Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
Schreibtisch an. »Vor zehn Minuten habe ich einen Anruf aus dem Dezernat für Kapitalverbrechen bekommen. Die sind knapp besetzt und haben uns um Unterstützung gebeten. Ich möchte, dass Sie sich zusammen mit Conklin darum kümmern.«
»Geht es um einen Mord?«, erkundigte ich mich.
»Schon möglich. Vielleicht auch nicht. Im Augenblick ist das ein offener Fall. Ihr offener Fall.«
Was sollte denn der Blödsinn?
Da ist man ein paar Wochen nicht da, und der einzige offene Fall war ein Überbleibsel aus einer anderen Abteilung? Oder wollte Brady mich auf die Probe stellen? Management im Alphatierchen-Stil?
»Conklin hat die Fallakte«, sagte Brady. »Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und, Boxer, herzlich willkommen.«
Herzlich willkommen, ganz genau.
Als ich den Glaskasten verließ und mich auf die Suche nach meinem Partner machte, spürte ich alle Augen der Truppe auf mir ruhen.
3 Frau Dr. Ari Rifkin wirkte hoch engagiert und sehr beschäftigt, zumindest dem permanenten Summen ihres Piepsers nach zu urteilen. Trotzdem wollte sie es sich offensichtlich nicht nehmen lassen, mir und meinem Partner Richard Conklin alias Inspektor Hottie Auskunft zu geben. Conklin schrieb alles mit, was sie sagte.
»Sie heißt Av is Richardson und ist fünfzehn Jahre alt. Gestern Abend ist sie mit starken Blutungen in die Notaufnahme eingeliefert worden«, sagte die Ärztin und putzte mit dem Mantelsaum ihre weiß umrandete Brille.
»So wie es aussieht, hat sie vor maximal sechsunddreißig Stunden ein Kind entbunden. Anschließend ist sie gelaufen und gestürzt, was zu ernsthaften Komplikationen geführt hat – die Anstrengung war einfach zu groß, so kurz nach der Geburt.«
»Wie ist sie denn hierhergekommen?«, erkundigte sich Conklin.
»Ein Ehepaar … äh, hier stehen die Namen … John und Sarah McCann … hat sie auf der Straße gefunden. Sie dachten zuerst, das Mädchen sei angefahren worden. Gegenüber der Polizei haben sie ausgesagt, dass sie sie vorher noch nie gesehen haben.«
»War Av is bei Bewusstsein, als sie eingeliefert worden ist?«, fragte ich Dr. Rifkin.
»Sie stand unter Schock. War immer wieder bei Bewusstsein und dann wieder nicht – eigentlich überwiegend nicht. Wir haben ihr ein Beruhigungsmittel und eine Bluttransfusion verabreicht und ihre Gebärmutter ausgeschabt. Im Augenblick liegt sie auf der Intensivstation. Ihr Zustand ist aber mittlerweile stabil.«
»Wann können wir mit ihr reden?«, wollte Conklin wissen.
»Einen Augenblick bitte«, erwiderte die Ärztin.
Sie schlüpfte hinter den Vorhang des Patientenabteils. Ich konnte erkennen, dass das Mädchen jung und weiß war, mit glatten braunen Haaren. In ihrem Arm steckte eine Infusionsnadel, und ein blinkender Monitor neben dem Bett zeigte ihre Vitalwerte an.
Dr. Rifkin wechselte ein paar Worte mit ihrer Patientin, dann kam sie wieder heraus. »Sie sagt, dass sie ihr Baby verloren hat. Aber bei ihrem Zustand lässt sich nicht sagen, ob das bedeutet, dass das Baby tot ist, oder ob sie nur vergessen hat, wo es ist.«
»Hat sie eine Handtasche dabeigehabt?«, wollte ich wissen. »Irgendeinen Ausweis?«
»Bis auf einen dünnen Plastik-Poncho, wie man sie in jedem Ramschladen bekommt, hatte sie nichts am Leib.«
»Den Poncho brauchen wir«, sagte ich. »Und eine Aussage von ihr.«
»Versuchen Sie Ihr Glück, Sergeant«, antwortete Dr. Rifkin.
Av is Richardson wirkte viel zu jung, um Mutter zu sein. Außerdem sah sie aus, als sei sie hinter einem Lastwagen hergeschleift worden. Sie hatte Prellungen und Kratzer an den Armen, auf der Wange, an den Händen und am Kinn.
Ich zog einen Stuhl heran und berührte sie am Arm.
»Hallo, Av is«, sagte ich. »Ich heiße Lindsay Boxer. Ich bin von der Polizei. Kannst du mich hören?«
»Mm-hmm«, sagte sie. Sie öffnete ihre grünen Augen einen Spalt weit und klappte sie wieder zu.
Ich flehte sie im Flüsterton an, bitte wach zu bleiben. Ich musste erfahren, was ihr zugestoßen war. Brady hatte uns diesen Fall übergeben und hatte uns damit gleichzeitig auch den Auftrag gegeben, das Baby zu finden.
Av is schlug die Augen wieder auf, und ich stellte ihr ein Dutzend Standardfragen: Wo wohnst du? Wie lautet deine Telefonnummer? Wie heißen deine Eltern? Aber ich hätte genau so gut mit einer Schaufensterpuppe reden können. Av is Richardson nickte immer wieder ein, und ich bekam keine einzige Antwort. Als eine halbe Stunde verstrichen war, stand ich auf und überließ Conklin meinen
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