Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
als würde sie mindestens noch einmal so lange dauern.
Früher hatte bei diesen Sitzungen eine kollegiale und lockere Atmosphäre geherrscht. Alle möglichen Sprüche und freundschaftliches verbales Geplänkel waren an der Tagesordnung gewesen. Aber seit dem Einsetzen des wirtschaftlichen Abschwungs und dem Aufkommen des Internets, das jederzeit eine Fülle an kostenlosen Informationen bereithielt, fanden die Redaktionskonferenzen vor einem eher beklommenen Hintergrund statt.
Wer würde seinen Job behalten?
Wer würde in Zukunft für zwei arbeiten müssen?
Und würde sich die Zeitung noch ein Jahr halten können?
Außerdem saß jetzt ein neues Gesicht mit am Tisch: Lisa Greening, die als neue geschäftsführende Redaktionsleiterin direkt dem Chefredakteur unterstellt war. Lisa brachte acht Jahre Erfahrung in diesem Bereich mit: zwei bei der New York Times , drei bei der Chicago Tribune und drei bei der L. A. Times.
Mit einer investigativen Reportage für die Letztgenannte war sie aus dem Schatten ins Rampenlicht getreten. Darin war es um den PC -Killer gegangen, einen geschickten Betrüger mit einem Fußfetisch, der die gesamte Pazifikküste in Angst und Schrecken versetzt hatte, indem er Frauen angelockt, sie umgebracht und ihre Füße als Trophäen in seiner Tiefkühltruhe aufbewahrt hatte.
Für diese Geschichte hatte Greening den Pulitzerpreis erhalten, um ihn anschließend mit ihrer neuen Stelle bei der Chronicle zu versilbern.
Als Kriminalreporterin der Chronicle fühlte Cindy sich ganz besonders unter Druck. Lisa Greening kannte sich in diesem Bereich genau so gut aus wie sie – wahrscheinlich sogar besser –, und wenn sie nicht sehr hohen Ansprüchen genügen konnte, dann, das war Cindy klar, würde sie schnell einer leider notwendigen Sparmaßnahme zum Opfer fallen. Greening würde ihren Bereich übernehmen, und Cindy durfte sich dann als freie Mitarbeiterin mit den paar Brosamen zufriedengeben, die von ihrem Tisch fielen.
Die Hälfte der Redakteure hatte bereits ihren Bericht abgegeben, und jetzt war Abadaya Premawardena an der Reihe, der Reiseredakteur.
Es ging um Kreuzfahrtreisen und Sonderkonditionen bei Fahrten nach Fiji und Samoa. Cindy stand auf und füllte an der Rückwand des Saals ihren Kaffeebecher auf.
Ihre letzte große Geschichte über Hello Kitty, einen Juwelendieb, der es ausschließlich auf die Reichen und Berühmten abgesehen hatte, war ein großer Erfolg gewesen. Der Dieb hatte entweder die Stadt verlassen oder sich zur Ruhe gesetzt, höchstwahrscheinlich als direkte Folge von Cindys Recherchen. Aber das war alles Schnee von gestern, und die nächste große Geschichte, mit der man Zeitungen verkaufen konnte, musste erst noch gefunden werden.
Cindy setzte sich gerade wieder auf ihren Platz, als Prem seinen Bericht beendete. Lisa Greening blickte Cindy mit stechenden grauen Augen an.
»Cynthia, was haben Sie uns in dieser Woche zu bieten?«
»Der Abschluss meiner Geschichte über den Bankautomatenknacker«, sagte Cindy. »Fast noch ein Kind. Er sitzt mittlerweile in Haft und wird auch nicht auf Kaution freikommen.«
»Das stand gestern schon in ihrer Kolumne, Cynthia. Was gibt es heute Neues?«
»Ich verfolge da ein paar Ideen«, erwiderte Cindy.
»Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Unterstützung brauchen.«
»Ich komme klar«, meinte Cindy. »Kein Problem.«
Sie lächelte Greening charmant und selbstbewusst zugleich an, und die geschäftsführende Redakteurin wandte sich dem nächsten Kandidaten zu. Über die nun folgende Stunde hätte Cindy nicht das Geringste berichten können.
Nur, dass sie endlich zu Ende war.
10 Mit flatternden Nerven kam Cindy aus der Redaktionssitzung. Sie ging den Flur entlang bis zu ihrem Büro und rief, noch bevor sie sich hingesetzt hatte, bei Hai Nguyen an, ihrem Kontaktmann im Raubdezernat.
»Gibt es was Neues über den Automatenknacker?«, wollte sie wissen.
Nguyen erwiderte: »Tut mir leid, Cindy, aber im Augenblick kein Kommentar.«
Cindy war überzeugt, dass Nguyen ihr geholfen hätte, wenn er gekonnt hätte, aber von hätte, wenn und falls konnte sie sich nichts kaufen. Während die Polizei und der Geldräuber damit beschäftigt waren, einen Deal auszuhandeln, musste Cindy immer noch eine Zwanzig-Zentimeter-Spalte füllen, und zwar bis 16.00 Uhr.
Wie sollte sie das schaffen?
Sie hängte ihren Mantel auf den Kleiderbügel an ihrer Bürotür. Da klingelte das Telefon auf ihrem Schreibtisch. Die Anruferkennung zeigte: »Metro
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