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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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das komplette Merkmalsspektrum Schwächen ausgleicht.
    Um etwas konkreter zu werden, kehren wir zum Rad schlagenden Pfau zurück, dem so gern gewählten „Zielobjekt“ der Anti-Darwinisten, die Unlogik der Evolutionstheorie zu demonstrieren. Sicher ist das prächtig aufgefächerte Schwanzfederkleid nicht eben eine Tarntracht, die Tigern und Leoparden die Beutefindung erschwert. Wer jedoch weitsichtig genug ist, die auffällige Balz nicht isoliert zu betrachten, sondern Sozialverhalten und Lebensrhythmik der farbenfrohen Fasanenvögel in seine Beurteilung miteinzubeziehen, wird erkennen, dass das Radschlagen keine dem natürlichen Überlebens-Selektionsdruck entgegenwirkende Selbstmordstrategie ist. Vielmehr handelt es sich um einen für die Optimierung der Fortpflanzung wichtigen Faktor, der durch verschiedene, ihrerseits einem ständigen Verbesserungsdruck unterworfene Kooperationsmaßnahmen geschützt und gestützt wird. Die durch das auffällige Rad durchaus erhöhte Gefahr des Gefressenwerdens wird durch folgende in der Evolution entwickelnde Schutzmaßnahmen minimiert:
    Natürlicher Lebensraum: Der wild lebende Pfau ist in Indien beheimatet. Er bevorzugt den dichten Dschungel in hügeligem, möglichst mit Wasserstellen versorgtem Gelände. Hier ist er recht gut gegen Raubtiere (Tiger, Leoparden) geschützt.
    Tagesrhythmik: Nur frühmorgens und abends verlassen die Fasanenvögel das schützende Dickicht des Urwaldes, um im freien Feld nach Nahrung zu suchen. Einzig in diesen eng begrenzten Zeiträumen setzen sie sich einem erhöhten Risiko des Raubtierangriffs aus. Die Balz, das Aufstellen des Rades und der Paarungsakt finden stets im dichten Dschungel statt, sodass kein hungriger Räuber auf die „exhibitionistische“ Präsentation eines Pfauenmännchens im offenen Gelände hoffen darf.
    Sozialverhalten: Pfauen bilden feste Familienverbände. Eine erhöhte Aufmerksamkeit der Gruppenmitglieder während der Balzzeit trägt erheblich zum Schutz der Rad schlagenden Männchen bei. Die schrillen Warnrufe helfen auch anderen Dschungelbewohnern vor drohenden Raubtierangriffen.
    Nachwuchs: Ein Pfauenhahn „beglückt“ bis zu fünf Weibchen, von denen jedes im Schnitt drei bis fünf Eier legt. Die Brutzeit beträgt nur 28 Tage, sodass für ausreichend Nachwuchs gesorgt ist. Durch ein relativ langsames Wachstum stehen die Küken verhältnismäßig lange unter der schützenden Obhut der Hennen. Dadurch ist die „Kindersterblichkeit“ recht niedrig. Durch diese günstigen Juvenilbedingungen können die natürlichen Verluste durch Raubtierangriffe zahlenmäßig ausgeglichen werden, sodass einerseits der Pfauenbestand nicht gefährdet wird und andererseits kein Ungleichgewicht in der Nahrungskette entsteht.
    Kurze Balzphasen: Da sich Pfauenhähne nicht ganzjährig in voller, Rad schlagender Mannespracht ihren Damen präsentieren, sondern ihre lustvolle Balz auf die Regenzeit beschränken, gibt es ein enges Zeitfenster für das erhöhte Gefährdungspotenzial.
    Natürlich bieten all diese Maßnahmen keinen verlässlichen „Rundumschutz“. Immer wieder werden Pfauen von Raubtieren erlegt und tragen – so hart es klingen mag – zu deren Überleben bei. Aber genau das macht das Wesen des multispezialen (Über)Lebens, also der Koexistenz verschiedener Arten im gleichen geografischen Raum aus – auch von Räuber und Beute. Es geht um die Einstellung eines biologisch sinnvollen Gleichgewichtes, dass über die Regelung von Sterbe- und Geburtenraten aller Parteien ein „steady state“ gefunden wird, welches allen Beteiligten das Überleben sichert. Gerät dieser Zustand aus den Fugen – dies kann de facto durch Änderung jedes Milieufaktors (z. B. Klima, Migrationen, Meteoriteneinschläge) verursacht sein –, bleiben womöglich eine oder mehrere Arten auf der Strecke. Bei Pfau und Tiger/Leopard ist dies bislang nicht geschehen, bei den Sauriern dagegen schon.
Lebende Fossilien – Selektion außer Kraft?
    Im Januar 2007 gingen einzigartige Aufnahmen eines Kragenhais (Chlamydoselachus anguineus) durch unsere Medien. Japanischen Meeresbiologen war das unerwartete Forscherglück widerfahren, den urtümlichen Tiefseehai bei einem seiner äußerst seltenen „Auftritte“ zu filmen. Eine Gruppe von Anglern hatte den ihnen unbekannten Knorpelfisch im seichten Küstengewässer entdeckt. Die Besonderheit dieses Meeresbewohners: sein Alter. Nicht das individuelle Alter dieses zum „Fernsehstar“ avancierenden Prachtexemplars

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