Darling Jim
erfahren hatte, bekam ich diese Nacht auf meinem Fußboden einfach nicht aus dem Kopf.
»Du bist ziemlich undankbar, weißt du das?«, sagte er mit gleichmäßiger Stimme, die nicht einmal bedrohlich klang. »Der alte Tomo und ich hatten ein lukratives Geschäft laufen. Und dann musst du uns diesen verdammten Berg hinauffolgen und uns dabei beobachten. Du kannst ihm kaum vorwerfen, dass er dich wie einen Truthahn tranchieren wollte, oder? Mal ehrlich.«
»Ihr habt Sarah McDonnell getötet«, flüsterte ich. »Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
Er beugte sich über meine Schulter, seine Wolfszähne blitzten auf, und ich wusste, dass er nur der schwarzen Musik in seinem eigenen Kopf lauschte. »Ich habe Tomo wegen deiner blauen Augen erledigt, ist dir das klar? Er wollte dich und deine Schwestern abmurksen und euch in irgendeinen Graben werfen. Ließ sich nicht davon abbringen. Also habe ich sein Gesicht mit einem Hammer bearbeitet. Frag mich nicht, wieso. Vielleicht werde ich auf meine alten Tage sentimental. Oder du warst ohne Rock einen Tick besser als die meisten anderen Weiber.« Sein Lächeln wurde breiter, und seine Stimme klang geradezu sanft, als er mir ins Ohr flüsterte. »Aber eines verspreche ich dir. Es passt mir gut in den Kram, mich unter den Röcken deiner Tante Moira zu verstecken und die Gardai an der Nase herumzuführen. Wenn du mir dieses kleine Arrangement versaust und zum Beispiel noch einmal mit deiner guten alten Freundin Bronagh redest, dann nimmt eine von euch dreien ein böses Ende.« Er strich mir mit einer beinahe freundlichen, beruhigenden Geste über den Nacken. »Also entspann dich. Wir werden eine Menge Spaß miteinander haben.«
Ich wollte ihn gerade fragen, wie viel Spaß Mrs. Holland gehabt hatte, als er sie zu Tode gewürgt hatte, da kam Tante Moira ins Zimmer. Sie trug ihr kürzestes Kleid und wollte die leeren Teller abräumen.
»Was tuschelt ihr zwei denn da?«, fragte sie scherzend, sah mich aber misstrauisch an, denn sie erinnerte sich nur zu gut daran, wo Jims Piepmatz gewesen war, bevor er sich für sie entschied.
»Wir reden nur Unsinn, Liebling«, sagte er, drehte sich langsam um und küsste sie auf den Hals. Ich konnte geradezu spüren, wie sie entzückt erschauerte. »Darüber, dass ich keinen anderen Mann in deine Nähe lassen werde.«
Das war eine so offensichtliche, plumpe Lüge, dass ich überzeugt war, sogar Moira würde merken, was sich hinter Jims sanfter Stimme und seinem breiten Lächeln verbarg. Aber sie kuschelte sich nur selig in seine Arme, während ich das Tablett mit dem Nachtisch holte. Sie war eine wahre Gläubige, und gegen eine solche Verblendung sind alle Beweise machtlos.
Gott möge mir vergeben, aber ich nahm Jims Drohungen nicht ernst und beschwor damit den Zorn eines schrecklichen Dämons herauf, der sich über eine der zwei Personen entlud, für die ich bald sterben werde. Zwei Tage lang dachte ich darüber nach, wie ich Bronagh über Jim aufklären konnte, ohne dass sie mich auf der Stelle einsperren ließ und ohne sein Misstrauen zu erregen.
Aber er hatte noch ein Ass im Ärmel. Wie schon gesagt, war er immer einen Schritt voraus. Als meine Schwestern und ich einen Anruf von unserer Tante bekamen, die uns an einem gewöhnlichen Sonntagnachmittag zum Tee in einem Restaurant einladen wollte, wussten wir gleich, dass sie nicht das Menü für die folgende Woche besprechen wollte.
Tante Moira trug ihr bestes Angelina-Jolie-Kleid - schwarz, mit breitem Ledergürtel - und stakste in Stilettos herum, die schon beinahe obszön hoch waren.
An ihrem Finger glitzerte ein Diamant, der noch heller strahlte als ihre Augen.
»Wir wollten, dass ihr drei es als Erste erfahrt«, sagte sie mit gesenkter Stimme, als sei dies die großartigste Neuigkeit des Jahres. »Jim hat mich gebeten, seine Frau zu werden. In zwei Wochen werden wir in Sacred Heart heiraten.« Moira sah mich an und schürzte die Lippen. »Es ist ihm besonders wichtig, dass du dabei bist, Fiona.«
Du Mistkerl, dachte ich. Mir hatte es die Sprache verschlagen.
Natürlich ist dir das wichtig.
»Es wäre mir eine Ehre«, brachte ich schließlich heraus und nahm einen tiefen Schluck Rotwein. Unsere Tante lächelte, dankte uns und hinterließ den Kellnern ein großzügiges Trinkgeld. Dann schwebte sie aus dem Lokal. Meine Schwestern und ich zogen uns danach in McSorleys Bar zurück und versuchten, das Ganze mithilfe einiger Pints Starkbier zu verdauen. Ich fühlte mich, als
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