Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
Wir bückten uns und griffen gleichzeitig danach, hielten ihn gemeinsam fest.
»Ganz ruhig, Blondie«, sagte Joe. »Von jetzt an kann es nur noch besser werden.«
Ich lachte, und nachdem wir uns wieder aufgerichtet hatten, steckte ich den goldenen Ring auf Joes Finger. Reverend Boyer sagte zu Joe, dass er die Braut jetzt küssen könne, und mein Ehemann legte seine Hände auf meine Wangen.
Wir küssten uns und dann gleich noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal.
Tosender Applaus brandete auf, und donnernde Musik setzte ein.
Es war wirklich wahr. Ich war jetzt Mrs Joseph Molinari. Joe nahm mich an der Hand, und dann schritten wir grinsend wie kleine Kinder in einem Regen aus Rosenblättern den Mittelgang entlang.
Erstes Buch
Kleiner Junge vermisst
1 Mit nichts als einem neongrünen Plastikumhang bekleidet stolperte das Mädchen eine dunkle Straße entlang. Sie hatte Todesangst und grässliche Schmerzen, Krämpfe, die wie ständig wiederkehrende Schläge auf ihre Eingeweide einprasselten und immer schlimmer wurden. Sie verlor Blut, schon seit einer ganzen Weile, ein unablässiges, warmes Rinnsal, das ihr die Beine hinunterlief.
Was hatte sie getan?
Immer wieder bekam sie zu hören, dass sie ein kluges Kind war, aber – und das war eine Tatsache – sie hatte einen furchtbaren Fehler begangen, und wenn sie nicht bald Hilfe bekam, würde sie sterben.
Aber wo war sie?
Sie hatte das Gefühl, als würde sie immer nur im Kreis gehen. Tagsüber ging es in dem Gebiet rund um den Lake Merced sehr lebhaft zu – Jogger, Radfahrer und zahlreiche Autos bevölkerten die Straße rund um den See. Aber bei Nacht war hier niemand mehr. Die Dunkelheit war schon schlimm genug, und jetzt zog auch noch Nebel auf. Sie konnte nur wenige Meter weit sehen.
Und sie hatte große Angst.
Hier in der Gegend waren schon etliche Menschen spurlos verschwunden. Es waren sogar Morde geschehen. Ziemlich viele.
Ihre Füße waren schwer wie Blei. Sie konnte sie kaum mehr heben, und dann spürte sie, wie sie langsam das Bewusstsein verlor, wie sie einfach ihren Körper verließ. Sie streckte die Arme aus, um sich abzustützen, und erwischte einen Baumstamm. Sie packte ihn mit beiden Händen und hielt sich an der rauen Rinde fest, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. So stand sie in der schwarzen, mondlosen Nacht.
Oh mein Gott! Wo bin ich denn hier?
Zwei Autos waren bereits an ihr vorbeigefahren. Sie überlegte ernsthaft, ihren Plan fallen zu lassen und in das Haus zurückzukehren, anstatt zu versuchen, ein Auto anzuhalten. Die anderen waren jetzt weg. Sie konnte sich schlafen legen. Vielleicht würden die Blutungen ja aufhören, sobald sie sich hingelegt hatte. Aber sie hatte sich verlaufen. Sie wusste überhaupt nicht, in welche Richtung sie sich wenden sollte.
Das Mädchen stolperte vorwärts, auf der Suche nach Licht, nach irgendeinem Licht.
Das Blut lief immer schneller aus ihrem Körper, tropfte ihre Beine entlang, und ihr war so schwindelig, dass sie sich kaum mehr aufrecht halten konnte.
Trotzdem zwang sie sich, weiterzugehen, bis sie mit der Fußspitze an etwas Hartes, Unnachgiebiges stieß, eine Wurzel oder einen Stein vielleicht, und nach vorn kippte. Sie streckte die Hände aus.
Mit dem Kinn, den Knien und den Handflächen fing sie den Großteil des Sturzes ab, blieb unverletzt. Keuchend vor Schmerz rappelte sie sich erneut auf.
Hoch oben erkannte sie die Gipfel der Eukalyptusbäume und Kiefern, die den Straßenrand säumten. Grashalme streiften ihre Arme und Beine, während sie vorwärtsstolperte.
Sie malte sich aus, was wäre, wenn ein Auto anhalten oder ein Haus in Sicht kommen würde. Wie sie die Geschichte erzählen würde. Ob sie überhaupt noch Gelegenheit dazu bekäme? Bitte. Sie durfte jetzt nicht sterben. Sie war doch erst fünfzehn.
In der Ferne bellte ein Hund. Das Mädchen änderte die Richtung, ging auf das Geräusch zu. Wo ein Hund war, da war auch ein Haus, ein Telefon, ein Auto, ein Krankenhaus.
Sie dachte an ihr Zimmer und wie sicher sie sich dort fühlte. Sie sah ihr Bett vor sich, ihren Schreibtisch, die Bilder an den Wänden und ihr Handy – oh Mann, wenn sie doch bloß ihr Handy bei sich hätte – und blieb im selben Augenblick mit dem Fuß irgendwo hängen, verdrehte sich den Knöchel und schlug erneut der Länge nach zu Boden. Der Aufprall war hart und kostete sie eine Menge Haut.
Das war zu viel. Zu viel.
Dieses Mal blieb sie liegen. Alles tat ihr weh, so
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