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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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Hof meines Schwiegersohns, des Taugenichts. Ich habe gleich gesagt, dass er nicht der Richtige für unsere Molly ist, aber die Frauen wollten nicht auf mich hören.« Wieder nickte er.
    »Gibt es dort ein Pferd, das ich mieten könnte?«, unterbrach Julian die Familienbetrachtungen seines Gegenübers.
    »Gut möglich, dass er Ihnen seinen Klepper überlässt.«
    Julians Blick wanderte unwillkürlich zu dem alten Gaul vor dem Karren.
    »Sagen Sie nichts über meine Mathilde! In ihrer Jugend hätte sie Ihre Mähre locker stehen lassen.« Die Augen des Greises funkelten Julian erbost an.
    »Wie alt ist Ihr Tier?«
    »Älter als Sie, junger Spund.«
    »Mathilde, hm?« Julian streichelte dem Pferd über die Blesse.
    »Jawohl, Mathilde, nach Kaiserin Mathilde! Geboren in dem Jahr, als die rechtmäßige Erbin des alten Henry auf dem Thron saß!« Der Mann hob seinen gichtkranken Finger. »Sagen Sie nicht, dass Sie den Dieb Stephen unterstützt haben. Ein Dieb ist er gewesen und ein Verräter! Hat dem alten Henry geschworen, seine Tochter anzuerkennen, und kaum hatte der König seine Augen geschlossen, setzte er sich selbst auf den Thron.«
    Offensichtlich hatte Julian es mit einem Veteranen des Bürgerkriegs zu tun, und wenn er nicht noch heute Abend hier stehen wollte, musste er jetzt unhöflich sein und den Greis unterbrechen.
    »Ach, wissen Sie, ich war während des Bürgerkrieges noch ein Kind und weiß nicht viel darüber.« Letzteres war gelogen, aber das spielte jetzt keine Rolle. »Können Sie mich mitnehmen zum Hof Ihres Schwiegersohns?«
    Von dem plötzlichen Themenwechsel etwas verwirrt, nickte der alte Mann.
    »Steigen Sie auf.«
    Julian band seinen Fuchs am Wagen fest und stieg auf den Kutschbock. Der Mann schnalzte mit der Zunge, und das Pferd setzte sich langsam in Bewegung. Julian betrachtete den knochigen Gaul, der im Schneckentempo die Straße entlangtrottete. Zu Fuß war er schneller gewesen, aber nach zwei Stunden Marsch war er froh, fahren zu können.
    »Wie alt ist Ihr Pferd?«
    »Einunddreißig.«
    »Mein Gott, es ist tatsächlich älter als ich!«
    »Habe ich doch gesagt.« Der Greis lächelte zufrieden. In der nächsten halben Stunde erfuhr Julian, dass seine neue Bekanntschaft Paul hieß, aber von seinen Freunden nur »Hammer« genannt wurde. Diesen Ehrentitel hatte er sich 1140 während der Belagerung von Exeter durch Stephen Blois verdient. Baldwin de Revers hatte die Stadt drei Monate für Kaiserin Mathilde gehalten, ehe der Mangel an Trinkwasser ihn zur Kapitulation gezwungen hatte. Julian schätzte Paul, den Hammer, auf etwa siebzig Jahre. Seine Haut sah aus wie Leder, und sein Gesicht war von Falten durchzogen. Er hatte nur noch wenige Zähne, aber er schien ein zäher Bursche zu sein, denn trotz seines Alters konnte Julian die Muskeln an seinen dünnen Armen sehen. Es war später Nachmittag, als sie schließlich den ärmlichen Bauernhof erreichten.
    »Da bist du ja, Vater, ich habe mir schon Sorgen gemacht.« Eine blonde Frau trat aus dem niedrigen Holzhaus und blieb verwundert stehen, als sie Julian erblickte.
    »Ho!« Paul zog unnötigerweise an den Zügeln, denn seine Mathilde war, nachdem sie endlich zu Hause angekommen war, einfach im Hof stehen geblieben. Julian sprang vom Kutschbock herab. Zwei kleine Jungen kamen aus dem Stall gelaufen, um ihrem Groß- oder auch Urgroßvater das Pferd abzunehmen. Beim Anblick von Julians Fuchs traten sie neugierig näher.
    »He, ihr Bengel, kümmert euch um Mathilde, aber ein bisschen plötzlich«, befahl Paul ihnen, während er umständlich von dem Holzkarren herabstieg. Julian ging auf die Frau zu und stellte sich vor.
    »Mein Name ist Julian. Ihr Vater war so freundlich, mich mitzunehmen. Er sagte mir, Sie hätten vielleicht ein Pferd, das ich mieten könnte? Mein Tier hat sich das Gelenk vertreten.«
    »Sie sind ja ganz nass.«
    Julian, der sich inzwischen an seine klammen Sachen gewöhnt hatte, winkte ab.
    »Ich habe meine Begleiterin in dem Gewitter verloren und möchte gerne nach ihr suchen. Und dafür brauche ich ein Pferd.«
    Paul trat zu ihnen.
    »Wo ist der Nichtsnutz von deinem Ehemann?«
    »Harold ist auf dem Feld, Vater.«
    »Hat er seinen Gaul dabei?«
    »Nein, das Pferd ist auf der Weide.«
    »Gib unserem Gast einen Schluck Bier, Molly, ich gehe das Pferd holen.«
    Julian wollte protestieren, dass er ebenso gut das Pferd holen könnte, aber ein warnender Blick der Frau hielt ihn zurück. Paul stapfte davon.
    »Ich bin Molly. Kommen

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