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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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mittleren Alters hing in den Räumen. Die Wohnung wirkte aufgeräumt und trist.
    Kröner durchsuchte Petras Schreibtisch. Nur eine der Schubladen war verschlossen, die anderen waren erstaunlich leer. Einzelne, aus der untersten Etage des Bücherregals ragende Aktenordner erregten Kröners Aufmerksamkeit. Als er sie hervorzog, fielen Kochrezepte heraus. Kröner ließ alles auf dem Teppich liegen. Dort, wo in der Mitte des Regals ein Brett fehlte, hingen Porträtfotos in ziselierten Rahmen   – vermutlich Freunde und Familie. Im größten Rahmen, genau in der Mitte, befand sich ein Foto von Petra in jungen Jahren. Sie trug eine Uniform, eine gestreifte Bluse und einen altmodischen weißen Rock mit Latz und langen Bändern. So ungezwungen wie auf diesem Foto hatte Kröner sie nie lächeln gesehen. Im Sessel vor ihr saß Gerhart Peuckert und starrte mit einem angedeuteten Lächeln in die Kamera.
    Der andere Raum war Petras Schlafzimmer. Das Bett war noch nicht gemacht. Unterwäsche und die Kleidung von gestern lagen auf einem unordentlichen Haufen vor dem Spiegel. An der Wand über dem Kopfende des Bettes hingen weitere Fotos. Kröner erkannte niemanden.
    Sein Blick wanderte zurück zur abgeschlossenen Schreibtischschublade. Er zog sein Klappmesser aus der Hosentasche. Ein beherzter Stoß, ein vorsichtiges Drehen, dann war die Schublade offen.
    Es kamen noch mehr Bilder von Petra und Gerhart zum Vorschein. Vorsichtig holte er den Stapel heraus und legte ihn mit weiteren Dokumenten vor sich auf den Schreibtisch. Keines der Dokumente war älter als vier, fünf Jahre. Petra Wagners Sparkonto und die von ihren seltenen Reisen mitgebrachten Souvenirs zeugten von einer bescheidenen und nicht sonderlichphantasievollen Frau. Mit dem Geld, das sie ihr zukommen ließen, hatte sie offenbar nicht viel anzufangen gewusst.
    Kröner legte alles zurück an seinen Platz, schloss die Schublade und zog behutsam das Messer wieder aus dem Schloss, bis er ein Klicken hörte. Dann knöpfte er sich den Papierkorb unter dem Schreibtisch vor und durchwühlte ihn ergebnislos. Als er den Korb zurückstellte, fiel sein Blick auf den kleinen Haufen mit Rezepten. Er seufzte, kniete sich hin und sammelte sie auf. Er wollte sie gerade wieder in den Ordner stecken, da weckte ein vergilbtes Blatt sein Interesse, weil es ganz offenkundig kein Kochrezept war.
    Noch bevor er den Bogen auseinandergefaltet hatte, wusste er, dass Petra hiermit die Kontrolle über ihr und Gerharts Leben verloren hatte. Er überflog den kurzen Text, an den er sich Wort für Wort erinnerte, obwohl es so viele Jahre her war, seit er ihn zuletzt gesehen hatte. Wegen dieses Stücks Papier hatten er und die anderen beiden nie wirklich Ruhe finden können.
    Kröner lächelte, faltete das Dokument wieder ordentlich zusammen, steckte es ein und fixierte eine Weile die Drehscheibe des Telefons, bevor er schließlich den Hörer zur Hand nahm. Es dauerte mindestens eine Minute, bis eine atemlose Frauenstimme am anderen Ende antwortete.
    »Schönen guten Abend, Frau Billinger, hier spricht Hans Schmidt.« Gekonnt klappte er das Messer mit einer Hand zusammen und ließ es in die Tasche sinken. »Könnten Sie mir wohl sagen, ob Petra Wagner heute aufgetaucht ist?«
    Frau Billinger war eine der dienstältesten Krankenschwestern in der Kuranstalt St. Ursula. Wenn sie nicht in ihrem Büro saß, war sie in der Regel auf dem Weg in die Küche, wo sie sich eine Tasse Pfefferminztee holte, mit der sie dann in den Gemeinschaftsraum im A-Flügel trottete. Dort stand der neueste Fernseher, und die Sitzpolster der Sessel waren mit Plastik bezogen, sodass sie nicht nach Urin stanken. Wenn sie sich in einem Sessel niedergelassen hatte und in eine der Fernsehserienvertieft war, konnte sie schon einmal vergessen, dass sie auch ein Zuhause außerhalb der Anstalt hatte.
    »Petra Wagner? Nein, wieso auch? Soweit ich weiß, haben Sie Erich Blumenfeld doch nach Hause zu Hermann Müller gebracht. Oder etwa nicht?«
    »Doch, aber davon weiß Petra Wagner nichts.«
    »Aha.« Kröner konnte ihr nachdenkliches, glänzendes Gesicht vor sich sehen. »Ja, aber dann ist das doch ein bisschen merkwürdig, oder? Es ist schon nach sechs. Da müsste sie längst hier gewesen sein. Und wieso fragen Sie? Stimmt etwas nicht?«
    »Doch, doch, alles in Ordnung, ich wollte ihr bloß einen Vorschlag machen.«
    »Einen Vorschlag? Was denn für einen Vorschlag, Herr Schmidt? Wenn Sie glauben, Sie könnten sie dazu bewegen, hier bei

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