Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
Empfängern derartiger Neuigkeiten waren, wie gesagt, durchaus unterschiedlich, aber im Allgemeinen konnte man sagen, dass eine solche Nachricht alles andere bewirkte, nur keine ausgelassene Heiterkeit oder gar euphorische Lachkrämpfe.
Frau Rast wirkte keinesfalls dumm, sie musste doch wissen, dass sie sich mit einem solchen Verhalten sogleich mit weitem Abstand an die Spitze der Verdächtigenliste setzte. War ihr das tatsächlich egal? Hatte sie wirklich gerade erst in diesem Moment vom gewaltsamen Ableben ihres Mannes erfahren? Haderlein tappte noch im Dunkeln, aber eins schien definitiv festzustehen. Der beliebteste aller Ehemänner war Edwin Rast nicht gewesen. Immerhin war ihm etwas an Frau Rast seltsam bekannt vorgekommen. Ihre Aussprache war keinesfalls fränkisch. Zumindest nicht nur. Da hatte sich noch etwas anderes aus dem südbayerischen Raum mit reingemischt. Genau wie er war diese Frau nicht in Bamberg aufgewachsen.
Manuela Rast erschien wieder in der Küchentür. »So, wer von Ihnen beiden möchte denn ein Glas Sekt?«, gluckste sie mit einem strahlenden Lächeln.
Lagerfeld lächelte begeistert zurück.
*
In der Bamberger Dienststelle herrschte reger Betrieb. Der Wassermann, wie die Leiche inzwischen liebevoll genannt wurde, hatte diverse Aktivitäten in Gang gesetzt. Honeypenny war bereits fleißig am Telefonieren und Koordinieren. Schließlich hatte es nicht nur den Toten in Kemmern, sondern flussaufwärts auch noch mehrere äußerst mysteriöse Vorfälle gegeben: beispielsweise ungewöhnliches Hochwasser und angebliche Sabotage. Auch die Gerüchte von der verkappten CSU -Sitzung auf Banz brodelten nur so. Nichtsdestotrotz: Es gab viel zu tun an diesem Sonntag im August.
»Na, Riemenschneider, du wirst wohl den Tag heute mit mir verbringen müssen, du armes, kleines Schwein«, plauderte Honeypenny voller Mitleid mit dem kleinen Ferkel, das ihr zu Füßen lag. »Dein Kommissar wird sich seinen Keller und euer gemeinsames Bier heute verkneifen müssen. Draußen sind ganz viele böse Verbrecher unterwegs, und die muss er erst mal fangen, bevor er wieder mit dir ausgehen kann.« Sie tätschelte Riemenschneider beruhigend den Kopf und gab ihr ein weiteres Stück von ihrem frisch geschälten Apfel. Anfangs war sie etwas angesäuert gewesen, als Haderlein sie gebeten hatte, auf die Riemenschneiderin aufzupassen. Aber schon als er fort war, hatte sie das kleine rosa Ding gleich in ihr Herz geschlossen. Außerdem konnte das arme Schwein ja nichts für die Situation. Es war wirklich süß und dazu noch stubenrein, was man nicht von allen männlichen Kollegen hier behaupten konnte. »Hier hast du noch ein Stück, du kleine, tapfere Seele, du«, flüsterte sie Riemenschneider zu, während sie ihr ein weiteres Apfelstück vor die Nase hielt.
Riemenschneider fackelte nicht lange. Sie war überhaupt nicht traurig, dass ihr Herrchen nicht zugegen war. Die große blonde Frau war ausgesprochen nett, fast netter als der Hauptkommissar. Außerdem war es hier nicht so heiß wie draußen, dauernd wurde sie von irgendwem gestreichelt, und es gab haufenweise Süßigkeiten. Es machte richtig Spaß, hier zu sein, und in der Dienststelle wurden manchmal sogar ihre Fähigkeiten geschult. Letzte Woche hatte man auf der Etage drei kriminelle Schokoladeneier versteckt und eine interne Ermittlung danach ausgeschrieben. Die Kollegen von der Drogenfahndung hatten sogar einen Steckbrief entworfen und ihn an alle Bürotüren geklebt. Sie selbst hatte die Dienstmarke von Lagerfeld umgebunden bekommen und durfte an der Suche nach den flüchtigen Eiern teilnehmen. Für sie hatte das kein großes Problem dargestellt. Von Anfang an war sie im Wurf das Ferkel mit der mit Abstand besten Nase gewesen, was ihr nebenbei auch das Leben gerettet hatte. Die Schokoeier waren jedenfalls innerhalb von nur dreizehn Minuten aufgespürt und sogleich verspeist. Unter großem Hallo der versammelten Diensthabenden wurde sie nach vollbrachter Tat offiziell zum Oberkommissarschwein befördert. Ihr Herrchen war fürchterlich stolz auf sie gewesen. Nein, sie konnte sich nicht beschweren, hier war es wirklich schön. Und jetzt reichte ihr die blonde Frau schon wieder leckeres Obst herunter.
»Na, Honeypenny, sind wir wieder mit der Schweinemast beschäftigt?«, tönte es plötzlich lautstark von weiter oben.
Marina Hoffmann richtete sich ruckartig auf. Vor ihrem Schreibtisch stand ihr Chef und Dienststellenleiter Robert Suckfüll alias Fidibus in seiner
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