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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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Spaziergang fortzusetzen.
    Ein Mann war also gekommen und mit Schwester Kendra zusammen wieder abgereist. Seitdem war sie verschwunden. Warum hatte Mutter Beatrice behauptet, alle ihre Schäflein beisammen zu haben? Vielleicht war die Schwester offiziell zur Abtei nach Shaftesbury gewechselt, und deshalb »fehlte« sie nicht? Aber dann würden die anderen Nonnen das doch wissen, besonders in einem Haus, in dem so viel getratscht wurde. Schwester Kendra hatte gelauscht und irgendetwas erfahren, und darüber wollte sie sich in Shaftesbury beschweren. Bei wem? Viviana stieß einen Kieselstein vor sich her. Jemand war also gekommen und hatte Schwester Kendra befragt. Doch es war kein Freund, sondern ein Feind gewesen! Oder es war kein Feind, und er hatte mit dem Mord an Kendra nichts zu tun. Vielleicht war die Schwester auch einfach nur überfallen worden. Immerhin wäre ihr das heute Morgen im Haferfeld auch fast passiert. Nein! Es war nur zu wahrscheinlich, dass das Verschwinden der Nonne und die Geschichte des Geheimnisses miteinander zu tun hatten. Viviana wünschte, sie hätte sich den Leichnam genauer angesehen. Vielleicht hätte es noch einen weiteren Hinweis gegeben als nur den Knopf.
    Es war noch sehr früh am nächsten Tag, als Viviana sorgfältig die Decke über ihrem Strohlager zusammenfaltete. Sie trat in den Hof und sah nahe der Pforte drei Männer stehen, von denen der eine leise mit Mutter Beatrice sprach. Vier gesattelte Pferde warteten auf den Aufbruch. Mit einem Mal überkam Viviana Unbehagen. Sollte sie etwa allein mit den drei Unbekannten in die Wildnis reiten? Keine der Schwestern würde sie begleiten? So hatte Viviana sich die Bergung der Leiche nicht vorgestellt. An der ganzen Sache war etwas faul, und die Äbtissin hatte ihr bereits einmal ins Gesicht gelogen. Wer weiß, was sie jetzt im Schilde führte? Möglicherweise sollte es Viviana wie Schwester Kendra ergehen, und sie würde unter einem Strohhaufen im Moor enden?
    Die Äbtissin entdeckte Viviana und winkte sie zu sich herüber.
    »Mistress Viviana, dies sind die Männer, die Sie bitte zu der Toten führen sollen.«
    Viviana legte sich die Hand auf die Stirn und entgegnete in einem jammernden Tonfall:
    »Oh, es tut mir so leid, aber ich kann unmöglich mitkommen. Ich habe furchtbare Kopfschmerzen.«
    Die kleinen Perlenaugen von Mutter Beatrice blitzten misstrauisch auf, aber sie hatte ihre Stimme unter Kontrolle.
    »Wie schade. Ich hoffe, es geht Ihnen bald besser.« An die Männer gewandt, sagte sie: »Ihr könnt wieder an eure Arbeit gehen, wir verschieben diese Sache auf morgen.«
    Viviana hatte sich schnell in das Gästehaus zurückgezogen und beobachtete, wie zwei der Männer aus dem Hof hinausritten. Mit dem dritten Mann stand die Äbtissin im Schatten der Toreinfahrt und unterhielt sich vertraulich. Viviana atmete überrascht ein. Hatte sie da gerade richtig gesehen, und der Mann hatte Mutter Beatrice an den Hintern gefasst? Sie rieb sich ungläubig die Augen. Es war unfassbar, aber sie war sich sicher, dass sie die große, helle Hand des Mannes auf dem schwarzen Stoff gesehen hatte, und auch, wie sie zugedrückt hatte. Jetzt waren beide hinter dem Pförtnerhaus verschwunden. Ihr allererster Eindruck hatte Viviana nicht getäuscht, Amesbury war ohne Zweifel ein sehr disziplinloses Kloster. Selbst die Laudes, die zu Tagesanbruch, wenn die ersten verschlafenen Vögel zwitscherten, zelebriert wurde, wurde hier erst zusammen mit der Prim am frühen Morgen gesungen, wenn die Sonne schon aufgegangen war. Zugegeben, im Sommer brach die Dämmerung so früh herein, dass es fast noch mitten in der Nacht schien, aber trotzdem fand Viviana diese Gepflogenheit eine unerhört großzügige Auslegung der Benediktinischen Regeln.
    Viviana ließ sich mit einem Seufzer zurück auf ihr Lager fallen. Was sollte sie jetzt tun? Unter keinen Umständen würde sie mit den drei Unbekannten die Sicherheit des Klosters verlassen. Sie wusste zwar nicht, wie sicher sie hier war, aber es war auf jeden Fall besser als in der Wildnis. Warum hatte sie auch darauf bestehen müssen, bei der vermeintlichen Leichenbergung mit dabei zu sein? Hatte sie nicht schon genug Probleme, ohne dass sie sich auch noch in anderer Leute Geheimnisse einmischte? Es nützte nichts, sich jetzt darüber zu ärgern, vielmehr musste sie überlegen, wie sie aus dieser Misere wieder herauskommen konnte.
    Es war bereits Vormittag, als Viviana auf dem schmalen Absatz am Brunnen saß, auf dem

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