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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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unterschiedlichen Gründen.
    Einerseits wünschte James sich nichts mehr, als dass Bryan bald zurückkam. So lange dauerte eine Schockbehandlung normalerweise nur, wenn der Patient Krämpfe bekommen hatte. Dann würde er ein paar Stunden länger wegbleiben. Andererseits konnte Bryan auch auf eine andere Station verlegt worden sein. Und selbst wenn das Trennung und Ungewissheit bedeutete, wäre es für Bryan letztlich sicher das Beste.
    Die Stunden vergingen, und die Simulanten waren sich einig, Arno von der Leyen umzubringen, sobald er zurückgebracht worden war. Ihr Geflüster zerrte an James’ Nerven,und auch er war Gegenstand ihrer Diskussionen. Aber vorläufig schienen sie davon überzeugt zu sein, dass sie ihn unter Kontrolle hatten. Den Rotäugigen und den Kalendermann ignorierten sie vollständig.
    Anders als sonst war Kröner zurückhaltend. Lankau schlug vor, sie sollten Bryan ein Laken um den Hals knüpfen und ihn aus dem Fenster werfen. Kröner grunzte nur und schüttelte den Kopf. Sie waren erst vor wenigen Stunden verlegt worden. Ein vorgetäuschter Selbstmord in diesem kleinen Raum war ein riskantes Unterfangen.
    »Wenn es zur Vernehmung kommt, sind wir nur sechs«, sagte er schließlich. »Seid ihr sicher, dass ihr ein Kreuzverhör durchstehen könnt?«
    Und dann erstarrte Kröner, denn die Antwort kam aus völlig unerwarteter Richtung.
    »Ich schon!« Die neue Stimme aus dem Dunkel klang energisch und eiskalt. Sie schien den Raum förmlich zu erhellen. »Ob ihr andern es könnt, ist wohl eher zweifelhaft.« Die Worte kamen von Peter Stich, Bryans Bettnachbarn, dem unansehnlichen Mann mit den scharfen Gesichtszügen und den roten Augen.
    »Es freut mich, die Herren nun begrüßen zu können, nachdem die Bekanntschaft so lange einseitig gewesen ist.« Die Geräusche von Lankaus und Kröners Bett verrieten, dass die beiden sich bereits aufgesetzt hatten. James sah Stich unverwandt an. »Bleiben Sie, wo Sie sind, Herr Sturmbannführer!« Bei seinem einstigen Titel angesprochen, blieb Dieter Schmidt vor James’ Bett stehen. »Sie haben das ausgezeichnet gemacht. Ich bin sehr zufrieden mit Ihrer Loyalität und Verschwiegenheit. Sie haben uns unserem Ziel ein großes Stück näher gebracht. Gehen Sie nur wieder auf Ihren Platz. Und Sie, meine Herren«, sagte er und genoss die Aufmerksamkeit, »da wir nun so weit gekommen sind, erlauben Sie mir, dass ich mich vorstelle. Wie Sie sich inzwischen ausgerechnet haben, bin iches, der so lange in den Gedanken der Herren als ›der Postbote‹ herumspukte.«
    Die Wirkung war unerwartet schwach. Horst Lankau brummte etwas, wurde aber auf der Stelle von Kröner unterbrochen. »Aha! Was Sie nicht sagen! Was ist das doch für eine exklusive Gesellschaft, zu der wir uns entwickeln!« Kröner nickte dem Rotäugigen ohne ein Zeichen von Erstaunen zu. »Der Chef persönlich hat seine Tarnung abgelegt. Interessante Verkleidung, muss ich sagen. Ausgesprochen überzeugend!«
    »Das soll sie auch bleiben.« Der Postbote griff Kröners Ironie auf. »Aber wie Sie sagen: eine exklusive Gesellschaft. Muss ich Sie daran erinnern, dass der Mann, den die Herren in eine andere Welt expedieren wollen, hier im Krankenzimmer den höchsten Rang inne hat? Ich teile natürlich Ihre Auffassung. Arno von der Leyen benimmt sich nicht wie ein Geisteskranker. Ich bin sogar wie Sie ziemlich überzeugt, dass er genauso frisch und gesund ist wie Sie, meine Herren, und ich. Ich habe ihn Dinge tun sehen, mit denen er sich nicht beschäftigen sollte. Zum Beispiel Tabletten verstecken! Aber bei diesem von der Leyen gibt es noch einen Haken, darüber müssen wir uns im Klaren sein. Ich bezweifle, dass die Herren Oberführer von der Leyens Meriten so gut kennen wie ich.«
    Lankau schnaubte. »Er ist ein mieser Hund! Und er war leicht zu fangen. Wie ein verwirrtes Schoßhündchen.«
    »Mag sein. Aber er ist auch ein Opportunist mit Geschichte, müssen Sie wissen. Natürlich ist er ein Arschkriecher, aber er ist auch eine treue Seele, ein echter Nationalsozialist. Ein Vertrauter des Führers. Einer von Berlins Heiligen. Aber mal ganz abgesehen von diesem äußeren Glanz finde ich, Sie können sehr froh sein, Herr Standartenführer Lankau, dass er sich so leicht von Ihnen einfangen ließ. Denn der Arno von der Leyen, den ich kenne, ist nicht nur ein Wunderknabe, sondern auch ein außerordentlich effektiver Mörder.« Der Rotäugige sahsich langsam um und nickte, wie um seine Worte zu bekräftigen. Lankau

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