Das Ambulanzschiff
Erleichterung.“
Das, dachte Conway mehr als inbrünstig, ist auch mein vorherrschendes Gefühl im Augenblick. Laut aber sagte er: „Das war es, alle beisammen. Die Kontaminationsbedrohung ist vorüber.“
Sie alle starrten ihn an, und ihre Gefühle waren so intensiv und unterschiedlich, daß Prilicla sich an die Decke klammerte und zitterte, als hätte er einen epileptischen Anfall auf emotionaler Ebene. Colonel Skemptons Gesicht war von dem Bildschirm verschwunden, und daher starrten ihn einzig und allein die runzligen Züge O’Maras an.
„Conway“, sagte der Chefpsychologe barsch, „erklären Sie!“
Er begann seine Erklärung, indem er um ein Playback der Ton- und Bildaufzeichnungen kurz vor dem Erwachen des Patienten aus der Bewußtlosigkeit bat. Während sie betrachteten, wie Thornnastor, die kelgianische Krankenschwester und der Melfaner Edanelt einige Schritte zurückwichen, um den Patienten besser sehen zu können, fuhr Conway in seiner Erklärung fort. „Der Grund, warum niemand an Bord der Rhabwar Symptome zeigte, ist, daß der Patient – oder besser, die Patientin – nicht bei Bewußtsein war. Die einzelnen Ärzte mögen ja für Angehörige ihrer eigenen Spezies durchaus stattlich aussehen, doch ein Wesen, noch dazu ein noch nicht erwachsenes Wesen, das zum erstenmal mit ihnen konfrontiert wird, wird sie unter Umständen schon dem Aussehen nach als schrecklich bezeichnen können. Unter diesen Umständen ist die Angst- und Panikreaktion des Patienten verständlich, doch widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit nun der physischen Antwort auf das, was es einige Sekunden lang für eine Bedrohung hielt.“
Er sprach weiter, als die Szene sich auf dem Hauptbildschirm wiederholte. „Die Augen sind weit aufgerissen, und der Körper versteift sich. Es findet eine sichtliche Expansion des Brustkorbs statt. Eine an sich normale Reaktion, wie Sie mir sicher zustimmen werden. Ein kurzer Moment der Paralyse, gefolgt von einer Hyperventilierung, damit sich genug Luft in den Lungen befindet, entweder um nach Hilfe zu schreien oder die Muskeln zu einer raschen Flucht anzuspannen. Doch unsere Aufmerksamkeit war gänzlich auf die drei Ärzte und das, was mit ihnen geschah, gerichtet, daher fiel uns nicht auf, daß die Brust einige Minuten lang ausgedehnt blieb, das Wesen also den Atem anhielt.“
Auf dem Bildschirm stürzte Thornnastor gerade schwer zu Boden, gefolgt von der Kelgianerin, und Edanelts Knochenpanzer schmetterte ebenfalls hinab. Auch das Mitglied des Überführungsteams brach zusammen, und die anderen Wesen stürzten zu dem Druckzelt oder den Atemmasken. „Die Effekte dieses sogenannten Virus“, führte Conway weiter aus, „waren plötzlich und dramatisch. Partielles Zusammenbrechen des Kreislaufs und daraus resultierender Kollaps sowie deutliche Anzeichen eines Einflusses auf die Muskulatur. Doch kein Anstieg der Körpertemperatur, den man hätte erwarten müssen, wenn die Abwehrsysteme der betroffenen Wesen mit der Infektion kämpften. Wenn man eine Infektion ausschließen kann, dann war das Wesen doch nicht so bar jeder Verteidigungsmöglichkeiten, wie das den Anschein hatte …“
Um zur dominierenden Lebensform auf ihrem Heimatplaneten werden zu können, mußten die DBPK’s zwangsläufig einen Verteidigungsapparat haben, erklärte Conway. Oder präziser: Wesen, die auf Schutz angewiesen sind, haben in der Regel auch einen Schutzmechanismus. Wahrscheinlich waren die erwachsenen DBPK’s geistig agil genug, um Schwierigkeiten zu vermeiden und ihre Nachkommen zu beschützen, solange diese klein und leicht zu tragen waren. Doch wenn die Kinder zu groß wurden und ihre Eltern sie nicht mehr ausreichend beschützen konnten, sie aber auch noch nicht erfahren genug waren, sich selbst zu beschützen, entwickelten sie eine Verteidigung, die sehr effektiv ist und gegen alles, was lebt und atmet, wirkt.
Bei einer Bedrohung durch einen natürlichen Feind stoßen die jungen DBPK’s ein Gas aus – das in seiner Wirkung mit dem Schlangengift einer Erdschlange vergleichbar ist und so rasch wirkt wie einige der später entwickelten Nervengase –, woraufhin der Atem des Feindes aussetzt und er keine Bedrohung mehr darstellt. Doch es war eine zweischneidige Waffe, da sie alles, was atmete, angriff, auch die DBPK’s selbst. Daher hielt das Kind im Augenblick der Freisetzung des Gases den Atem an, was darauf hindeutet, daß es sich bei dem Gas um eine komplexe molekulare Verbindung handelt, die binnen weniger
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