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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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ostafrikanischen und mittelamerikanischen Buntbarsche werden seit längerer Zeit sehr eingehend von der Arbeitsgruppe um Professor Axel Meyer von der Universität Konstanz untersucht. Diese Buntbarsche zeichnen sich heute durch eine enorme Artenvielfalt und eine geradezu explosive Artaufspaltung aus: Insgesamt gut 150 Gattungen mit über 1500 (!) Arten, davon mindestens 700 allein in den drei ostafrikanischen Seen umfasst die Cichliden-Familie und ständig werden es mehr. Allein im Tanganjikasee (250–300 Arten) leben mehr Buntbarschspezies, als es Fischarten in allen Süß- und Salzwasserhabitaten in ganz Europa gibt (gut 200). Wenn das keine evolutive Erfolgsgeschichte ist! Im Vergleich zu den Darwin’schen Galapagos-Finken (14 Arten in ein bis fünf Millionen Jahren entstanden) ist diese Artenfülle und auch die Evolutionsgeschwindigkeit geradezu exorbitant. Die langjährigen Forschungen unter Einsatz von modernen Analyseverfahren (Owen et al. 1990; Johnson et al. (1996), Stiassny & Meyer, 1999) liefern nämlich deutliche Belege, dass sich die Bildung neuer Arten bei den Buntbarschen der ostafrikanischen Seen innerhalb weniger Tausend, vielleicht sogar nur einiger Hundert Jahre vollzog. Das sind völlig andere Größenordnungen, als die bislang für evolutionäre Wandelprozesse angenommenen Megazeiträume im Jahrmillionenbereich. Zwar überschreiten auch diese kurzen Zeiträume ein normales humanes Lebensalter, sodass ein direktes Miterleben eines Artbildungsprozesses kaum möglich ist. Das Team von Professor Axel Meyer ist diesem Glücksmoment allerdings recht nahegekommen. In einem kleinen Kratersee im mittelamerikanischen Nicaragua, der weniger als 20 000 Jahre alt ist, fanden die Wissenschaftler eine neue Buntbarschart, die einzig in diesem fünf Kilometer im Durchmesser ausmachenden „Tümpel“ vorkommt. Mit verschiedenen molekulargenetischen und anderen Methoden ließ sich nachweisen, dass der Vorfahre dieser Spezies auch nur in diesem Kratersee gelebt hat. Demnach muss auch die neue Art in diesem Gewässer entstanden sein, und zwar innerhalb von weniger als 10 000 Jahren, das sind 10 000 Generationen – in evolutiven Dimensionen wahrlich ein „Klacks“. Wir können heute davon ausgehen, dass Artbildung nicht notwendigerweise ein Millionenjahresprozedere ist, sondern sich durchaus in Intervallen abspielen kann, die von modernen molekularbiologischen/paläontologischen Untersuchungsmethoden erfassbar sind.
    Wie „schnell“ sich genetische Variationen (Mutationen) als Adaptationen an besondere Umwelt- oder Lebensbedingungen manifestieren können, beweisen auch einige menschliche Mutanten 9 . Die dauerhafte Verankerung von der Selektion begünstigter Merkmalsänderungen im Erbgut, die fortan der Nachkommenschaft mit auf den Lebensweg gegeben werden, lässt sich gut an zwei Beispielen demonstrieren. Diese mögen sich besonders jene Kritiker verinnerlichen, die es für unter ihrer Würde halten, sich von einem „
plumpen Antikbiologen aus der Postkutschenzeit
“ den der Formenvielfalt zugrunde liegenden Mechanismus erklären zu lassen.
    Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind im Zeitalter von Zusatz- und Konservierungsstoffen ein hochaktuelles Thema, das für eine ständig steigende Zahl von Betroffenen an Brisanz gewinnt. Dabei sind keinesfalls immer allergische Reaktionen (überschießende Autoimmunantworten gegen körpereigene Strukturen) die Ursache. Es gibt auch genetisch determinierte Überempfindlichkeiten. Populäres Beispiel ist die
Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit)
, die auf einem Mangel an dem Milchzucker spaltenden Verdauungsenzym
Laktase
beruht. Der moderne Mensch ist das einzige Säugetier, auf dessen Speiseplan (in einigen Teilen der Welt) die Milch anderer Säuger steht. Andere Tiere tun dies in freier Wildbahn nicht, und auch unsere sammelnden und jagenden Vorfahren hatten Kuh und Ziege noch nicht als Energie-, Eiweiß- und Calciumlieferanten in flüssiger Form für sich entdeckt. Ein zeitlebens aktives Milchzucker spaltendes Enzym machte somit beim Urmenschen keinen Sinn. Einzig in der Säuglingsphase war zur Muttermilchverwertung eine ausreichende Laktaseproduktion wichtig. Danach wäre die weitere Synthese reine Energieverschwendung gewesen. Im Evolutionsjargon gesprochen heißt das: Ein Selektionsdruck zur Erhaltung eines lebenslang aktiven Laktasegens bestand nicht. Es war vielmehr ökonomisch, im genetischen Programm der Frühmenschen einen Produktionsstopp für

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