Das achte Opfer
Bedeutung hat der Montagabend?«
»An diesen Abenden trafen sich die Spitzen der Organisation, und meist wurde die Zeit nach dem Meeting für das Ausleben bestimmter Triebe genutzt. Nicht von allen, aber von einigen. Ich war nie bei einer solchen Party, wie Sie sich bestimmt vorstellen können.«
Julia Durant sah Berger an, der nickte. Es wurde ein Beamter geholt, der Dreekmann in seine Zelle bringen sollte. An der Tür drehte Dreekmann sich noch einmal um und sagte: »Es stimmt übrigens, was ich geschrieben haben, Frau Durant, ich habe höchsten Respekt vor Ihnen. Ich wünschte wirklich, es gäbe mehr von Ihrer Sorte.«
Erst als sich die Tür hinter ihm schloß und die Kommissareallein im Büro waren, sagte Hellmer: »Und jetzt? Ich hätte alles für möglich gehalten, nur nicht, daß ausgerechnet Dreekmann . . . Es ist unfaßbar.«
»Und die Presse?« fragte Kullmer. »Was sagen wir der Presse? Daß der Innenminister der Kopf eines mächtigen Geheimbundes war?«
»Diese Aufgabe überlassen wir dem Generalstaatsanwalt. Er wird schon die passenden Worte finden«, sagte Berger mit kehliger Stimme.
Julia Durant saß mit nachdenklichem Blick auf der Schreibtischkante. »Was, um alles in der Welt, haben die zwölf Lilien zu bedeuten? Er hat nur acht Leute . . .« Mit einem Mal faßte sie sich an die Stirn, sprang auf, schrie: »Zwölf Lilien – acht Morde, seine beiden Kinder, seine Frau . . . Fehlt noch eine, er selbst. Verdammt, warum sind wir nicht gleich darauf gekommen?! Wir müssen schnell in seine Zelle, ich habe ein verdammt ungutes Gefühl.«
Sie und Hellmer rannten raus, brauchten drei Minuten, bis sie am Zellentrakt anlangten. »In welcher Zelle ist Dreekmann?« fragte sie keuchend einen der Beamten.
»Nummer fünf, warum?«
»Schließen Sie bitte sofort auf!«
Der Beamte beeilte sich, schloß die Zellentür auf.
»Oh, verdammt!« stieß Julia Durant hervor und ballte die Fäuste in ohnmächtiger Wut. »Die zwölfte Lilie.« Dreekmann lag auf dem Boden, der Körper verkrümmt, weißen Schaum um die Mundwinkel. Es roch nach Bittermandeln.
»Er war ein gebrochener Mann«, sagte Hellmer leise und faßte die Kommissarin bei der Schulter. »Wie gebrochen, das wußte nur er selber. Vielleicht ist es besser so für ihn. Gehen wir, wir haben noch eine Menge zu tun.«
Samstag, 15.30 Uhr
Berger hatte mit dem Generalstaatsanwalt gesprochen, der versprach, die Angelegenheit mit den Medien selbst in die Hand zu nehmen. Danach sagte Berger: »So, ich denke, wir sollten für heute Schluß machen. Wir haben in den letzten Wochen viel zu tun gehabt. Machen Sie sich ein schönes Wochenende, sofern Sie dazu in der Lage sind. Wir sehen uns am Montag wie gehabt.«
Die Beamten verließen das Präsidium, Hellmer und Durant liefen nebeneinander zu ihren Wagen. Sie fragte: »Wie sieht dein Wochenende aus?«
»Ich werde versuchen abzuschalten und mir mit Nadine eine schöne Zeit machen. Wir haben uns ein Zimmer in einem Hotel gemietet und werden wohl bald in ein Haus im Taunus ziehen. Sie möchte nicht mehr in Frankfurt bleiben.«
»Kann ich verstehen«, sagte die Kommissarin. »Vor allem, nachdem sie weiß, was ihr Mann so alles getrieben hat. Ich wünsche dir alles Gute.«
»Dir auch. Und versuch, dich zu entspannen. Bis Montag.« Julia Durant hielt an einem Supermarkt, der bis sechzehn Uhr geöffnet hatte, kaufte etwas Brot, Bananen, Cornflakes, Wurst und Bier. Sie wollte einfach nur abschalten und nicht zuviel nachdenken. Sie beschloß während der Heimfahrt, am Abend bei Susanne Tomlin anzurufen. Sie fühlte sich leer und ausgebrannt. Und noch bevor sie zu Hause ankam, stoppte sie ihren Wagen am Straßenrand und weinte.
Hellmer fuhr zum Hotel. Er betrat die von Nadine gemietete Suite, ging auf sie zu, nahm sie wortlos in den Arm. Er legte seinen Kopf an ihre Schulter und schwieg einen Moment.
»Was ist los?« fragte sie und kraulte sein Haar.
»Der Fall ist gelöst. Wir haben den Mörder.«
»Und, wer ist es?«
»Du wirst es nicht glauben, aber es ist Doktor Dreekmann.«
»Der Anwalt meines Mannes?« fragte sie entsetzt und löste sich aus seiner Umarmung. »Dieser Mann hat all die Morde begangen?! Warum?«
»Das ist eine lange Geschichte, die ich dir einmal in Ruhe erzählen werde. Aber nicht jetzt. Es ist zuviel in den letzten Tagen passiert. Er selber hat, bevor wir ihn festnahmen, seine Frau getötet, und nach dem Verhör hat er sich selbst gerichtet. Er war ein armer Kerl.«
»Wonach ist
Weitere Kostenlose Bücher