Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
dass Sie mich von meiner wohlverdienten Sandkerwa abhalten wollen, Herr Kommissar?«, wollte Habermehl mehr Details wissen.
»Nun, das ist eine lange Geschichte mit extrem vielen Toten, Herr Professor. Aber wenn Sie uns nicht weiterhelfen können, wüsste ich nicht, wer sonst. Allerdings macht es wenig Sinn, wenn ich jetzt versuchen würde, Ihnen alles zu erklären«, sagte Haderlein. »Es ist besser, Sie schauen sich das Problem auf der Dienststelle selbst an. Haben Sie heute noch etwas vor?«
Professor Habermehl schüttelte den Kopf, vergaß dabei anscheinend seine Sandkerwa und beschloss, nichts mehr zu fragen, bis er das Rätsel persönlich in Betracht nehmen konnte.
Als sie in der Bamberger Dienststelle ankamen, hatte Lagerfeld gerade die Anweisung erteilt, Stefan Wurm zu verhaften und umgehend vorzuführen. Haderlein nahm dies interessiert zur Kenntnis und bat Lagerfeld und Professor Habermehl, ihm zu folgen.
»Wir borgen uns mal Fidibus’ Büro«, sagte er. »Das hat schließlich den größten Tisch.«
Als sie eintraten, hielt ihr Chef dem genervten Auditorium in Gestalt von Driesel und Newman gerade einen ausschweifenden Vortrag über die dialektischen Feinheiten von Limericks. Dass Haderlein diese Ausführungen brüsk beendete, brachte ihm die allgemeine Anerkennung der Anwesenden ein – natürlich ausgenommen der von Fidibus.
»Darf ich vorstellen, Professor Habermehl, anerkannter Kulturhistoriker aus Bamberg. Er wird uns bei der Suche nach dem Tagebuch unterstützen.« Nach der Vorstellung bat Haderlein Newman, noch einmal eine Kurzfassung der Geschichte zu erzählen, was dieser – allerdings schon mit leichten alkoholischen Formulierungsschwierigkeiten – gerne tat. Anschließend überreichte Driesel dem Professor den Zettel mit der kryptischen Botschaft. Die Spezialisten aus dem Nürnberger Präsidium hatten sich inzwischen gemeldet und keinerlei verborgene Zeichen entdeckt, dafür aber Spuren von Haschisch, was, als Driesel dieses Ergebnis ratlos verkündete, bei Dr. Newman einen roten Kopf auslöste.
Professor Habermehl nahm das Papier vorsichtig an sich und betrachtete die Zeilen äußerst konzentriert. Nachdem er reglos mehrere Minuten lang überlegt hatte, las er sich den Text nochmals mehrere Male durch. Die Spannung im Glaspalast war mit den Händen zu greifen. Als er sich schließlich räusperte, um etwas zu sagen, kam aber nur ein »Könnte ich bitte ein Bier haben?« aus des Professors Mund.
Haderlein kam Fidibus zuvor, der schon widersprechen und auf die allgemeine Dienstordnung im Haus verweisen wollte, und drückte die Sprechtaste auf dem Schreibtisch. »Honeypenny, bitte ein Bier für Professor Habermehl.«
Fidibus schaute Haderlein ungläubig an, aber der hatte sich schon wieder dem Professor zugewandt, der nun etwas Substanzielles äußern zu wollen schien.
»Nun, das Ganze ist in der Tat knifflig beziehungsweise widersprüchlich.« Er legte das Papier auf den gläsernen Tisch und schaute grüblerisch in die Runde. »›Der tote Bischof von Rom‹ bezieht sich ganz offensichtlich auf das Papstgrab im Bamberger Dom. Denn wie Sie alle wissen, ist der Papst zugleich auch immer der Bischof von Rom. Gemeint ist also meiner Meinung nach das Grab von Clemens II . Die zweite Zeile wirft aber auch eine große Frage auf: ›Begraben in Ludwigs Dom‹ ist nämlich erst mal, entschuldigen Sie, wenn ich mich so ausdrücke, großer Blödsinn.«
»Warum das denn?«, wollte Lagerfeld wissen.
»Na, weil der Bamberger Kaiserdom von keinem Ludwig gebaut wurde«, ereiferte sich Habermehl. »Es gab einen Heinrich, eine Kunigunde, einen Ekbert und von mir aus auch noch einen Veit Stoß und einen Tilman Riemenschneider, aber das war’s dann auch schon. Sonst hat niemand großartig an dieser Kirche mitgebaut. Weder handwerklich noch politisch. Punkt.«
»Hm, gut und schön, aber irgendwas muss er ja mit dem Namen und dieser Anspielung bezweckt haben«, warf Haderlein ein. Doch der Professor ignorierte ihn und fuhr einfach fort.
»Dann geht’s mit diesem Garten und dem schwedischen Fuß weiter. Irgendwas klingelt da bei mir, aber ich weiß noch nicht, was.« Seine nachdenkliche Miene verwandelte sich in einen verkrampften Gesichtsausdruck. Er erhob sich und begann den Raum zu durchschreiten. »Meine Herren, so geht das nicht weiter. Ich kann nicht arbeiten, wenn mir tausend Augen über die Schulter schauen. Außerdem fehlt mir die authentische Umgebung. Herr Haderlein, wäre es vielleicht
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