Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
gewesen? In einer Bar oder auf einer Party?«
»Ich bin keine Partygängerin, Cindy. Ich lebe wie eine Nonne. Ich bin einfach nur nach Hause gegangen. Irgendwie, ich … Ich weiß nicht«, sagte Laura. »Joyce, selbst wenn ich mich untersuchen lasse, mit der Polizei will ich nichts zu tun haben. Ich weiß , wie die sind. Mein Onkel war auch bei der Polizei. Wenn ich denen sage, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, dann halten die mich bloß für verrückt.«
12 Phil Hoffman ging unruhig vor dem Besucherschalter des Zellentrakts im sechsten Stock der Hall of Justice auf und ab. Er wartete auf seine Mandantin, Dr. Candace Martin, die gerade ihre Häftlingskluft ablegte und in frische Kleider schlüpfte. Heute war ihr erster Verhandlungstag.
Candace hielt sich wacker.
Sie war entschlossen. Sie war hoch konzentriert. Und obwohl sie sich unter den gegebenen Umständen alles andere als wohl fühlte, hatte sie die Haftbedingungen – den engen Kontakt zu den anderen Insassen, die Vorschriften – geduldig ertragen, ganz einfach deshalb, weil es notwendig gewesen war, um bis zu diesem Tag durchzuhalten.
Jetzt lag alles an ihm.
Wenn Phil einen Freispruch erreichte, würde Candace wieder auf ihre Stelle als Leiterin der Herzchirurgie im Metropolitan Hospital zurückkehren. Ihr guter Ruf würde wieder hergestellt. Sie würde sich wieder der Erziehung ihrer beiden Kinder widmen können, die jetzt gerade vor dem Gerichtssaal saßen und auf sie warteten.
Phil hatte mit beiden Kindern gesprochen und war der Meinung, dass sie mit dem Druck umgehen konnten. Allerdings rechnete er noch mit einer Offensive der Gegenseite.
Phil hatte es schon einmal mit Yuki Castellano zu tun gehabt, und er fand sie durchaus sympathisch. Sie war temperamentvoll und sie war klug, aber Hoffman kannte auch ihre größte Schwäche. Yuki stürmte oft einfach drauflos, leidenschaftlich und unbeherrscht, fegte über Schlaglöcher hinweg und ignorierte sämtliche Anzeichen dafür, dass die vor ihr liegende Brücke eingestürzt war.
Ohne eingebildet zu sein, schätzte er seine Siegeschancen besser ein als ihre.
Phil blieb stehen. Er hörte Türen knallen, dann hallende Schritte, und schließlich trat Candace ein. Sie trug einen Maßanzug und Handschellen.
»Hallo, Phil«, sagte sie.
Phil trat auf sie zu, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: »Wie geht es Ihnen? Alles okay?«
»Besser als okay, Phil, viel besser. Ich warte seit Ewigkeiten auf diesen Tag. Na ja, seit einem Jahr zumindest.«
Die Wärterin nahm ihr die Handschellen ab und sagte: »Viel Glück, Frau Dr. Martin.«
Candace rieb sich die Handgelenke. »Danke, Dede. Bis später.«
Phil hielt ihr die Fahrstuhltür auf und lächelte sie an, während sie in den zweiten Stock fuhren.
Auch er hatte über ein Jahr lang auf diesen Tag gewartet. Und er war sich ziemlich sicher, dass der heutige Tag ein sehr guter Tag werden würde.
13 Alle zweihundert Menschen im Gerichtssaal 3B schienen gleich zeitig zu reden. Yuki schrieb ih rem Chef eine SMS , um ihm mitzuteilen, dass es eine mysteriöse Verzögerung gegeben hatte, als der Gerichtsdiener schließlich um kurz vor zehn rief: »Bitte erheben Sie sich zu Ehren des Vorsitzenden Richters, Byron LaVan.« Dann betrat der Richter den eichengetäfelten Saal.
LaVan war zweiundfünfzig Jahre alt. Er hatte ein kantiges Kinn, eine wilde dunkle Mähne und trug eine schwarz umrandete Brille. Er war allgemein als aufbrausender Richter bekannt und galt als Fachmann mit einem beeindruckenden strafrechtlichen Hintergrundwissen.
Er nahm Platz. An der Wand hinter ihm prangte das kalifornische Wappen, zu seiner Rechten hing die US -Flagge und zu seiner Linken die Flagge des Bundesstaats Kalifornien. Der Laptop stand aufgeklappt vor ihm. Es konnte losgehen.
Als die Zuschauer sich wieder gesetzt hatten, entschuldigte sich der Richter mit knappen Worten für seine Verspätung. Ein Notfall in der Familie. Dann bat er den Gerichtsdiener, die Geschworenen hereinzuholen.
Die zwölf Jurymitglieder und die beiden Ersatzleute schoben sich in die Geschworenenbänke, verstauten ihre Handtaschen, legten ihre Notizbücher zurecht und nahmen auf ihren weinroten Drehstühlen Platz. Rechts von Yuki flüsterte Phil Hoffman seiner Mandantin, Dr. Candace Martin, etwas ins Ohr.
In der ersten Reihe, direkt hinter der Angeklagten, saßen ihre beiden hübschen Kinder, Caitlin und Duncan. Sie sahen aus wie Engel, Engel, die keinen blassen Schimmer hatten, was
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