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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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wissenschaftliche Erklärungsmodell überhaupt.
Die Kunst, ein Populist zu sein
    „Sagt mir, was ihr hören wollt, und ich weiß, was ich euch erzählen muss.“ So in etwa lässt sich die Taktik populistischer Politiker umschreiben, wenn es in heißen Wahlkampfphasen darum geht, Volkes Stimme für sich zu gewinnen. Was dann an realen Taten folgt, sieht nur allzu oft ganz anders aus. Diese Erkenntnis ist Ihnen, verehrter Leser, sicher nicht neu. Doch werden Sie sich fragen, was hat das mit Darwin oder Evolution zu tun? Sie haben recht, eigentlich gar nichts. Zumindest denkt das jeder, der ernsthaft daran interessiert ist, sich auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse mit den Mechanismen der Entwicklung biologischer Organismen auseinanderzusetzen. Die Mitglieder der Anti-Darwin-Fraktion ticken hier offenbar anders. Aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer werden Charles Darwin persönlich höchst populistische Motive unterstellt. Er habe die Bevölkerung hinters Licht zu führen versucht, um dem eigenen „Kunstwerk“ unter Vertuschung aller angeblich so zahlreichen Ungereimtheiten die ihm Ruhm einbringende Anerkennung zu verschaffen. Ganz davon abgesehen, dass er mit dieser Strategie allenfalls die Lesenden oder genauer gesagt den damals im „niederen Volk“ vergleichsweise kleinen Anteil derer erreicht hätte, die lesen konnten – Darwin ein selbstsüchtiger Populist? Lebende Zeitgenossen, die uns diesbezügliche Fragen beantworten könnten, sind heute nicht mehr anzutreffen – schon gar nicht unter seinen Gegnern. Aber nach allem, was uns authentische Überlieferungen und Biografien übermitteln, galt Darwins aufrichtiges Interesse seit frühester Kindheit der Natur. Vom jugendlichen Kleintiersammler und Hobby-Ornithologen zum weltreisenden Naturforscher mit Leib und Seele, ausgestattet mit einem ausgezeichneten Beobachtungssinn und hinterfragender Kombinatorik. Nichts in Darwins Vita deutet auf eine egoistische Volksverdummungskampagne hin. Darwins ruhelose Kritiker fingieren hier einen persönlichen Affront, vergleichbar einem Tiefschlag in die schmerzhaftesten Regionen der männlichen Anatomie. Fassbare Belege, die diese unfaire Attacke zumindest im Ansatz rechtfertigen könnten? Fehlanzeige – wie üblich! Die Fiktion sieht folgendermaßen aus: Darwin war ein gewiefter Taktiker, der bewusst den Finger in die „Zeitgeistwunde“ legte und inspiriert von den gesellschaftsphilosophischen Ideen eines Thomas Robert Malthus die im viktorianischen England herrschenden Gesellschaftsverhältnisse eins zu eins auf die Natur übertrug. Sein Ziel war es, dem weiten Auseinanderklaffen der sozialen Schere, der Verbreitung von Armut und der Rechtmäßigkeit von Knechtschaft einerseits sowie von Reichtum und Macht andererseits, den Anschein einer naturgegebenen Gesetzmäßigkeit zu verleihen: „Gräme Dich nicht, wenn Du ein Looser bist, ein armer Sklave und Analphabet. Du gehörst halt zufällig zu den weniger
fitten
. Die Natur sieht das so vor – Aufstand zwecklos!“ Dass Darwin selbst zu den wohlsituierten „Winnern“ des Überlebenskampfes zählte, sei ebenso zufällig und naturgegeben. Hunger, Armut und Knechtschaft versus Macht und Vermögen in der englischen Gesellschaft – Nahrungsmangel, Wohnraumnot und Fortpflanzungshemmung versus Kampfkraft, Vernichtungsinstinkt und Nachwuchsüberschuss im Tier- und Pflanzenreich. So läuft’s – das ist Natur. „Die einen singen – die anderen springen!“ Der Zweck dieser Strategie wäre somit klar: Erhaltung des eigenen Wohlstandes und Erstickung jeglichen aufkommenden Volksunmutes, der den eigenen Status hätte gefährden können.
    Mit dieser „Eigensicherungs-Kampagne“ habe es Darwin geschickt angestellt, sich selbst aus dem Fadenkreuz von Volkes Neid und Zorn zu flüchten – gerade so, als ob die brodelnde Unterschicht den materiell sorgenfreien Naturforscher als Hauptschuldigen allen gesellschaftlichen Übels auserkoren und ihn als lohnenswertes Ziel ihrer Attacken gewählt hätte. Eine wahrlich abstruse Idee, die den sozialpolitischen Einfluss von Darwins wirklichem Schaffen völlig fehl- und überbewertet. Sicher hat sich Darwin auch für die gesellschaftsökonomischen Ideen eines Thomas Malthus interessiert und ebenso sicher hat es später den verbrecherischen „Verdrehungsabusus“ in Form der nationalsozialistischen Eugenik, der mörderischen „Rassenghygiene“ gegeben. Aber daran trägt Darwin nicht den Hauch einer Mitschuld. Auch

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