Das achte Opfer
äußerst kaltblütig bekannt warst. Du bist doch über die Schweiger zu uns gestoßen, soweit ich weiß.«
»Richtig. Nur, ich bin vielleicht gerissen, kaltblütig hingegen war ich nie. Du kannst meine Frau fragen, oder anders ausgedrückt, vor fünf Jahren hättest du sie noch fragen können, sie hätte dir genau das Gegenteil über mich berichtet. Jetzt kann sie es nicht mehr. Sie ist nämlich krank. Und weißt du auch, warum sie krank ist? Nein, das weißt du nicht, großer Cäsar! Wir waren eine intakte Familie, wir hatten zwei wunderbare Kinder, Carla und Patrick, und diese beiden wunderbaren Kinder, denen die Welt noch offenstand, die eine liebevolle Mutter hatten und einen Vater, der außer ihrer Mutter nichts mehr liebte, wurden getötet. Und weißt du auch, von wem? Nein, auch das weißt du nicht. Von der Organisation! Dieser gottverdammten, verfluchten Einrichtung der Hölle! Ihr habt alles zerstört, was mir lieb und teuer war. Aber offensichtlich hat euer Informationsfluß nicht funktioniert, als ihr mich in euren erlauchten Kreis aufgenommen habt. Ihr wußtet offenbar nichts von dem Schicksal, das meiner Familie widerfahren war. Und das war euer Pech. Ich habe bewußt mehrere Jahre verstreichen lassen, bevor ich mit meiner Rache begann. Ich habe mich in die Organisation eingebracht und alles getan, um keinen Verdacht zu erwecken. Und deshalb bin ich sehr schnell zu einer Art Vertrauensperson geworden. Tja, mein Lieber, das Leben schlägt manchmal seltsame Kapriolen. Jetzt sind hier in diesem Zimmer nur du und ich. Und du weißt, was jetzt kommt.«
»Das kannst du nicht machen!« stammelte Cäsar mit weitaufgerissenen Augen. »Mein Gott, ich hätte jeden . . . aber du? Sag mir, was du willst, Geld, eine bessere Position, ich werde es dir beschaffen. Mein Einfluß reicht bis in die höchsten Spitzen der Politik, das weißt du. Ich brauche nur meine Kontakte spielen zu lassen, und schon bist du ein gemachter Mann!«
»Ich scheiß auf deine Kontakte, und Geld habe ich selber genug. Aber das, was mir fehlt, wirst du und auch kein anderer mir jemals wieder zurückgeben können. Oder seid ihr neuerdings etwa in der Lage, Tote wieder aufzuerwecken? Ist Jesus vielleicht ein Mitglied eures Clans?« fragte Cicero mit unverhohlenem Zynismus.
»Du Arschloch, wir haben dich großgemacht, und jetzt markierst du den wilden Mann! Die Rolle steht dir nicht. Früher oder später werden sie dich kriegen, und dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken. Es gibt Foltermethoden, die …«
»Spar dir deine Worte«, sagte Cicero mit einer verächtlichen Handbewegung. »Niemand außer einer bestimmten Person wird mich kriegen. Eine Person, die außerhalb der Organisation steht, loyal dem Gesetz gegenüber und absolut unbestechlich.« Er trat unbemerkt einen Schritt nach vorn, stand jetzt links von Cäsar, der seine Angst nicht verbergen konnte.
»Du willst also auch mich töten«, flüsterte er mit zittriger Stimme.
»Das haben ein paar andere vor dir auch schon gesagt, kurz bevor es soweit war. Ja, ich will und werde dich töten. Jetzt und hier. Du hast keine Chance.«
»Ich muß noch mal pinkeln.«
»Du mußt nicht pinkeln. Das geht gleich von allein ab.« Er machte noch einen kleinen Schritt nach hinten, stand schräghinter Cäsar. Der wandte seinen Kopf, sah Cicero von unten an.
»Bitte, laß mich leben«, bettelte er. »Ich will leben, leben, leben! Hörst du!«
»Hör auf zu jammern, das steht dir nicht! Dich am Leben zu lassen würde bedeuten, andere in den Tod zu schicken. Das kann und werde ich nicht mehr zulassen. Du bist das achte und letzte Opfer. Schönen Gruß an die Hölle.« Er zückte blitzschnell das Skalpell, griff mit der linken Hand in die Haare von Cäsar, riß den Kopf nach hinten und machte einen langen Schnitt quer über den Hals. Er wich zurück, das Blut pulsierte aus der offenen, tiefen Wunde.
»Es tut mir nicht leid, mein Freund, es muß so sein. Ohne dich wird die Organisation zumindest hier eine ganze Weile brauchen, bis sie wieder aktiv werden kann.«
Der immer schwächer werdende Körper rutschte vom Stuhl, fiel auf den Boden. Cicero wartete, bis die letzten Zuckungen vorüber waren, dann zog er sich die Plastikhandschuhe über, entkleidete den Toten, kastrierte ihn und stach ihm die Augen aus. Mit dem Zeigefinger schrieb er die Zahl 666 auf dessen Stirn. Als er fertig war, legte er den Zettel und die Lilie neben die Leiche, zog die Handschuhe aus, wusch sich die Hände, warf einen
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