Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
wollte sich nicht öffnen. Ich trat hinter die Truhe, um so mein gesamtes Körpergewicht einsetzen zu können. Wäre Keira hier gewesen, hätte sie bereits gewusst, was als Nächstes passieren würde. Mit einem Ruck zog ich den Deckel nach oben. Die plötzliche Aufgabe des Widerstands und der verdammte Teppich – der natürlich unter mir wegrutschte – führte dazu das ich rückwärts stolperte und mit meinem Kopf auf die Bettkante knallte. Ein explodierender Schmerz entbrannte an meinem Hinterkopf. Mit einer viel zu routinemäßigen Bewegung griff ich mir an den Hinterkopf und suchte nach der Beule und eventuellem Blut. Ich hatte Glück, da war keins. Aber das machte das Pochen nicht weniger schmerzhaft. Erneut fluchte ich. Blöde Truhe! Ich hoffte, dass der Inhalt den ganzen Ärger wert war. Er war es nicht. Sie war leer. Wütend stand ich auf und trat mit voller Wucht dagegen. Wieder eine schlechte Idee. Aber der Tritt führte dazu, das ein Stück Holz aus dem Deckel brach und ein darunter liegendes Papier freigab. Während ich innerlich noch fluchte und mir den nun auch noch schmerzenden Fuß rieb, versuchte ich die krakelige Schrift zu entziffern.
Von mir gibt es zwei. Eine ist leer, die andere sehr schwer. Um meinen Zwilling zu finden, musst du steigen hinab, wo die Unendlichkeit ihr Zuhause hat. Ein Licht ist von Nöten, um zu durchdringen die schwarze Nacht.
Ungläubig starrte ich auf das zerknitterte und gelbliche Papier. Es war ganz offensichtlich die Handschrift meines Großvaters. Und wie es aussah, war es nichts weiter als das wirre Gebrabbel eines alten Mannes. Verärgert zerknüllte ich das Papier in meiner Hand und warf es in eine Ecke des Zimmers. Was zur Hölle sollte das bedeuten? Der Tag, der so normal angefangen hat, war zu einem reinen Rätsel geworden. Säuerlich machte ich mich fürs Bett fertig und rieb mir Wundsalbe auf die vom Tag gezeichneten Stellen. Ich fand kaum eine Position, in der ich bequem liegen konnte. Als ich schließlich einschlief, verkündeten mir die leuchtenden Ziffern des Radioweckers, dass es bereits vier Uhr morgens war.
Blessuren und blaue Flecke
Mir blinkte eine verächtliche Fünf entgegen, als ich aus meinem sehr kurzen Schlaf aufschreckte. Immer und immer wieder hatte die fast schon vergessene Stimme meines Großvaters sein blödes Rätsel zitiert. Unaufhaltsam. Mit jeder Wiederholung schimmerten verschwommene Bilder in meinem Traum auf. Bis sich zu jedem Satz eines zugeordnet hatte. Ich schrak hoch, da ich plötzlich wusste, wohin ich gehen musste, um die zweite Truhe zu finden. Dafür waren die verwirrenden Träume gut gewesen. Eigentlich war es mir zu dumm der Schnitzeljagd meines Großvaters zu folgen, aber welche Wahl hatte ich denn schon. Irgendeinen wichtigen Grund musste seine Mühe ja haben.
Ich drehte mich wieder auf die Seite und versuchte wenigstens noch zwei Stunden zu schlafen. In die Nacht hinaus zu gehen, wäre keine gute Idee. Jetzt da die Seelenjäger und Sammler in Amalen waren, wäre es eine überhebliche Herausforderung an das Schicksal. Ich konnte nicht wieder einschlafen. Natürlich nicht. Stattdessen pochte die Beule an meinem Hinterkopf und ich hatte äußerst fiese Kopfschmerzen. Widerwillig schwang ich mich aus dem Bett und blieb taumelnd stehen. Kopfschmerzen und schwunghafte Bewegungen waren definitiv keine gute Kombination.
Mit nackten Füßen tappte ich über den kalten Fußboden und steuerte auf das Badezimmer zu. Irgendwo hatte ich einen Vorrat an Kopfschmerztabletten angelegt für genau diese Anlässe. Leider war ich nicht der ordentlichste Mensch und brauchte ganze fünf Minuten, bis ich die richtige Schachtel im Chaos des Spiegelschrankes fand. Jetzt fehlte nur noch ein Glas Wasser, um die Dinger auch runter zu spülen. Ich hasste es barfuß über den, von der Nacht, kalten Boden zu laufen, aber ich hatte keine Ahnung, wo meine Hausschuhe waren. In der Dunkelheit musste ich natürlich in der Küche gegen den Tisch laufen. Ich verfluchte den Architekten für seine bescheuerte Idee, den Lichtschalter an der anderen Seite des Raumes anzubringen. Die Wasserflasche auf der Theke war selbstverständlich leer, also begnügte ich mich mit einem Glas Leitungswasser. Was sogleich einen leichten Würgereflex auslöste. Ich hasste stilles Wasser. Gelangweilt und darauf wartend, dass die Tabletten endlich anschlugen, mümmelte ich mich in meinem Lieblingssessel und schaltete den Fernseher ein. Es lief nichts, was ich wirklich sehen
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