Das 2. Buch Des Blutes - 2
Verbindung mit meinesglei-chen einzugehen, ja sogar für ketzerisch.«
»Wirklich wahr?«
»O ja«, sagte das Geyatter und erwärmte sich für seine Prophezeiung. »Es sind schon Menschen aus geringerem Anlaß verbrannt worden.«
»Heutzutage nicht mehr«, entgegnete Polo.
»Aber die Seraphim sehen es sicher«, sagte es. »Und deshalb kommt Ihr dann nie an den Ort.«
»An welchen Ort?«
Das Geyatter kramte in seinem Hirn nach dem Fachausdruck, den es Beelzebub hatte verwenden hören.
»Den Himmel«, sagte es triumphierend. Ein widerliches Grinsen hatte sich auf seinem Gesicht breitgemacht; dies war das raffinierteste Manöver, an das es sich je gewagt hatte: Es mauschelte hier sage und schreibe mit der Theologie, Jack nickte nachdenklich und nagte an seiner Unterlippe.
Vermutlich sagte das Geschöpf die Wahrheit: Der Umgang mit ihm oder seinesgleichen fände vor den Augen des Hausherrn aller Heiligen und Engel keine Milde. Wahrscheinlich war ihm tatsächlich der Zugang zu den Gefilden des Paradieses untersagt.
»Na schön«, sagte er. »Du weißt, was ich dazu zu sagen habe, ja?«
Das Geyatter glotzte ihn stirnrunzelnd an. Nein, nichts wußte es. Dann, als ihm mit einem Mal dämmerte, worauf Polo hinauswollte, erstarb sein ostentatives süffisantes Grinsen.
»Na, was sag’ ich?« fragte Polo.
Zerschmettert murmelte das Geyatter die Floskel: »Che sera, sera«,
Polo lächelte. »Du hast noch eine Chance«, sagte er, ging über die Schwelle voran und schloß die Tür mit so etwas wie heiterer Gemütsruhe im Gesicht.
Man konnte die Kids riechen, noch ehe sie zu sehen waren; ihr jugendlicher Schweiß wurde schal in den Gitterfenster-Gängen, ihr abgeblockter Atem sauer, ihre Köpfe muffig.
Dann ihre Stimmen, von den Gewahrsamsregeln klein gehalten.
Laufen verboten. Schreien verboten. Pfeifen verboten. Raufen verboten.
Sie nannten es Verwahrungszentrum für jugendliche Gewalttäter, aber es kam verdammt auf Gefängnis raus: letztlich hinter Schloß und Riegel, Wachpersonal inklusive. Liberale Gesten leistete man sich nur sporadisch, wie man überhaupt im Kaschieren der Wahrheit nicht sonderlich erfolgreich war; Tetherdowne war nur dem schönen Namen nach kein Gefängnis, und die Insassen wußten das.
Nicht, daß sich Redman irgendwelche Illusionen über seine angehenden Schüler gemacht hätte. Es waren harte Burschen, und man hatte sie nicht grundlos eingesperrt. Die meisten von ihnen hätten einen mir nichts dir nichts ausgeraubt, wenn man ihnen nur untergekommen wäre, oder einen zum Krüppel geschlagen, wenn’s ihnen in den Kram gepaßt hätte, ganz locker. Er hatte zu viele Jahre im Polizeidienst hinter sich, um noch an die soziologische Lüge zu glauben. Er kannte die Opfer, und er kannte die Kids. Sie waren keine unverstandenen Schwachköpfe, sie waren fix und scharf und ohne Moral wie die Rasierklingen, die sie unter der Zunge versteckten. Für Gefühlsduselei hatten sie nichts übrig, sie wollten einfach raus.
»Willkommen in Tetherdowne.«
Hieß die Frau jetzt Leverton oder Leverfall oder…
»Ich bin Doktor Leverthal.«
Leverthai. Richtig. Ausgekochtes Luder, habe sie kennengelernt bei…
»Wir haben uns beim Vorstellungsgespräch kennengelernt«
»Richtig.«
»Schön, Sie bei uns zu sehen, Mr. Redman.«
»Neu; nennen Sie mich doch Neu.«
»Die Anrede mit Vornamen versuchen wir vor den Jungen tunlichst zu vermeiden; wir finden, sie glauben sonst, einen Zipfel von unserem Privatleben zu fassen gekriegt zu haben. Es wäre mir deshalb lieber, wenn Sie die Taufnamen nur nach Dienst verwenden würden.«
Ihren hatte sie nicht mal genannt. Wahrscheinlich irgendwas Beinhartes: Yvonne. Lydia. Er würde sich einen passenden ausdenken. Sie sah aus wie fünfzig und war wahrscheinlich zehn Jahre jünger. Kein Make-up, das Haar so straff zurückge-bunden, daß er sich wunderte, wieso es ihr die Augen nicht raustrieb.
»Sie beginnen übermorgen mit dem Unterricht. Der Direktor hat mich gebeten, Sie in seinem Namen am Zentrum willkommen zu heißen und Sie um Verständnis zu bitten, daß er nicht persönlich hier sein kann. Wir haben Finanzierungsprobleme.«
»Hat man die nicht immer?«
»Bedauerlicherweise, ja. Ich fürchte, wir schwimmen hier gegen den Strom; der landesweite Trend ist weitestgehend auf Law and Order ausgerichtet.«
Was wollte sie ihm da durch die Blume hinreiben? Daß die Scheiße aus einem Kid rauszuprügeln soviel einbrachte wie’n harmloses Verkehrsdelikt? Richtig, er
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