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Das Amulett der Macht

Titel: Das Amulett der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Resnick
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einem von beiden stand, konnte sie nicht nur den Louvre und seinen Glaspyramideneingang sehen, sondern auch das Orsay, die Orangerie, die Place de la Concorde und, ganz rechts, den Arc de Triomphe. Nicht umsonst nannte man Paris die Stadt der Lichter; bei Nacht leuchteten die Museen und Regierungsgebäude so hell, dass sie auf einem der Balkone ein Buch hätte lesen können.
    Es war ein leeres Leben, bar aller Bedeutung und Aufregung. Wann immer sie jemanden sah, den sie kannte, wandte sie sich ab und ging in eine andere Richtung davon. Sie aß nie im Taillevant oder Maxim oder Arpege, jenen 200-Dollar-pro-Gericht-Restaurants, in die sie früher gegangen war. Stattdessen suchte sie örtliche Bistros wie die Bar de l’x oder Carr’s oder La Sablier auf.
    Wenn sie aß, dann tat sie es allein; wenn sie einkaufte, dann bummelte sie allein; selbst wenn sie die Oper besuchte, ging sie allein. Es würde keine Abenteuer mehr für sie geben, keine Weltreisen und auch keine verborgenen Schätze, die nie waren, was sie zu sein schienen – und es würden keine Freunde mehr sterben, nur weil sie das Pech hatten, sie zu kennen. Sie schmiedete keine Zukunftspläne. Sie lebte ihr Leben, einen unglücklichen Tag nach dem anderen. Paris war so gut wie jede andere Stadt, und wenn das nicht mehr der Fall sein sollte, würde sie eben weiterziehen.
    Eines Nachmittags fuhr sie mit dem winzigen Aufzug hinunter in die Lobby des Brighton, holte sich an der Rezeption ihre tägliche Ausgabe des Le Figaro ab, trat zur Tür hinaus, wandte sich nach rechts, ging etwa vierzig Yards die Rue de Rivoli entlang und ging ins Angelina’s. Das war ihr zum täglichen Ritual geworden.
    » Bionjour, mademoiselle « , wurde sie von der Bedienung begrüßt. »Ich bringe Sie zu Ihrem üblichen Tisch.«
    »Merci«, erwiderte Lara und folgte ihr.
    Sie nahm Platz, bestellte den Espresso, der den Tee auf ihrer Favoritenliste abgelöst hatte, schlug den Le Figaro auf und begann, die verschiedenen Artikel zu überfliegen.
    Dann stach ihr ein Name ins Auge, und sie hielt inne und las genauer. Einer der Gesellschaftskolumnisten erwähnte, dass von Croy in der Stadt war. Das war der erste Lichtpunkt in all den Monaten ihrer Verbitterung und Isolation. Vielleicht würde sie ihm einen Besuch abstatten. Wenn jemand den Schmerz und die Enttäuschung, die sie empfand, lindern konnte und sie überzeugen konnte, dass sie nicht schuld war am Schicksal ihrer Freunde, dann war es von Croy. Ja, sie würde ihn ganz bestimmt heute Abend aufsuchen.
    Sie wollte die Zeitung gerade beiseite legen, als etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregte. Eifrig begann sie zu lesen. Es war ein Interview mit Dr. Kevin Mason, dem berühmten Archäologen. Zum Ende hin fragte man ihn nach dem seltsamen Tscherkessen, der sich, jedenfalls für einige Zeit, als sein toter Sohn ausgegeben hatte. Der Mann war dreist ins Flughafen-Gebäude der Seychellen marschiert, hatte behauptet, die Reinkarnation des Mahdis zu sein, kundgetan, dass nichts ihn töten könne, ein Flugzeug verlangt, das ihn in den Sudan bringen solle, und sogar zwei der Sicherheitsleute verletzt, die versucht hatten, ihn zu überwältigen, bevor er erschossen worden war. Später wurde festgestellt, dass er an jenem Morgen auf der Insel Praslin über ein Dutzend Männer ermordet hatte. Dr. Mason brachte sein Erstaunen über diese Geschichte zum Ausdruck, wusste ansonsten aber auch nicht mehr darüber als der Reporter.
    Lara legte ein paar Euro auf den Tisch, faltete die Zeitung zusammen und stand auf. Plötzlich hatte sie das Bedürfnis, Freunde zu sehen, ins Theater zu gehen, sogar wieder in die Welt hinauszuziehen. Irgendwie hatte die verspätete Nachricht von el-Shakirs Tod ihren Selbstzweifeln, ihrer Glaubenskrise, ein Ende gesetzt. Ja, Freunde waren gestorben, und ja, es würden wahrscheinlich wieder Freunde sterben – aber war das nicht das, was Soldaten seit Urzeiten taten, um die Welt zu einem besseren und sichereren Ort zu machen?
    » Pardonez-moi, mademoiselle « , sagte ein Franzose am Tisch neben ihr. »Wären Sie wohl so freundlich, mir Ihre Zeitung hier zu lassen, wenn Sie damit fertig sind?«
    »Bitte sehr«, sagte sie und reichte sie ihm.
    »Steht etwas Interessantes drin?«, fragte der Mann.
    »Nein, nichts«, sagte Lara und trat mit neuem Elan hinaus in den schwülen Pariser Nachmittag.
    Ja, dachte sie mit dem Gefühl, als sei ihr ein furchtbares Gewicht von den Schultern genommen worden, es ist Zeit, sich der Welt

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