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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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schlurfendes Geräusch auf dem dünnen Teppich verursachte. Jedes Mal, wenn das Wesen an einem Bett vorbeikam, leuchtete das elektrische Licht darüber flüchtig auf.
    Sabriel ließ die Hände sinken und richtete den Blick auf die Leibesmitte des Wesens. So spürte sie, woraus es bestand. Sie war ohne ihre Instrumente, Geräte und Werkzeuge gekommen; trotzdem zögerte sie nur einen Herzschlag lang, ehe sie sich über die Grenze in den Tod gleiten ließ, ohne den Blick vom Eindringling zu nehmen…
    Der Fluss rauschte kalt wie jedes Mal um ihre Beine. Das graue Licht erstreckte sich ohne Wärme bis zu einem gänzlich flachen Horizont. In der Ferne konnte Sabriel das Tosen des Ersten Tores hören. Und nun, da das Wesen nicht mehr in die Aura des Todes gehüllt war, die es in der Welt der Lebenden trug, vermochte Sabriel seine wahre Gestalt zu erkennen. Es war ein Bewohner des Alten Königreichs, von unbestimmt menschlichem Aussehen, doch mehr wie ein Affe als ein Mensch und offenbar auch nur um weniges gescheiter als ein Affe. Doch es war mehr an diesem Wesen. Sabriel verspürte Angst, als sie den schwarzen Faden sah, der aus dem Rücken des Wesens kam und im Fluss verschwand. Irgendwo jenseits des Ersten Tores lag dieser Strang, der einer Nabelschnur glich, in den Händen eines Adepten. Solange es diesen Faden gab, stand das Wesen völlig unter der Kontrolle seines Gebieters, der seine Sinne und seinen Geist nach Belieben einsetzen konnte.
    Irgendetwas zerrte an Sabriels leiblichem Körper. Widerstrebend sandte sie ihre Sinne zurück in die Welt der Lebenden. Ein Anflug von Übelkeit stieg in ihr auf, als eine warme Woge ihren vom Tod erkalteten Körper überspülte.
    »Was ist?«, erkundigte sich eine ruhige Stimme dicht an Sabriels Ohr. Es war eine alte Stimme, aus der die Kraft der Chartermagie sprach – die Stimme von Miss Greenwood, der Magistrix der Schule.
    »Es ist ein toter Diener – eine Geistform«, antwortete Sabriel, die ihre Aufmerksamkeit wieder dem Wesen zuwandte. Die Kreatur befand sich nun in der Mitte des Schlafsaals und schob immer noch stumpfsinnig ein Bein vor das andere. »Er hat keinen freien Willen. Irgendetwas hat ihn von außerhalb des Ersten Tores in die Welt der Lebenden gesandt.«
    »Warum ist er hier?«, fragte die Magistrix. Ihre Stimme klang ruhig, doch Sabriel spürte, dass sich Chartersymbole auf ihrer Zunge bildeten – Zeichen, die Blitz und Feuer beschwören würden, die vernichtenden Kräfte der Erde.
    »Er ist anscheinend nicht böse und hat auch nicht versucht Schaden anzurichten…«, erwiderte Sabriel bedächtig, während sie sich die Möglichkeiten durch den Kopf gehen ließ. Sie war es gewohnt, Miss Greenwood die nekromantischen Gesichtspunkte der Magie zu erklären. Die Magistrix hatte Sabriel zwar Chartermagie gelehrt, doch Nekromantie gehörte nicht zu ihren Unterrichtsfächern. Überdies hatte Sabriel von ihrem Vater – und von den Toten selbst – mehr über Nekromantie gelernt, als sie wissen wollte.
    »Unternehmen Sie bitte einen Augenblick nichts. Ich will versuchen, mit ihm zu sprechen.«
    Die Kälte überspülte sie wieder und drang in sie ein, als der Fluss versuchte, sie hinunterzuziehen und mitzureißen. Sabriel setzte ihre Willenskraft ein; die Kälte war jetzt bloß noch eine unbedrohliche Empfindung, die Strömung nichts weiter als ein angenehmes Streicheln an ihren Füßen.
    Das Wesen zuckte beim Klang von Sabriels Stimme zusammen und presste beide Hände auf die Ohren. Dabei ließ es den Sack fallen. Sabriel starrte erstaunt darauf. Er war ihr zuvor nicht aufgefallen, wahrscheinlich, weil sie ihn hier nicht erwartet hatte. Sehr wenige unbelebte Dinge existierten gleichzeitig im Reich der Lebenden und im Reich der Toten.
    Ihre Verwunderung wuchs, als das Wesen sich plötzlich ins Wasser bückte und nach dem Sack tastete. Es fand ihn rasch, verlor dabei jedoch den Halt. Während der Sack an die Oberfläche kam, zwang die Strömung das Wesen unter Wasser. Sabriel atmete erleichtert auf, als sie sah, wie es davongerissen wurde, zuckte jedoch erschrocken zusammen, als der Kopf der Kreatur plötzlich aus dem Wasser stieß und rief: »Sabriel! Mein Bote! Nimm den Sack!«
    Es war Abhorsens Stimme.
    Sabriel eilte voran. Eine Hand streckte sich ihr entgegen, deren Finger den Sack fest umklammerten. Sie langte vergeblich danach und versuchte es erneut. Als sie den Sack endlich zu fassen bekam, tauchte die Strömung das Wesen völlig unter. Sabriel blickte ihm

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