Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
längst verschwunden sein.
Nikolais Puls hatte sich wieder im normalen Bereich eingependelt, sodass er sich besser fühlte. Das zweite Sicherungspaket hatte er noch nie gebrauchen müssen, aber irgendwann war schließlich immer das erste Mal. Doch jetzt musste er sich wieder auf seinen Auftrag konzentrieren. Die weitere Vorgehensweise war eigentlich klar. Die Polizei hatte diesen Doktor gerettet, und der wusste, wo das vermaledeite Buch war. Sollten sie es doch für ihn finden, er konnte warten. Er musste nur schnellstens ein Auto mieten.
*
Obwohl es bereits früher Abend war, saßen die drei Kommissare noch immer mit Max Newman in Driesels Büro zusammen und beugten sich über das Blatt Papier von Clemens Martin. Aber wie zu erwarten war, führte es zu nichts. Irgendwann sah Haderlein ein, dass sie nicht mehr weiterkamen, und fasste einen Entschluss.
»Wir brauchen jemanden, der sich mit dieser Materie auskennt«, sagte er frustriert, lächelte dann aber leicht. »Und wie das so ist nach so vielen Dienstjahren, habe ich für diese schwierige Aufgabe einen kompetenten Nothelfer an der Hand.«
»Ach, und wer soll das sein?«, fragte Lagerfeld mittlerweile demotiviert. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass jedes gelöste Problem gleich zwei neue aufwarf.
»Das wird nicht verraten«, sagte Haderlein verschmitzt. »Jetzt bringt ihr beide erst mal unseren Doktor nach Bamberg auf die Dienststelle, und ich geh den Experten besorgen. Und passt bitte auf, dass ihr unterwegs nicht umgebracht werdet.«
Driesel grinste müde. »Uns wird das nicht passieren, Franz. Nicht in unserem Dienst- BMW . Wir haben wenigstens ein richtiges Auto. Im Gegensatz zu dir kriegen wir keinen Augenkrebs, wenn wir unseren fahrbaren Untersatz anschauen.«
Nur Dr. Newman alias Mozart war nicht nach Lachen zumute. Irgendwie sehnte er sich gerade in diesem Moment extrem stark zu seinen Delphinen in Kalifornien zurück.
*
Nikolai musste nicht lange warten, bis nacheinander zwei Autos vom Hof des Nürnberger Präsidiums auf den Jakobsplatz bogen. Und in einem saß ganz eindeutig dieser Dr. Newman in einer Polizeiuniform. Alles noch mal gut gegangen, freute er sich.
Mit gebührendem Abstand folgte er den beiden Fahrzeugen in seinem frisch gemieteten Land Rover auf die Autobahn.
Kurz vor Bamberg trennten sich die beiden Fahrzeuge der Polizei, und Nikolai beschloss, sich an den BMW mit Dr. Newman zu hängen. Dieser Mann war der Schlüssel zum Glück, also galt es, ihm auf den Fersen zu bleiben. Als das Auto der Kommissare vor der Bamberger Dienststelle parkte, fuhr er daran vorbei, wendete und stellte seinen Wagen fünfzig Meter weiter auf einem Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite ab. Von hier aus konnte er den Haupteingang der Polizeiinspektion einsehen und vor allem das grüne Rolltor mit der roten Ampel im Auge behalten, hinter dem das Polizeifahrzeug mit dem Delphindoktor verschwunden war. Er würde hier warten, bis irgendetwas passierte, und er war sich ganz sicher, dass es das tun würde.
*
Driesel und Lagerfeld gingen mit Newman die Treppe zu den Büros der Kripo hinauf und wurden von den Kollegen freudig, aber auch mit besorgten Blicken empfangen. Besonders das potenzielle Opfer wurde neugierig gemustert.
Fidibus persönlich holte sie an der Eingangstür ab und geleitete sie in seinen Glaskubus. Im Vorbeigehen sah Lagerfeld am Schreibtisch von Huppendorfer Manuela Rast mit ihrem Sohn Sven sitzen, der unter Bewachung gerade ein Phantombild vom vierten Rast-Attentäter erstellte, der in der Nacht der Flutwelle mit dabei gewesen war. Dann schloss Fidibus die Tür hinter ihnen und bat sie, doch Platz zu nehmen.
»Sie glauben ja gar nicht, wie erleichtert ich bin, Sie hier zu sehen, Dr. Newman«, sagte er mit einer raumgreifenden Handbewegung, die wohl andeuten sollte, wie groß seine Erleichterung war. »Und machen Sie sich keine Sorgen, diesen Russen haben wir auch bald gefasst. Viele Hasen sind des Igels Tod, wie man so schön sagt.«
Driesel runzelte die Stirn und schaute Lagerfeld mit vielen Fragezeichen im Blick an. Der legte ihm schnell beruhigend die Hand auf den Arm und schüttelte dabei leicht den Kopf. Doch Fidibus hatte sich gerade erst warmgelaufen. Jetzt kam er richtig in Fahrt.
»Oder wie ein früher Dichter zu sagen pflegte«, meinte er seiner Meinung nach aufmunternd, »wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Gedichtlein her, hahaha.« Begeistert von sich selbst rollte er die
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