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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sie, und ohne sich zu versichern,dass Petra ihr folgte, verließ sie den Raum. »Das war auch an der Zeit«, war vom Gang noch zu hören.
    Petra beugte sich über James und strich ihm behutsam über das Haar. Er flüsterte etwas, schwach und unverständlich. Petras Augen strahlten.
    Dann rief die Oberschwester nach ihr.
     
    »Na, mein Freund!« Lankau lächelte dem Kalendermann zu. »Jetzt wollen wir mal ein bisschen spielen. Komm hier rüber!«, rief er und zog das Laken um den Hals des Opfers strammer. Der Knoten lag wie geplant auf der Halsschlagader. Der Sturz würde schnell und effektiv vonstattengehen. Tod durch Genickbruch. Das war die Kunst beim Hängen.
    Die Simulanten wussten, was sie taten. James hyperventilierte in seinem Bett und musste mitansehen, wie der Kalendermann albern lachte und auf Lankaus Aufforderung hin Bryan auf die Schultern hob. Er hüpfte vor Vergnügen und haute ihm auf den nackten Hintern. Auch der Breitgesichtige lachte und stieß das Fenster hinter Bryans Bett weit auf. Die übrigen Simulanten sahen teilnahmslos zu.
    Während der Kalendermann noch immer albern kicherte, schlug Bryan die Augen auf. Verwirrt nahm er wahr, dass er auf der Schulter des Mannes hing und mit den Füßen die kalte Kante des Fensterrahmens berührte. Er hob den Kopf und begann wie von Sinnen zu schreien.
    »Verflucht, nun packt doch seine Arme!«, schrie Kröner. Er sprang aus dem Bett und schlug Bryan hart auf die Schulter. Offensichtlich verdutzt über die Wendung des Spiels blieb der Kalendermann plötzlich stehen und lockerte seinen Griff. Er drehte sich um und fing an zu schreien. Er schlug heftig mit dem Handrücken nach Lankau und Kröner, die neben ihm standen und atemlos mit Bryan kämpften. Bryan hingegen klammerte sich mit einem Bein verzweifelt an das Fensterkreuz, während das andere Bein schon aus dem Fenster hing.
    Der Postbote bewegte sich nicht von seinem Bett. Aber der Schmächtige sprang wutentbrannt auf und rammte mit voller Wucht seinen Schädel in Bryans Zwerchfell. Was nun geschah, hatte niemand vorhersehen können. Bryan flog brüllend so heftig vornüber, dass seine Stirn wie ein Hammer auf den Scheitel des Schmächtigen knallte. Ohne noch einen Mucks von sich zu geben, sackte der in sich zusammen.
    »Halt!«, rief der Postbote und befahl den Simulanten, sich schnellstens in ihre Betten zurückzuziehen. Niemand außer ihm hatte die eiligen Schritte draußen auf dem Gang gehört.
    Als sie Bryan stöhnend auf dem Fußboden liegen sahen, blieben die beiden Wärter abrupt stehen. Aus seinen Augen leuchtete der Wahnsinn.
    »Jetzt ist er völlig durchgedreht. Halt du ihn fest«, ermahnte der eine und schloss das Fenster. »Ich hole die Zwangsjacke.«
    Aber so weit kam es nicht, denn im selben Moment setzte das Heulen der Sirenen ein.

23
    MAN HATTE SIE in aller Eile evakuiert. Die Wärter schienen den Vorfall völlig vergessen zu haben. Als in den nächsten Tagen nichts weiter passierte, wuchs in Bryan die Überzeugung, dass sie ihn nicht mal gemeldet hatten. Bryan dankte Gott, dass sie nicht dazu gekommen waren, ihn in der Zwangsjacke zu fixieren, denn dann wäre er für die Simulanten ein noch leichteres Opfer gewesen.
    Weitere Bombardierungen nahe gelegener Städte hatten in der Umgebung des Lazaretts keine Schäden verursacht.
    Aber drüben am Appellplatz hatte man kleinere Baracken errichtet, wohl um die Abteilungen des Lazaretts zu entlasten. Damit hatte sich jeder Gedanke an eine Flucht in diese Richtung erübrigt   – das ganze Gelände war mit Elektrozäunen gesichert, allerorten waren Warntafeln angebracht. Abgesehen von den bedrückten Mienen des Krankenhauspersonals schien alles beim Alten zu sein.
    Nur für Bryan nicht. In den beiden nächsten Nächten fand er keinen Schlaf. Und trotz des jüngsten Albtraums und trotz der Komplikationen nach der letzten Elektroschockbehandlung fühlte er sich auf einmal wieder kräftig und zu allem entschlossen. Die Simulanten beobachteten ihn die ganze Zeit und drohten ihm mit ihren Blicken. Obwohl die Situation hoffnungslos erscheinen mochte, empfand Bryan weder Ohnmacht noch Angst.
    Der Rotäugige lächelte ihm aus dem Nachbarbett anteilnehmend und freundlich zu. Stundenlang lag er auf der Seite und betrachtete ihn neugierig. Wenn Bryan versuchte, sich an die Episode zu erinnern, war ihm, als hätte der Rotäugige eingegriffenund damit sein Leben gerettet. Denn das Echo des Rufs klang in seinem Hinterkopf noch nach.
    Damit wäre er ihm zum

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