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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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hielt dich für verrückt – oder war einfach schockiert, dass du noch am Leben warst, was sie – na ja – zu einer Art Ehebrecherin stempelte. Sie redete nicht gerne von dir, auch nicht, als er sie längst verlassen hatte.«
    »Dieser Colin Watson, meinst du?«
    »Ja.«
    »War er gut zu dir?«
    »Er war kein schlechter Mensch. Er war eben nicht glücklich. Vielleicht stand er in deinem Schatten. Vielleicht taten wir das alle drei.«
    »Er hat sie verlassen?«
    »Nach ein paar Jahren. Aber wir kamen zurecht.«
    »Wie ist Caroline gestorben?«
    »Grippe, in dem Jahr war es besonders schlimm. Nichts Dramatisches, sie hat sich einfach… nicht mehr erholt.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Du hast sie geliebt, oder?«
    »Ja.«
    »Aber du hast dich nie blicken lassen.«
    »Ich hätte euch kein Glück gebracht.« Eher das Gegenteil, dachte Guilford. Siehe Abby. Siehe Nick. »Was hast du vor? Du darfst kein Wort von alledem veröffentlichen. Das ist dir hoffentlich klar.«
    »Ich mag ja sterblich sein, aber ich bin nicht machtlos. Tom meint, in den Staaten gäb es Arbeit für mich. Nichts Gefährliches. Nur beobachten. Den Leuten berichten, was ich sehe.«
    »Du setzt dein Leben aufs Spiel.«
    »Wir haben Krieg«, sagte Lily.
    »Tokio hält das nicht mehr lange durch.«
    »Nicht der Krieg. Du weißt, was ich meine.«
    Den Krieg im Himmel. Psileben, das Archiv, das geheimnisvolle Herz der Weltmaschine. Jahre der Vergeblichkeit schäumten in ihm auf. »Um deinetwillen, Lil, halt dich da raus. Geister, Götter und Dämonen – das ist ein Albdruck aus dem finstren Mittelalter.«
    »Eben nicht!« Ihr Blick war umwölkt. Ein bisschen wie bei Nick. »John Sullivan hatte Recht: Es ist kein Albtraum. Wir leben in einer richtigen Welt – auch wenn sie vielleicht nicht das ist, was sie zu sein scheint, aber sie ist real und sie hat eine reale Geschichte. Was mit Europa passiert ist, das war kein Wunder. Es war ein Angriff.«
    »Also sind wir Ameisen in einem Ameisenhaufen und irgendjemand ist auf die Idee gekommen, ihn breitzutreten.«
    »Wir sind keine Ameisen! Wir sind denkende Wesen…«
    »Was immer das heißt.«
    »Und wir können uns zur Wehr setzen.«
    Er erhob sich steifbeinig. »Ich habe eine Familie. Ich habe einen Sohn. Ich möchte mein Atelier betreiben und mein Kind großziehen. Ich möchte keine Hundert werden. Ich möchte nicht gevierteilt werden.«
    »Aber du gehörst zu den Pechvögeln«, sagte Lily sanft. »Du hast keine Wahl.«
     

     
    Guilford wünschte sich nichts mehr als die Zeit zurückdrehen zu können, so lange bis alles wieder im Lot war. Abby und Nick und der Photoladen und das Haus auf der Landspitze sollten wieder so sein wie immer, Status quo ante, die Illusion, die er so inbrünstig geliebt hatte.
    Er buchte ein Zimmer im Oro Delta. Er zahlte bar und benutzte einen falschen Namen. Er brauchte Zeit zum Nachdenken.
    Abbys Vetter wohnte außerhalb von Palaepolis. Guilford rief bei Antonio an, um sich zu vergewissern, dass Abby und Nick wohlauf waren. Tony hob ab. Tony unterhielt einen kleinen Weinberg und besaß in der Nähe ein weitläufiges Backsteinhaus, in dem reichlich Platz war für Abby und Nick, auch wenn seine beiden Rangen die unumschränkten Herrscher waren. »Guilford!«, sagte Tony. »Was ist es denn diesmal?«
    »Diesmal?«
    »Zwei Anrufe in fünfzehn Minuten. Ich komm mir vor wie eine Telefonzentrale. Vielleicht klärst du mich mal auf. Aus Abby war nicht schlau zu werden.«
    »Tony, vorhin das war ich nicht.«
    »Nein? Dann weiß ich nicht, mit wem ich gesprochen habe. Er hörte sich an wie du und hat sich mit deinem Namen gemeldet. Hast du heute Abend schon getrunken, Guilford? Nicht dass mich das was angeht. Sollte es zwischen dir und Abby kriseln, bin ich sicher, du kriegst es wieder hin…«
    »Ist Abby da?«
    »Abby und Nick sind wieder nach Hause. Genau das wolltest du doch. Guilford?«
    Guilford hängte auf.

 
Kapitel Dreißig
     
     
     
    Die Nacht war finster, die Landstraßen unbeleuchtet. Die Lichtkegel der Scheinwerfer bestrichen Weizenfelder und Steinmauern. Sie sind da draußen in der Finsternis, dachte Guilford: gesichtslose Feinde, Schemen aus einer unwirklichen Vergangenheit oder einer unmöglichen Zukunft.
    Tom hatte darauf bestanden mitzukommen und Lily mitzunehmen, wider alle Einwände, die Guilford gemacht hatte: Sie sei in der Stadt kein bisschen sicherer, meinte der Grenzer. »Bei uns ist sie jetzt besser aufgehoben.«
    Und Lily setzte hinzu: »Ich bin eine

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