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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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sollte daher nicht permanent am Brodeln gehalten werden. Niemand kann heutzutage mehr leugnen, dass unsere Gene entscheidend bestimmen, was wir sind. Aufgrund der Wirkung der Selektion sind wir auch nicht rein zufällig so geworden. Diese Fakten müssen wir alle akzeptieren – auch die Evolutionsnegierer. Und bislang sind wir auch ganz gut damit gefahren. Die nach Kritikermeinung vom Darwinismus verschuldeten oder zumindest forcierten Grausamkeiten werden mit Sicherheit kein Fünkchen an Umfang und Stärke verlieren, wenn wir uns vom Deszendenzmodell verabschieden. Kriege hat es leider seit Menschengedenken immer gegeben, paradoxerweise besonders heftig im Namen der Kirche und lange, bevor ein englischer Naturforscher in ketzerischer Weise das göttliche Schöpfungsmonopol infrage stellte. Keine der von uns ebenfalls als grausam bewerteten innerartlichen Tötungen in tierischen Biozönosen ist im Wesen mit den durch persönliches Machtstreben gesteuerten menschlichen Gewaltkonflikten vergleichbar. Es ist völlig unerheblich, an wen oder was zu glauben der Mensch vorgibt, eine Begründung für sein Handeln wird er immer (er)finden – auch ohne Darwin, den lieben Gott, Allah oder wen auch immer.
Oder liegt’s am Da …? – Dawkins egoistische Gene
    Den englischen Zoologen Richard Dawkins verbindet nicht nur eine buchstäbliche bzw. phonetische Namensähnlichkeit mit dem Begründer der Evolutionstheorie. Auch im Geiste sind die Übereinstimmungen groß. Als unbedingter Befürworter einer Evolution im Sinne Darwins hat sich Dawkins – im Hauptberuf Zoologieprofessor in Oxford – als phantasievoller Wissenschaftsautor einen Namen gemacht. Sein „
Blinder Uhrmacher
“ (1986) und „
Das egoistische Gen
“ (1976) sind Standardwerke der Evolutionsliteratur. In metaphorischen Gedankenspielen liefert Dawkins hier eindrucksvolle Plädoyers für den Darwinismus. Absolut lesenswert – ein Muss für jeden evolutionsbiologisch Interessierten.
    Nach allem, was Sie, verehrter Leser, in den vorausgegangenen Kapiteln erfahren haben, wird es Sie kaum mehr verwundern, dass auch Dawkins’ Publikationen die Kritiker auf den Plan rufen. Insbesondere „
Das egoistische Gen
“ kommt ihnen gerade recht, ihre eigentümliche Interpretation eines auf den Egoismus fokussierten Darwinismus zu untermauern: „Na bitte – ein bekennender Darwinist proklamiert den Egoismus!“ Allerdings sehen die Kritiker in Dawkins’ „selfish gene“ eine völlig abstruse, geradezu utopische Form der Selbstsucht, die in ihren Augen einzig dem Zwecke dient, ein allzu offensichtliches Leck in Darwins Modell zu kitten. Was Dawkins mit seinem Gedankenspiel – die Kritiker sprechen abschätzig von Hirngespinnst – angeblich im Schilde führt, erfahren Sie gleich. Falls Sie „
Das egoistische Gen
“ noch nicht gelesen haben, zunächst ein kurzer Abriss von Dawkins’ Idee. Im klassischen Evolutionsmodell wird der Überlebenskampf logischerweise von lebenden Organismen geführt. Diese müssen sich bewähren, ihre Fitness unter Beweis stellen. Die Selektion greift also an den Phänotypen, dem lebendigen Erscheinungsbild, den Lebensäußerungen an. Wie Darwin noch nicht wusste, uns aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt ist, werden die Phänotypen (Darwins Varietäten) durch die Gene bestimmt. Unterschiedliche Ausprägungen eines äußeren Erscheinungsbildes haben ihre Ursache also in verschiedenen Spielformen der Gene. Beispielsweise beruhen unsere verschiedenen Haarfarben – des Coiffeurs Kunstgriffe einmal ausgenommen – auf kleinen Unterschieden in der Bausteinsequenz jener DNA-Bereiche, welche die Information für die Kolorierung unserer Haare enthalten. Und so gibt es für alle erblichen Eigenschaften, ob Hautfarbe, Form der Zehennägel, Motorik, Grundintelligenz oder Größe der rechten Ohrmuschel, verschiedene Spielformen der verantwortlichen Gene. Man bezeichnet solche Varianten desselben Gens als allele Gene oder kurz Allele. Es gibt also Allele für blonden und schwarzen Kopfschmuck, für angelegte und Segelohren, für eher athletischen oder asthenischen Körperbau 17 usw. Sie alle sind im Laufe der Evolution durch vielfache Mutationen und Rekombinationen einer jeweiligen Urform entstanden. Richard Dawkins entwirft nun ein ausdrücklich metaphorisch gedachtes Konkurrenzszenario auf Ebene der Gene. Die Allele konkurrieren quasi um die Ausprägung im Phänotyp. Dawkins verschiebt damit den Überlebenskampf, das „survival of the

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