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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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auf den Fersen, Polo konnte es spüren. So wütend jetzt, so drauf und dran, ihm den Kopf auszureißen. Nur daß es ihm nicht erlaubt war, ihn jemals zu berühren. Aber er konnte den Groll des Dämons wie etwas körperlich Anwesendes spüren.
    Er machte einen weiteren Schritt auf die Haustür zu. Es war immer noch bei ihm, klebte an jedem seiner Schritte - sein Schatten, sein Geisterbild; unerschütterlich.
    Gina kreischte ihn an: »Du Scheißkerl, schau dir Mandy an!
    Sie hat den Verstand verloren!«
    Nein, er durfte Mandy nicht anschauen. Wenn er Mandy ansähe, würde er womöglich zu weinen anfangen, würde er womöglich zusammenklappen, wie es dieses Wesen von ihm haben wollte, und dann wäre alles verloren.
    »Sie kommt wieder in Ordnung«, sagte er, beinah schon flüsternd.
    Er griff nach der Haustürklinke. Das Dämonenwesen verriegelte die Tür, rasch und laut. Jetzt war’s aus mit jeder List und Verstellung.
    Jack, der seine Bewegungen so ruhig und gelassen wie möglich durchführte, riegelte die Tür auf, oben und unten.
    Es riegelte wieder zu.
    Erregend war dieses Spiel, aber auch tief beängstigend. Wenn er’s noch weiter trieb, würde sicher die Frustration des Dämons zunichte machen, was man ihm eingebleut hatte.
    Ruhig, gewandt riegelte er die Tür wieder auf. Genauso ruhig, genauso gewandt verriegelte das Geyatter sie wieder.
    Jack fragte sich, wie lange er wohl damit weitermachen konnte.
    Irgendwie mußte er nach draußen gelangen: Er mußte es über die Schwelle locken. Nur einen Schritt verlangte, seinen Nachforschungen zufolge, das Gesetz: einen einzigen, einfachen Schritt.
    Riegel auf. Riegel zu. Riegel auf. Riegel zu.
    Gina stand zwei, drei Meter hinter ihrem Vater. Sie verstand nicht, was sie da sah, aber ganz offenkundig kämpfte ihr Vater mit jemand oder mit etwas.
    »Daddy…« fing sie an.
    »Sei ruhig«, sagte er milde und lächelte, als er die Tür zum siebten Mal entriegelte. Ein Schuß Irrsinn lag in dem Lächeln, es war zu breit und zu ungezwungen.
    Unerklärlicherweise erwiderte sie das Lächeln. Es war grimmig, aber ohne Falsch. Ganz gleich, worum es hier ging, sie liebte ihn.
    Polo wollte einen Ausbruchsversuch durch die Hintertür machen. Der Dämon war ihm drei Schritte voraus, flitzte durch das Haus wie ein Sprinter und verriegelte auch die, bevor Jack noch die Klinke erreichen konnte. Der Schlüssel wurde im Schloß von unsichtbaren Händen umgedreht und dann in der Luft zu Staub zerrieben.
    Jack täuschte eine Bewegung zum Fenster neben der Hintertür vor, und schon wurden die Jalousien heruntergelassen und die Läden zugeworfen. Dem Geyatter, das so mit dem Fenster beschäftigt war, daß es Jack nicht mehr genau im Auge behalten konnte, entging, wie dieser durchs Haus zur Vorderseite zurücksauste.
    Als es den Trick durchschaute, stieß es einen schrillen Kiekser aus, nahm die Verfolgung auf und schlitterte auf dem glattgebohnerten Boden fast in Jack hinein. Es umging den Zusammenstoß nur durch ein bravouröses Ballettmanöver. Das wäre nun wirklich fatal gewesen: den Mann in der Hitze des Gefechts zu berühren.
    Polo war wieder bei der Haustür; und Gina, als wäre sie über die Strategie ihres Vaters im Bilde, hatte diese, während das Geyatter und Jack an der Hintertür kämpften, aufgeriegelt.
    Jack hatte inständig gehofft, daß sie die Gelegenheit nutzen würde, und richtig: Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Die eiskalte Luft des frostigen Nachmittags kroch kräuselnd in die Eingangshalle.
    Jack legte die letzten Meter zur Tür in Windeseile zurück und spürte, ohne es zu hören, das Klagegeheul, das das Geyatter ausstieß, als es mit ansehen mußte, wie sein Opfer nach draußen entkam.
    Es war ja kein anspruchsvolles Geschöpf. Im Augenblick hatte es, über jeden sonstigen Traum hinaus, nur einen Wunsch: den Schädel dieses Menschenkerls zwischen die Handflächen zu nehmen und in einen Haufen Unrat zu verwandeln; ihn zu Pampe zu zerquetschen und den noch heißen Grips in den Schnee rinnen zu lassen; auf immer und ewig mit Jack J. Polo fertig zu sein.
    War das denn zuviel verlangt?
    Polo war in den quietschend-frischen Schnee getreten; Hausschuhe und Hosenenden steckten begraben in der Kälte. Bis die Furie die Türstufe erreichte, war Jack schon drei, vier Meter entfernt und marschierte den Weg zum Gartentor entlang. Er entwischte. Er entkam.
    Das Geyatter heulte erneut auf und vergaß seine jahrelange Ausbildung. Jede Lektion, die es gelernt hatte, jede

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