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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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habe Jim eine Schlinge aus Charme, Eifersucht und Berechnung gewebt, sie um meinen Hals gelegt und zugezogen. Er erwürgte mich mithilfe meiner eigenen Begierden, und ich wusste immer noch nicht, wie ich es anstellen sollte, zu Bronagh zu gehen und ihr von dem Ohrring zu erzählen. Beinahe war ich versucht, zwei Patronen in Aoifes hässliche Flinte zu stopfen und die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
    Eines Morgens, als ich gerade Geschichtsunterricht gab, brachte Finbar den Stein von ganz alleine ins Rollen.
    »Wo ist sie?«, hörte ich ihn im Schulflur brüllen. Sogar Mary Catherine zuckte zusammen. »Lassen Sie mich los! Ich muss mit ihr reden! Fiona! Du kannst dich vor mir nicht verstecken!«
    Die Tür flog auf, und ich sah eine Version meines Exfreundes, die ich bis dato nie für möglich gehalten hätte.
    Sein Hemd sah aus, als habe er darin geschlafen, und seine Krawatte hing schief zur Seite. Er taumelte in mein Klassenzimmer und stank nach teurem Whiskey. Außer Mary, die an dem Pult direkt vor meinem Schreibtisch blieb, das sie sich erbittert erkämpft hatte, wichen alle Schüler ans hintere Ende des Raumes zurück.
    »Wie kannst du mir das antun?«, brüllte Finbar. »Finbar, wovon in aller Welt ... «
    »Du lässt zu, dass dein verfluchter streunender Stecher bei deiner Tante einzieht? Und setzt dich jeden Freitag zum Essen mit ihm an den Tisch? Kannst du dir vorstellen, was die Leute über mich sagen?« Seine Stimme brach, und er schluchzte auf.
    »Das hat überhaupt nichts mit dir zu tun«, sagte ich. »Bitte geh jetzt. Du machst den Kindern Angst.«
    »Mir nicht«, sagte Mary Catherine, die ihr Pult mit beiden Händen festhielt, als fürchte sie, Finbar wolle es ihr stehlen. Ihr Gesicht war eine Maske trotzigen Ärgers.
    »Halt den Mund, Mary Catherine«, fuhr ich sie an. Endlich.
    Wie lange hatte ich mir das gewünscht. Aber ich hatte Finbar eine Sekunde lang aus den Augen verloren, und als Nächstes spürte ich seine Faust im Gesicht. Die Wucht des Schlages schleuderte mich durch das halbe Zimmer, und ich brach inmitten von Schreibpulten und kreischenden Kindern zusammen.
    Als Bronagh und ihre Kollegen auftauchten, sah ich grauenhaft aus. Meine Wange war geschwollen, der kleine David heulte, und die ganze Schule war in Aufruhr.
    »Möchtest du Anzeige erstatten? «, fragte Bronagh, der ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten offenbar leid tat. Ich sah, wie ihr übellauniger Sergeant Finbar festhielt und ihm grimmig etwas ins Ohr flüsterte. Finbar nickte schluchzend, von seiner Nase tropfte Rotz auf seine teuren italienischen Schuhe.
    »Nein, vergiss es«, sagte ich voller Schuldbewusstsein. Bronagh schien meine Entscheidung gutzuheißen, denn sie steckte ihren Block ein und klopfte mir im amerikanischen Stil auf die Schultern, was so viel hieß wie: Du bist schon in Ordnung. Mrs. Gately, die mir gerade erst wieder gewogen gewesen war, gab mir den Rest des Tages frei. Ihr verkniffenes Lächeln zeigte mir, dass ich wieder ganz von vorne anfangen musste, nachdem ich mit meinem liederlichen Lebenswandel ihre ganze Schule ins Chaos gestürzt hatte.
    Ich schlief den ganzen Nachmittag lang wie ein Stein. Aoife und Rosie wollten mich zum Abendessen besuchen, aber nur meine Grufti-Schwester kam pünktlich und hielt mir eine Flasche billigen Rotwein vor die Nase wie ein Baby, das sie aus einem Waisenhaus befreit hatte. Wir tranken sie während des Kochens und rauchten dabei eine halbe Schachtel Kippen leer. Um neun war Aoife noch immer nicht da und auch über ihr Handy nicht zu erreichen.
    »Ich habe vorher ihr Auto gesehen«, sagte Rosie. »Es stand heute den ganzen Tag vor ihrem Haus, und sie hat heute Abend keine Fahrt.«
    »Sie wird schon kommen.« Ich versuchte, die Sauce abzuschmecken und die Angst zu unterdrücken, die wie glühende Lava in mir aufwallte. »Wahrscheinlich hat sie sich einen neuen Lover zugelegt.«
    »Das wird es sein«, sagte Rosie und blickte plötzlich traurig drein. »Ich vermisse Evi«, sagte sie schmollend. »Aber sie kommt nächste Woche.«
    Nach Mitternacht begann sogar Rosie, sich Sorgen zu machen.
    Sie hatte Aoife mehrere SMS geschickt, aber keine Antwort bekommen. Das war noch nie passiert, selbst wenn ihr Zwilling im Liebesrausch gewesen war. Also radelten wir zu ihr und traten rasend schnell in die Pedale, denn wir beide waren von einer Unruhe erfüllt, die wir einander nicht mitzuteilen wagten. Jims Warnung lag wie ein schwarzer, kalter Diamant in meiner Magengrube und bekam

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