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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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vergangen.
    Die Kampfhandlungen auf der anderen Rheinseite waren nicht länger zu überhören. Auf wessen Seite das Kriegsglück stand, konnte man nicht wissen. Falls das Vorrücken der Alliierten eine Bedrohung für die Gegend darstellte, mussten die Verwundeten im Lazarett damit rechnen, verlegt zu werden.
    Da er nun auch noch jederzeit auf Besuch gefasst sein sollte, wollte er seine Fluchtpläne dringend konkretisieren.
    Diesmal musste es gelingen.
    Wenn er nachts auf der Hut war und die Pläne mit sich selbst erörterte, dachte er immerzu an James.
    Eine ganze Reihe von Problemen musste bedacht und gelöst werden. Kleidung und Schuhe. Wie ungesehen an den vielen Wachen vorbeikommen? Wie aus dem Gebäude gelangen und wie sich ungesehen entfernen? Die Hundepatrouille. Der neue elektrische Zaun. Die Felswand im Dunklen. Wie sich unterwegs auf den Straßen bewegen, wenn überall höchste Alarmbereitschaft herrschte? Die Kälte, die nasse Erde, die Flussläufe. Das lange ebene Weinanbaugebiet bis zum Rhein, das mindestens zehn Kilometer breit war. Die Ungewissheit, ob womöglich auch so spät im Jahr noch Wein geerntet wurde. Dann würde man ihn leicht entdecken können.
    Und dann die Dörfer und was ihn dort an Überraschungen erwarten mochte.
    Das alles musste überwunden werden.
    Bryan war sich darüber im Klaren, dass er nicht mehr einfach südwärts gehen konnte. Die Truppenkonzentration an der Schweizer Grenze war mit Sicherheit hoch. Stattdessen musste er über den kürzeren Weg westwärts flüchten und dabei die Eisenbahnstrecke überqueren, die am Rand des Gebirges durch das Rheintal führte. Er musste unbedingt den Fluss erreichen.
    Danach zu urteilen, wie der Kriegslärm in den letzten Wochenzugenommen hatte, standen die amerikanischen Truppen unmittelbar am anderen Rheinufer. Wie konnte er es schaffen, bis dorthin zu gelangen?
    Der mächtige Strom, der Bryan auf seinen Flügen so oft als Landmarke gedient hatte, war derzeit bestimmt der am besten bewachte Fluss der Welt. Wer dort gefangen genommen wurde, brauchte nicht lange nachzudenken, was mit ihm passieren würde. So dicht an der Front würde jeder verdächtige Zivilist als Deserteur gefasst und sofort erschossen.
    Und wenn der Rhein endlich vor ihm lag, wie sollte er auf die andere Seite kommen? Wie breit war der Fluss eigentlich? Und wie tief? Wie stark war die Strömung?
    Auch die letzte Frage, die sich ihm aufdrängte, gefiel ihm nicht. Wenn er die andere Seite erreicht hatte, was war dann? Würden nicht die eigenen Soldaten sofort das Feuer auf ihn eröffnen? Würden sie nicht auf alles schießen, was sich bewegte?
    Die Zahl der Unwägbarkeiten war enorm. Dumme Menschen machen den Fehler, die Bedeutung der Unwägbarkeiten in ihrem Leben zu unterschätzen und sie nicht einzukalkulieren, das hatte Bryan als Kind von seinem Stiefvater gelernt. Aus dem Grund bevorzugten solche Menschen immer Träume, Phantasien und Illusionen, aus denen sowieso nichts werden konnte, statt ihr Leben in sicheren, wenn vielleicht auch banaleren Bahnen zu gestalten, hatte er gesagt. Auf die Weise wurden sie in ihrem Tun oft gelähmt. Die missachteten Unwägbarkeiten ließen sie häufig in Sackgassen enden und machten aus ihnen Verlierer.
    Bryan beschloss, diesmal den Unwägbarkeiten zum Trotz zu handeln. Denn sein Stiefvater hatte auch noch eine zweite wichtige Überzeugung an seine Kinder weitergegeben.
    Nämlich die, dass Probleme dazu da sind, gelöst zu werden.
    Bryan kannte die Umgebung nicht und sprach kein Deutsch. Das waren die unumstößlichen Voraussetzungen seiner Flucht.Da er nicht länger bleiben konnte, wo er war, musste er das tun, was er tun konnte, und zwar schnell.
    Entscheidend würde sein, den Rhein vor dem Morgengrauen zu erreichen.
    Die Frage war nur, ob James mitkommen konnte.
     
    Bryan hätte alles gegeben für einen Spaziergang rund um die Gebäude oder eine bessere Aussicht aus seinem Fenster.
    Der elektrische Zaun stellte das erste Hindernis dar. Auch wenn er versuchte, in Richtung Felsen zu kommen, würde er auf diesen Zaun stoßen. Und würde es ihm auf anderem Wege glücken, die Felsen zu überwinden, müsste er, um zur Straße nach Westen zu gelangen, einmal den gesamten Krankenhauskomplex umrunden.
    Der einfachste Weg wäre durch das Tor. Doch das wäre auch die einfachste Methode, sich umbringen zu lassen.
    Sich unter dem Zaun durchzugraben war ausgeschlossen. Er musste den Elektrozaun überwinden, ohne ihn zu berühren.
    Er erinnerte

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