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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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ist ein weit verbreitetes Dilemma in der Wissenschaft: entweder veröffentlichen und verdammt werden oder nicht veröffentlichen und zusehen, wie ein anderer einem zuvorkommt. Man kann die Urheberschaft an einer wahrlich revolutionären Idee oder ein ruhiges Leben haben, aber nicht beides. Darwin war vorsichtig in Bezug auf die Öffentlichkeit und fürchtete, er könne der Kirche schaden, wenn er seine Ansichten in Druck gäbe. Doch nichts bringt einen Wissenschaftler mehr auf Touren als die Furcht, ein anderer könne ihm am Ziel um Haaresbreite zuvorkommen. In diesem Fall war dieser Jemand Alfred Russel Wallace.
    Wallace war ebenfalls ein viktorianischer Forscher mit lebhaftem Interesse an Naturgeschichte. Hauptsächlich deshalb, weil er sie verkaufen konnte. Anders als Darwin gehörte er nicht zu den ›besseren Kreisen‹ und verfügte über kein unabhängiges Einkommen. Er war der Sohn eines mittellosen Rechtsanwalts* [* Ja, wir wissen, dass das unwahrscheinlich klingt, aber anscheinend kommt so etwas vor.] und im Alter von vierzehn Jahren von einem Baumeister in die Lehre genommen worden. Er verbrachte seine Abende damit, dass er kostenlosen Kaffee im Haus der Wissenschaft unweit der Tottenham Court Road in London trank. Das war eine sozialistische Organisation, die sich der Abschaffung des Privateigentums und dem Sturz der Kirche verschrieben hatte. Wallace’ Erfahrungen in seiner Jugend waren linken politischen Ansichten förderlich. Er finanzierte seine Reisen selbst und verdiente sich den Lebensunterhalt, indem er die gesammelten Exemplare verkaufte – Schmetterlinge, Käfer (eintausend beschriftete Exemplare pro Kasten verlangten die Händler* [* Wie gut, dass Gott solch eine Vorliebe für Käfer hat.]), sogar Vogelbälge. 1848 ging er auf Sammelexpedition zum Amazonas, 1854 zum malaiischen Archipel. Dort, auf Borneo, suchte er Orang-Utans. Der Gedanke, dass die Menschen irgendwie mit den Menschenaffen verwandt seien, köchelte im kollektiven Unterbewussten vor sich hin, und Wallace wollte ein Wesen untersuchen, das sich für die Rolle eines Vorfahren des Menschen eignete.* [* Seine Eignung als Bibliothekar war damals nicht allgemein anerkannt.] Eines betrüblichen Tages auf Borneo, als draußen ein tropischer Monsunregen tobte und Wallace im Haus festsaß, stellte er einen kleinen wissenschaftlichen Artikel zusammen, der ein paar bescheidene Gedanken umriss, die ihm gerade in den Sinn gekommen waren. Der Artikel erschien schließlich in den Annalen und Zeitschrift für Naturgeschichte , einer ziemlich gewöhnlichen Publikation, und handelte von der ›Einführung‹ von biologischen Arten. Lyell, der von Darwins heimlichem Interesse an diesen Dingen wusste, wies ihn auf den Artikel hin, und Charles las ihn. Dann schrieb ein anderer regelmäßiger Briefpartner Darwins, Edward Blyth, aus Kalkutta mit derselben Empfehlung. »Was halten Sie von Wallace’ Artikel in den Ann Z. Ng.? Gut! Insgesamt!« Darwin hatte Wallace getroffen, kurz bevor jener zu einer seiner Expeditionen aufbrach – er erinnerte sich nicht, zu welcher –, und sah, dass der Artikel in den Annalen Nützliches über die Beziehungen zwischen ähnlichen Arten zu sagen hatte. Insbesondere zur Rolle der Geographie. Doch davon abgesehen hatte er den Eindruck, der Artikel enthalte nichts Neues, und machte in diesem Sinn einen Eintrag in seine Notizbücher. Jedenfalls schien es Darwin, dass Wallace von Schöpfung sprach, nicht von Evolution. Trotzdem schrieb er an Wallace und ermutigte ihn, an der Entwicklung seiner Theorie weiterzuarbeiten.
    Das war ein Richtig Schlechter Einfall.
    Ermutigt von Lyell und anderen, die ihn nun warnten, andere könnten ihm den Gewinn wegschnappen, wenn er zu lange zögere, schrieb Darwin immer ausgefeiltere Essays über die natürliche Auslese, konnte sich aber immer noch nicht zu einer Veröffentlichung entschließen. Das alles änderte sich augenblicklich im Juni 1858, als der Postbote eine Bombe in Darwins Briefkasten warf. Es war eine Sendung von Wallace mit einem auf den Molukken abgeschickten zwanzigseitigen Brief. Wallace hatte Darwins Rat beherzigt. Und er war auf eine sehr ähnliche Theorie gekommen. Eine wirklich sehr ähnliche.
    Eine Katastrophe. Darwin erklärte, sein Lebenswerk sei ›zerschmettert‹. »Ihre Worte haben sich gewaltig bewahrheitet«, schrieb er an Lyell. Je länger er den Brief von Wallace las, umso näher schienen ihm dessen Ideen den eigenen zu sein. »Wenn Wallace meine

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