veröffentlichen, das, so unglaublich es klingt, von über einem Dutzend Verlage abgelehnt worden war.
Lawrence und Lee, die Tante Mame für die Bühne übertragen haben, haben überdies die traurigen Passagen geschröpft und das Ganze gestrafft:
Im ersten Akt bewahrt Patrick Tante Mame vor der Falle des Hedonismus und dem Abschaum der 20 er Jahre und gibt ihrem Leben einen Mittelpunkt. Im zweiten Akt kehrt sich das Ganze um, und Tante Mame bewahrt Patrick davor, in die Falle des Spießertums zu tappen. (Robert E. Lee, in Richard Tyler Jordan But Darling, I’m Your Auntie Mame, Capra Press, 1998 )
Die beiden haben die Figur der Vera Charles weiterentwickelt, die seitdem zu einem Leitbild der Comedy herangewachsen ist: Alkoholikerin und beste Freundin der Heldin. Von ihnen stammt auch die unsterbliche Zeile: » Das Leben ist ein Festmahl, und die meisten armen Teufel hungern sich zu Tode! Lebe! « Es wurde das Motto von Tante Mame und, was mich besonders freut, vieler Leser und Zuschauer.
Das Buch hatte einen großen Einfluss auf mein Leben. Auch wenn ich nie mit meiner Großtante nach Indien gereist bin, ein Festmahl war mein Leben allemal. Die Euphorie nach der Veröffentlichung des Buches an meinem ersten Geburtstag im Januar 1955 hat mich geprägt. Das Klappern von zwei Schreibmaschinen und das Anschlagsläuten eines zurückfahrenden Schreibmaschinenwagens schnürt mir noch heute die Kehle zu. (Dads graue Royal hatte immer einen Vorsprung vor der blauen Olivetti meiner Mutter.) Tante Mame hat mir auch zu Studienzeiten geholfen, wenn es um Frauen ging (und um die Quästur). Seit Patricks Tod 1976 , er starb im Bett meiner Mutter Louise (meine Eltern hatten sich nie scheiden lassen), lässt das Buch ihn wieder für mich auferstehen, als säße er im Zimmer und rauchte wie gewohnt eine Salem. Dad hätte sich gefreut, dass ich zufrieden war mit meinem » absolut glücklichen, durchschnittlichen Leben « , nach dem er sich immer gesehnt hatte, das zu führen er jedoch– obwohl er mich, Lousie und meine Schwester Betsy sehr geliebt hat– nicht in der Lage war.
Und so hat Tante Mame, trotz der strukturellen Schwächen, die Pat bereitwillig eingestand, bis ins einundzwanzigste Jahrhundert überlebt:
Eigentlich ist Tante Mame gar kein richtiger Roman. Vielmehr handelt es sich um eine Sammlung von etwa einem Dutzend Episoden, die in einem Zeitraum von etwa einem Dutzend Jahren an etwa einem Dutzend Orten spielen… Sowohl der Roman als auch das Theaterstück sind also gewissermaßen Missgeburten, aber so populäre Missgeburten, dass ihre übertriebenen
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