Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Titel: Das Alabastergrab (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
Vom Netzwerk:
einfacher. Am Anfang war die Kripo nicht so sein Metier gewesen. Er war bei der Sitte eingestiegen. Hatte mit Zuhältern, Nutten und ähnlichen Zeitgenossen zu tun gehabt. Mit denen konnte er umgehen, keine Frage. Da war alles gefragt, nur kein feinfühliger Umgangston. Im Nachhinein war es gar kein so schlechter Job gewesen.
    Vor einem halben Jahr hatte ihn dann Hauptkommissar Haderlein gefragt, ob er nicht in die Abteilung Tötungsdelikte wechseln wolle. Sein langjähriger Partner hatte sich in den verdienten Ruhestand verabschiedet, und nach offensichtlich längerer Bedenkzeit wollte Haderlein unbedingt ihn als neuen Kollegen. Der Grund dafür war Lagerfeld allerdings bis heute schleierhaft. Aufregend war die Arbeit natürlich schon, und Haderlein war der beste Kommissar in Bayern. Sein Name war wie ein Donnerhall in der Kriminologenszene. Nachdem er seine ersten Dienstjahre bei der Kripo in München verbracht und gleich mehrere Abteilungen absolviert hatte, lernte er bei einem Einsatz in Bamberg seine spätere Frau Eva Haderlein kennen. Die Liebe musste plötzlich und heftig über ihn gekommen sein, denn 1984 war es nicht gerade üblich, den Namen der Frau anzunehmen – und im katholischen Bamberg schon gar nicht. Nach nur sieben Monaten Ehe erkrankte Eva Haderlein schwer und verstarb kurz danach im Sommer 1985. Den Schicksalsschlag hatte sein Chef, so vermutete Lagerfeld, bis heute nicht richtig verwunden. Er blieb weiterhin in Bamberg und besuchte bis zum heutigen Tag zwei Mal wöchentlich das schlichte Grab seiner Frau auf dem Friedhof in der Siechenstraße.
    Seit Jahrzehnten hatte man Hauptkommissar Haderlein nicht mehr mit einer Frau an seiner Seite gesehen. Weder offiziell noch inoffiziell. Das einzige weibliche Wesen, mit dem er sich etwas näher befasste, war Marina Hoffmann, die langjährige Büromaus der Dienststelle. Wegen ihrer guten Beziehungen zur Bamberger Imkerszene wurde die gute Seele von allen nur noch Honeypenny genannt. Wegen ihr mangelte es dem Büro und den angeschlossenen Familien nie an Honigbroten, ganz im Gegenteil. Und Honeypenny war Lagerfelds Wissen nach auch die einzige Frau, die bei Haderlein wenigstens ein paar seiner zahlreichen inneren Festungsmauern niedergerissen hatte. Allerdings immer nur platonisch. Zwischen ihm und Marina Hoffmann rauchte es zwar oft und gewaltig, aber die Versöhnungen kamen nie zu kurz.
    Aber das war denn auch schon der Gipfel von Haderleins gegengeschlechtlichen Aktivitäten. Es schien, als lebte er nur für seinen Beruf, gute Bücher, Filme und sein großes Hobby, die Schnapsbrennerei oder Destillation, wie er sich auszudrücken pflegte. Aber das war wieder ein anderes Thema. Jetzt musste erst mal eine niederschmetternde Nachricht überbracht werden.
    »Was gibt’s denn, die Herrschaften?«, ertönte eine dunkle und wohlklingende Stimme und riss Lagerfeld aus seinen Gedanken.
    »Kriminalpolizei Bamberg«, stellte sich Haderlein so neutral wie möglich vor, während er dezent seine Polizeimarke aufklappte und vorzeigte. »Frau Manuela Rast?«
    Sie nickte kurz.
    »Dürften wir kurz reinkommen? Wir müssten etwas mit Ihnen besprechen.«
    »Bitte treten Sie doch ein, meine Damen und Herren«, erwiderte die Rothaarige betont süffisant, während sie unmerklich die rechte Augenbraue hochzog, dabei nicht unelegant den Gürtel ihres bordeauxfarbenen Bademantels fixierte und gleichzeitig auch noch die schwere Haustür hinter ihnen schloss. »Bitte setzen Sie sich doch«, fuhr sie sichtlich unbeeindruckt von der anwesenden Staatsmacht fort und deutete in Richtung Couchgarnitur. »Ich hol erst mal Kaffee. Letzte Nacht war etwas heftig.« Sie verschwand in der Küche, ohne eine Reaktion abzuwarten.
    Die verblüfften Kommissare ließen sich auf der knallorangenen Couch nieder, während aus der Küche dezentes Klappern zu vernehmen war. Haderlein grübelte. Die Frau kam ihm überhaupt nicht bekannt vor, obwohl sie doch direkt in seiner Nachbarschaft wohnte. Merkwürdig. Und dann die Möbel. Die Couch passte nicht wirklich zur restlichen Einrichtung. Alles war spießig in dunklem Holz gehalten und fast klinisch sauber. Cremefarbene Bodenfliesen und dunkelgrüne Vorhänge an den Fenstern. Ansonsten fühlte er sich wie im Fischereimuseum. Auf einer Vitrine aus Eiche war ein riesiger ausgestopfter Fisch zu sehen, dessen Art er nicht kannte. Und mittendrin in der Wohnromantik stand dieses orangefarbene Sofa. Es passte in das Zimmer wie ein Wackelpudding auf ein

Weitere Kostenlose Bücher