Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
richtungweisende Wirkung der Selektion. Für die Kritiker jedenfalls verbirgt sich hinter dem evolutionären Zufallsmoment nichts anderes als ein Mangel an Erklärungsfähigkeit. Wer könne denn wissen, ob hinter dem, was wir Zufall nennen, nicht eine intelligente Absicht stecke, die sich unserer Erkenntnis verschließt? Warum sollte es sich nicht um eine Gesetzmäßigkeit handeln, die unsere Forschung nicht entschlüsseln kann? Diese Möglichkeiten sind sicher nicht zu widerlegen. Über die Grenzen unserer Erkenntnisfähigkeit wurde ja ausführlich diskutiert. Im Falle einer „intelligenten Zufallssteuerung“ stellt sich allerdings die Frage, warum dann auch so viel Ausschuss oder zumindest „minderwertige Ware“ produziert wird. Aber angenommen, es stellt sich eines Tages wirklich heraus, dass da tatsächlich eine intelligente, göttliche Kraft oder nur eine unerklärbare Gesetzmäßigkeit existiert, welche steuernd auf das „zufällige“ Mutations- und Rekombinationsgeschehen einwirkt – welche Konsequenzen erwüchsen daraus für das Evolutionsmodell? Dessen Kernmechanismus, die unterschiedliche Chancenverteilung verschiedener Varianten im Wettstreit um Überlebensressourcen, bliebe von einer Nicht-Zufälligkeit ihrer Entstehung gänzlich unbeeinflusst. Für die Selektion, die Qualitätskontrolle, ist es unerheblich, ob ein vorgelegtes Werkstück leidenschaftslos zusammengeschustert oder erfolgsorientiert designt wurde. Hier zählt nur, wie gut es passt. Zu diskutieren, ob sich hinter dem, was der Mensch Zufall nennt, vielleicht doch irgendeine nicht detektierbare Absicht versteckt, mag philosophisch interessant sein, bringt uns naturwissenschaftlich aber keinen Schritt voran. Es ist im Grunde die schon von den antiken Denkern eifrig diskutierte Frage nach dem Vorhandensein einer Teleologie. Verlaufen Entwicklungen zweckgebunden auf einen zuvor (von wem auch immer) definierten Zielpunkt hin ab oder evolutioniert alles zweckfrei und ohne Zielvorgabe in variantenreicher Selbsttätigkeit mit völlig ungewisser Zukunftsperspektive? Welcher Einstellung man auch immer anhängen mag, der Zufall hat für uns stets etwas Geheimnisvolles und ist eine Vokabel, hinter der sich Unerklärbarkeit verbirgt. Das gilt für alle Bereiche unseres Lebens und wird unseren Intellekt wohl immer beschäftigen. Wie oft fragt man sich, kann denn das Zufall sein, wenn der Kauf neuer Schuhe mit dem sofortigen Tritt ins Hundeglück belohnt wird oder man sich ausgerechnet am Wochenende aus der eigenen Wohnung aussperrt, wo jeder Schlüsseldienst doppeltes Honorar verlangt. Die Natur des Zufalls wird ein Buch mit sieben Siegeln für uns bleiben. Dahinter das Wirken einer göttlichen Macht zu vermuten, wird nie beweisbar oder widerlegbar sein und daher eine reine Glaubenssache bleiben. Die Plausibilität der Evolutionstheorie wird von dieser Einstellungsfrage nicht tangiert. Darwins Modell steht sowohl mit einer atheistischen als auch mit einer gottesgläubigen Überzeugung im Einklang. Ein gottesfürchtiger Darwinist ist wahrlich kein wandelndes Paradoxon. Somit bleibt es bei der Erkenntnis: Das Evolutionsmodell ist mit dem Glauben an eine höhere Macht vereinbar, aber auch ganz ohne religiösen Hintergrund in sich schlüssig. Das Gegenmodell der Anti-Darwinisten verfügt nicht über diese Glaubensunabhängigkeit, sondern trägt klar religiöse Züge, auch wenn der Gottesbegriff anders ausgelegt wird als in den bekannten Religionen. Die Voraussetzungen, als Wissenschaftsmodell akzeptiert zu werden, sind jedoch in keiner Weise erfüllt, da man auf fassbare Belege gänzlich verzichtet und vorliegende Indizien ignoriert. Damit bleibt es ein reiner Glaubensansatz, der sich nur durch eine besondere Vorstellung von der Form der göttlichen Kraft auszeichnet. Im Vergleich zur kreationistischen Auffassung ist es die Ersetzung von einmaliger durch permanente schöpferische Aktivität eines Gottes, der sich über das Tun der Lebewesen ausdrückt, um Evolution in Form aktiver Umweltgestaltung zu betreiben.
Teleologie versus Planlosigkeit
Auf die teleologische Problematik wurde ja im letzten Abschnitt kurz eingegangen. Dieses Gebiet ist spannend genug, ihm gerade im Hinblick auf die biologische Evolution ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Läuft die Entwicklung der Lebensformen auf ein zuvor festgelegtes Ziel, einen Endpunkt zu? Die Evolutionstheorie ist ein rein mechanistisches Modell, das zu dieser Frage keine Position bezieht, weil die
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