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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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dann eine schwere Eisenpfanne von einem der Haken nahm und den Speckstreifen in grobe Würfel schnitt.
    »Bist du mit Mister Bartholomeus verwandt?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Wie lange bist du denn schon mit ihm unterwegs?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Du weißt also nicht, wie lange du schon mit ihm durch die Lande reist?«, insistierte Viviana.
    Der Junge errötete und zuckte wieder mit den Schultern.
    »Vielleicht vier Sommer, oder fünf?«
    »Macht dir das Reisen Spaß?«
    »Nicht wirklich.«
    Viviana wunderte sich.
    »Ist er nicht gut zu dir?«
    »Doch.«
    Sie wusste nicht, ob er nur ungemein schüchtern war oder ob er sich schlichtweg nicht mit ihr unterhalten wollte. Also schwieg sie. Er hatte den Speck klein geschnitten und blickte auf.
    »Doch, er ist ein guter Herr, meistens.« Er blickte sich um, um sicherzustellen, dass Mister Bartholomeus noch immer schlief. »Aber ich würde lieber fest an einem Ort wohnen.«
    »Kannst du keine andere Arbeit finden?«
    »Ich soll irgendwann einmal den Wagen erben.«
    Das war ein sehr verlockendes Angebot, wenn man ein mittelloser Jüngling war. Die meisten Männer schufteten ein Leben lang hart, ohne es jemals zu einem solchen Besitz zu bringen.
    Sie stippten Brotstücke in das ausgelassene Fett und tranken Wasser zum Frühstück, als sich Mister Bartholomeus regte. Mit einem gepressten Stöhnen setzte er sich auf. Der Junge reichte ihm einen Becher mit Wasser.
    »Gab es kein Bier?«, brummte Bartholomeus. »Wer weiß, ob das Wasser hier genießbar ist.«
    »Es ist frisch und klar. Der Brunnen ist neu«, schaltete sich Viviana ein. Einen Moment starrte Mister Bartholomeus sie verständnislos an, dann fiel ihm wieder ein, wer sie war. Er nickte und trank den Becher in einem Zug leer.
    »Bursche« – er streckte fordernd die Hand aus –, »das Syrische Pulver.« Der Junge verschwand im Wagen.
    »Mein Schädel brummt. Da ist Syrisches Pulver genau das Richtige«, sagte er, an Viviana gewandt, und erhob sich mühsam.
    »Woraus ist das Pulver denn gemacht?«
    »Keine Ahnung, es ist ein Geheimrezept. Aber es wirkt Wunder, das kann ich Ihnen sagen.«
    Viviana bezweifelte, dass sie ihre Kopfschmerzen, sollte sie denn welche bekommen, einem dubiosen Pulver anvertrauen würde, von dem sie nicht einmal wusste, woraus es bestand. Aber Mister Bartholomeus rührte zuversichtlich zwei gehäufte Messerspitzen der unappetitlich grün aussehenden Substanz in einen weiteren Becher mit Wasser und trank auch diesen in einem Zug leer. Danach ging er hinter den Wagen, um sich zu erleichtern, und setzte sich schließlich zu ihr an das kleine Kochfeuer. Viviana reichte ihm das Brot, und er begann hungrig, große Brocken abzureißen und in die Pfanne zu tunken.
    »Vielen Dank, dass Sie mich so freundlich zurückgeleitet haben, Mistress Viviana«, sagte er mit vollem Mund und nickte ihr zu.
    »Das habe ich doch gerne getan.«
    »Das Essen ist ordentlich da, aber ich glaube, sie panschen das Bier, sonst hätte ich nicht so einen Schädel.«
    Sie war sich nicht sicher, wie trinkfest Mister Bartholomeus üblicherweise war, aber Viviana hegte den Verdacht, dass auch die Menge des Bieres mit den Kopfschmerzen in Zusammenhang gebracht werden konnte.
    »Ich würde mich gerne gleich auf die Suche nach meinem Mann machen.«
    »Selbstverständlich. Ich kann Sie leider nicht begleiten, ich muss mich um mein Geschäft kümmern. Wenn ich Sie wäre, würde ich zuerst im Kloster nachfragen, da kommen alle Pilger vorbei. Sie wissen ja, wo wir uns aufhalten, falls Sie ihn nicht finden sollten.«
    »Ja, vielen Dank. Ich werde auf jeden Fall Bescheid geben.«
    Damit stand sie auf, schüttelte die Krümel aus ihrem Kleid und machte sich auf den Weg. Es war gar nicht gewiss, dass Julian überhaupt nach Shaftesbury gekommen war, und wenn, dann war er ja nicht auf einer Wallfahrt. Viviana begann, systematisch in den Herbergen nachzufragen, aber die Antworten entmutigten sie zunehmend. Entweder wurde ihr gesagt, dass man sich nicht jeden Gast merken könnte, oder sie wurde wie ein kleines Mädchen einfach beiseitegeschoben, man habe keine Zeit. Wäre sie ein Mann, würde man nicht so respektlos mit ihr umgehen, dachte sich Viviana verärgert. Es war bereits Mittag, als sie endlich die steile Straße zur Abtei hinaufging. Mit jedem Schritt schickte sie ein kleines Gebet gen Himmel, dass sie entgegen aller Wahrscheinlichkeit Julian hier finden würde. Viviana erreichte das Pförtnerhäuschen. Sie

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